FR80-Panel: Warum ist Linkssein wieder sexy?
Bodo Ramelow ist Silberlocke bei der Linkspartei. Und erlebt in seiner Fraktion plötzlich viele junge Leute wie Stella Merendino. Auf dem FR-Podium verrieten beide, wie das klappt.
Rund 128 000 Mitglieder hat Die Linke heute. Sagt Bodo Ramelow, Bundestagsvizepräsident, der für ein Gespräch mit der Abgeordnetenkollegin Stella Merendino und FR-Politikchefin Christine Dankbar nach Frankfurt gekommen ist. Ende 2024 hatte die Partei noch 59 000 Mitglieder. Dann brachte die CDU im Januar im Bundestag Verschärfungen im Migrationsbereich ein, die mit Stimmen der AfD eine Mehrheit bekamen.
Und damit kam der Moment von Heidi Reichinnek. In gut zwei Minuten brachte die damals 36-jährige Abgeordnete im Bundestag pointiert und aufgebracht ihre Empörung über die Abstimmung zum Ausdruck. Ihren Schlusssatz, „Auf die Barrikaden!“, quittierte Friedrich Merz mit einem abschätzigen Lachen. Auf der Internet-Plattform Tiktok sahen Millionen Reichinneks Rede und Merz‘ Mimik. Bei der Bundestagswahl im Februar wurden daraus 8,8 Prozent Stimmen für die Linke. „Mit Heidis Tiktok haben wir den Wahlkampf gewonnen“, sagt Ramelow in dem vollen Saal.
Und, mit Blick darauf, dass die Linke bei den unter-25-Jährigen im Februar vor der AfD lag: „Da haben wir mit dieser neuen Technik endlich dieser blauen Flut etwas entgegengesetzt!“. Mit seinen 69 Jahren gehört Ramelow in seiner Fraktion zu den alten Hasen, 46 der 65 Linken-Abgeordneten sind zum ersten Mal dabei, mit im Schnitt 42,2 Jahren ist die Fraktion die jüngste im Bundestag. Die Verjüngung im Parlament und an der Basis läuft nicht ohne Reibung. Wie gehe die Linke damit um, fragt Dankbar?

„Ich bin froh darüber“, sagt Ramelow, aber: „Diese Mischung ist im Moment für uns auch eine Herausforderung“. Auf dem Podium gibt es dazu keine Diskussion, eher einen Austausch. Auch Stella Merendino ist neu im Parlament. Die 31-jährige Berlinerin trat kurz nach Sahra Wagenknechts Weggang in die Linke ein. Ihr Start im Parlament sei ein „absoluter Kulturschock“ gewesen, erzählt die Krankenpflegerin.
Sie berichtet von den „180 Lobby-E-Mails, die mich schon erwartet haben, als ich meinen Account im Bundestag aktiviert habe“. Und von ihrem ersten parlamentarischen Abend, einer von Interessenverbänden ausgerichteten Veranstaltung für Abgeordnete. Ein Ort „voller reicher alter Männer, die jungen Frauen wie mir die Welt erklären wollen“. Sie gehe dort nicht mehr hin. Damit möchte sie auch signalisieren, dass sie „nicht käuflich“ sei. Mit NGOs treffe sie sich aber gern.
Merendino macht weiter ab und zu Nachtschichten in der Klinik. Und sie arbeitet mit anderen aus der Fraktion an einem Konzept, wie man es weniger privilegierten, arbeitenden Menschen erleichtern kann, sich in der Partei zu engagieren. Dafür gibt es ordentlich Applaus.
80 Jahre Frankfurter Rundschau
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Im August 1945 war mehr los, als in die Zeitung passte. Ein Blick in die Erstausgabe der Frankfurter Rundschau von Richard Meng.
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