Donald Trump und Rudy Giuliani: Die Eiszeit ist vorbei

Donald Trump holt Rudy Giulani wohl zurück in den Kreis seiner Günstlinge. Sein einstiger Mann für schmutzige Angelegenheiten dankt es mit einer Twitter-Eloge.
Westchester County – Um Rudy Giuliani wird es einfach nicht leise. Der ehemalige Bürgermeister von New York, Bundesstaatsanwalt, Präsidentschaftsbewerber und Chef der juristischen Einsatztruppe, die Wahlverlierer Donald Trump seinen Platz am Schreibtisch im Oval Office entgegen dem Willen der US-amerikanischen Bevölkerung bewahren sollte, macht regelmäßig Schlagzeilen.
Seltsame Pressekonferenzen vor Fachgeschäften für Gärtnereibedarf, sich selbstständig machendes Haarfärbemittel, wilde Verschwörungstheorien über Wahlmaschinen oder das Fälschen von angeblich kompromittierenden Beweisen gegen Joe Biden – Giuliani scheint sich für nichts zu schade. Und so stand der ehemalige Starjurist, der derzeit ohne Anwaltslizenz auskommen muss, nun neben seinem ehemaligen Klienten Donald Trump, der längst wieder seine Wahlkampfmaschinerie angeworfen hat, und himmelte ihn anschließend auf Twitter an.
Doch der Reihe nach. Rudy Giuliani, so viel steht wohl fest, hat persönlich bisher nicht wirklich davon profitiert, sich samt und sonders einem Mann verschrieben zu haben, der ihn offensichtlich nur als Mittel zum Zweck sieht. Kaum stand fest, dass sich Donald Trump nicht würde im Weißen Haus halten können, ließ er Rudy Giuliani fallen. Am Ende weigerte sich die Leitfigur der Republikaner sogar, seinen einstigen Anwalt für dessen Dienste zu entlohnen, obwohl dieser de facto seine eigene Karriere und Reputation für seinen Mandanten erst aufs Spiel gesetzt und letztlich vor die Wand gefahren hatte.
Rudy Giuliani tritt mit Donald Trump auf, obwohl der ihn nicht für seine Dienste bezahlen will
Gegen Giuliani wird inzwischen ermittelt, es geht im Großen und Ganzen um zwielichtige Auslandskontakte und Machenschaften in der Ukraine, mittels derer der New Yorker seinem Dienstherren Vorteile im Kampf um den Amtssitz im Herzen der US-Hauptstadt Washington D.C. für eine zweite Amtszeit sichern wollte (oder sollte). Im Zuge der Ermittlungen musste Giuliani Durchsuchungen seiner Wohn- und Geschäftsräume hinnehmen und am Ende gar den Verlust seiner juristischen Arbeitserlaubnis. Zuletzt suchte Giuliani seinen Halt im Jenseits, als er in einem Interview bekräftigte, dass er sich nicht weigern würde, ins Gefängnis zu gehen. Schließlich würden jene, die ihn dorthin zu bringen trachteten, im Himmelreich ihre Strafe erhalten.
Auffällig zurückhaltend angesichts des beispiellosen Abstieges des einst über Parteigrenzen hinweg hochgeachteten Juristen und Politikers Giuliani verhielt sich jemand, der ansonsten so gar nicht für vornehmes Schweigen steht. Donald Trump, darin ist sich die US-amerikanische politische Szene weitgehend einig, hat den Stab über Giuliani gebrochen, seinen ehemaligen Frontkämpfer fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Zu wenig gewinnversprechend, zu stark die Gefahr einer Kontamination durch den in schlingerndes Fahrwasser geratenen Sohn italienischer Einwanderer. Und daraus, dass Donald Trump sein Umfeld in nur zwei Kategorien – nützlich oder Verlierer – einteilt, macht er ja bekanntlich keinen Hehl.
All das jedoch erzeugt in Rudy Giuliani offensichtlich keinen Trotz. Allem Anschein nach unverletzt ob des politisch-gesellschaftlichen Liebesentzugs seines ehemaligen Arbeitgebers tritt der Gefallene sogar weiter an der Seite des Idols der republikanischen Parteibasis auf. Es begab sich in Westchester County, einem Landkreis im Südosten des gemeinsamen Heimatstaates beider Männer, New York. Trump trat dort vor einer für seine Verhältnisse kleinen Gruppe von Fans auf und zog zunächst einmal über den örtlichen Gouverneur Andrew Cuomo her, dem angesichts von Belästigungsvorwürfen selbst führende Demokraten den Rücktritt nahelegen – ein geschenkter Homerun für einen Meister der Herabwürdigung.
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Ehemaliger Präsident Donald Trump in New York: „Wir lieben Rudy Giuliani“
Doch alleine um Revanche an einem, der ihm wie sonst kaum jemand medial die Stirn bot, ging es Trump dabei wohl nicht. Vielmehr läuft sich der „Starke Mann“ der Republikaner bereits für den Fall warm, dass Cuomo tatsächlich zurücktreten sollte, oder im Zuge eines Amtsenthebungsverfahrens die Segel in Albany, der Hauptstadt des Staates New York, streichen müsste. Denn Trump hat, wie in eigentlich allen Fällen, wo es potenziell etwas zu holen gibt für aufstrebende Mitglieder der republikanischen Partei, bereits eine Nachfolgeregelung in seinem Sinne vor Augen. Lee Zeldin heißt der Mann, der seine Partei aktuell noch als einfacher Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus vertritt und auf das Amt schielt, das Cuomo bisher nicht aufzugeben bereit ist.
Und als bekennender Trump-Fan hat Zeldin die besten Chancen, für seine Partei nominiert zu werden, wenn die Vergabe der höchsten politische Würde im Bundesstaat ansteht. Und so lobte Trump Zeldin genauso überschwänglich, wie er Cuomo verächtliche abkanzelte. Nachdem er damit fertig war, erinnerte er sich dann tatsächlich an den New Yorker, der sich nie zu schade war, die Drecksarbeit für ihn zu machen.
Name | Rudolph William Louis „Rudy“ Giuliani III |
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Beruf | Jurist |
Höchste politische Position | Bürgermeister von New York City (1994-2001) |
Partei | Republikaner |
Alter | 77 Jahre (28. Mai 1944) |
Geburtsort | East Flatbush, New York City, New York, USA |
„Wir lieben Giuliani“, sagte Trump, nachdem er seinem zeitweiligen Weggefährten für einen Moment einen Platz an seiner Seite zubilligte und ihn auf die Bühne kommen ließ. Außerdem sei Giulianis Sohn, der sich selbst Hoffnungen auf hohe politische Positionen in New York macht, „einer der besten politischen Golfer“. Ein in Trumps Welt durchaus beachtliches Lob, auch wenn es an die Adresse des ehemaligen Profigolfers Andrew und nicht an dessen Vater Rudy gerichtet war.
Rudy Giuliani über Donald Trump: „So viel erreicht in nur vier Jahren“
Und doch traf Donald Trump damit offensichtlich den richtigen Ton. Rudy Giuliani nämlich dankte es Trump im direkten Anschluss erst mit einer kurzen Rede, in der er erneut all die unbewiesenen Behauptungen über eine angeblich manipulierte Wahl wiederholte. Sondern kurz darauf auch mit einem Tweet, das einer begeisterten Eloge nahekommt. „Er spricht zu den New Yorker Republikanern, und es ist so ein Unterschied“, schrieb Giuliani, ohne zu erwähnen, zu wem dieser Unterschied denn bestünde, „er kann ohne Teleprompter, Notizen und Berater reden. Und er hat so viel erreicht in nur vier Jahren.“
Was genau Trump erreicht haben soll, führte sein ehemaliger Anwalt indes nicht im Detail aus. Den politischen Wert, der Trumps „Liebeserklärung“ für Giuliani innewohnte, beschrieb ein Twitter-Nutzer derweil mit den Worten: „Wir lieben Giualiani so sehr, dass wir ihn nicht bezahlen.“ (Mirko Schmid)