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80 Jahre Frankfurter Rundschau – eine Chronik

Wie die Zeit vergeht: Ein Blick auf 80 Jahre Frankfurter Rundschau.
Wie die Zeit vergeht: Ein Blick auf 80 Jahre Frankfurter Rundschau. © Rolf Oeser

Die FR erscheint zum ersten Mal am 1. August 1945 – als erste Zeitung im amerikanischen Sektor. 80 aufregende Jahren sollten folgen. Die wichtigsten Stationen.

Juli 1945: Die Alliierten planen freie Zeitungen mit demokratisch gesinnten Redakteuren. Ein US-Offizier benennt sieben Lizenznehmer für eine Frankfurter Tageszeitung – Sozialdemokraten, Kommunisten, einen linken Katholiken.

1. August 1945: Die Frankfurter Rundschau erscheint zum ersten Mal. Sie kommt bald auf eine Auflage von 500 000 Exemplaren., mittwochs mit vier und samstags mit sechs Seiten. Die FR ist die erste Zeitung im amerikanischen Sektor und zweite in der Westzone.

15. April 1946: Die Amerikaner berufen den Sozialdemokraten und Gewerkschafter Karl Gerold zum Lizenznehmer. Er hatte Exil in der Schweiz gefunden. Nachdem Kommunist Emil Carlebach das Blatt verlassen musste, teilen sich Gerold und Arno Rudert, Lizenznehmer der ersten Stunde, Besitz und Leitung der FR. Zeitgleich gründen die Amerikaner die Frankfurter Neue Presse (FNP) als konservatives Gegengewicht. Beide Blätter müssen sich das immer noch knappe Zeitungspapier teilen. Das halbiert auf einen Schlag die Auflage der FR.

2. August 1947: Die Deutschland-Ausgabe startet. Grün wird zum Markenzeichen. Die vorgesehene Farbe Blau lässt sich nicht auftreiben.

21. Juli 1948: Die FR erscheint nun täglich. Erstmals schmückt ein Kopf mit handgeschnittenen Buchstaben die Titelseite. Es gibt also nur jene 14 Groß- und Kleinbuchstaben, die in den Worten „Frankfurter Rundschau“ vorkommen.

14. August 1949: Bei den ersten Bundestagswahlen stellt die Frankfurter Rundschau an zwei zentralen Stellen in Frankfurt Lautsprecher auf und unterrichtet die Bevölkerung laufend über die Ergebnisse. Dazwischen werden Sportnachrichten vorgelesen.

19. Dezember 1949: Die „Alten- und Weihnachtshilfe“ der FR wird ins Leben gerufen. Die Spenden, gesammelt unter dem Motto „Not gemeinsam lindern“, gehen an alte, arme, hilfsbedürftige Menschen im Rhein-Main-Gebiet. Wenig später gründet die Sportredaktion ihre Schlappekicker-Aktion, die ähnlichen karitativen Zielen verpflichtet ist.

1950: Chefredakteur Karl Gerold tritt aus der SPD aus. Die Partei versuche, „über meine Person parteipolitischen Einfluss auf die unabhängige, demokratische Gestaltung dieser Zeitung zu nehmen“.

 Verlagsangebot
Verlagsangebot ©  FR

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September 1951: FR-Redakteur Michael Mansfeld deckt auf: Viele Diplomaten des Auswärtigen Amts hatten schon fürs Außenamt der NSDAP-Diktatur gearbeitet. Der Bundestag richtet einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein.

1952: Die erste „Frankfurter Faschings-Rundschau“ wird bundesweit verkauft – eine Mischung aus politischer Satire und Blödeleien, bebildert mit Foto-Collagen, gezeichnetem Humor und vielen Pin-Ups. Die letzte Ausgabe erscheint 1968.

28. September 1953: Die Frankfurter Rundschau bezieht ihr Verlagsgebäude an der Großen Eschenheimer Straße 16-18. Architekt Wilhelm Berentzen hat das Haus mit der berühmten „runden Ecke“ entworfen.

1954: Herausgeber Arno Rudert stirbt. Seine Witwe behält ein Viertel der Anteile am Druck- und Verlagshaus, wie das Unternehmen seit 1948 heißt. Gerold bleibt Herausgeber und ist bis zu seinem Tod auch Verleger und Chefredakteur.

Januar 1959: Redakteur Thomas Gnielka gelangt in den Besitz von Täter-Listen aus dem Konzentrationslager Auschwitz. Er schickt die Dokumente an den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Am 20. Dezember 1963 beginnt der Auschwitz-Prozess gegen 22 Angeklagte.

15. Juni 1961: Walter Ulbricht, Staatsratsvorsitzender der DDR, antwortet auf eine Frage von FR-Korrespondentin Annamarie Doherr mit dem Satz: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Zwei Monate später, am 13. August 1961, ist es soweit.

8. Januar 1962: Die „FR am Abend“ geht auf den Markt – freitags mittags mit den Stellen-, Immobilien- und Autoanzeigen vom Wochenende. Vor dem Rundschau-Haus bilden sich lange Schlangen, vor allem mit Wohnungssuchenden.

1962: Karl-Hermann Flach gibt sein Amt als Bundesgeschäftsführer der FDP auf und wechselt zur FR. Er leitet zunächst die Innenpolitik und wird schließlich Stellvertretender Chefredakteur.

1963: Die Tiefdruck-Abteilung des Druck- und Verlagshauses zieht nach Neu-Isenburg. Dorthin, an die Peripherie Frankfurts, wird nach und nach die gesamte Druckerei des Unternehmens verlagert.

August 1966: Martina Kischke, Redakteurin der FR, wird KGB-Opfer. Mit der Absicht, einen russischen Ingenieur zu ehelichen, reist sie nach Kasachstan. Der schiebt ihr Mikrofilme unter. Kischke wird verhaftet. Erst an Weihnachten wird sie gegen einen Ostspion ausgetauscht.

29. Mai 1968: Betriebsrat und Belegschaft erklären sich mit allem solidarisch, was die Verabschiedung der Notstandsgesetze verhindert. Beschäftigte beteiligen sich mit FR-Transparenten an Demonstrationen.

2. November 1968: Die Zeitung kommt auf mehr als 100 Seiten dank des gewachsenen Anzeigenteils am Samstag

1965 bis 1974: Im Zuge der Studentenbewegung wächst die Auflage der Frankfurter Rundschau stark - auch dank günstiger Abonnements für Studierende. Die Zahl der verkauften Exemplare klettert von 100 000 auf 167 000.

1. August 1969: Die Grundhaltung der FR ist nun in einem Papier niedergelegt, das seitdem Teil der Arbeitsverträge der Redaktion ist.

15. Juli 1971: Premiere des grünen Balkens im Kopf der Zeitung auf Seite 1.

1971: Karl-Hermann Flach wechselt nach der sozial-liberalen Wende wieder in die FDP als Generalsekretär unter dem Vorsitzenden Walter Scheel.

1973: Werner Holzer wird nach dem Tod Gerolds Chefredakteur.

1975: Die Karl-Gerold-Stiftung wird gegründet. Ihr gehören 75 Prozent des Druck- und Verlagshauses.

April 1978: Die Druckerei in Neu-Isenburg stellt vom alten Hoch- auf Offset-Druck um. Auch Zeitungen des Springer-Verlags entstehen dort.

1. Juli 1979: Die Rote Armee Fraktion gibt einen Brief bei der FR ab. Sie bekennt sich zum Anschlag auf US-General Alexander Haig in Belgien.

Juni 1980: In einem anonymen Schreiben an die FR erklärt die Bewegung 2. Juni ihre Vereinigung mit der RAF.

1984: Die Gerold-Stiftung erwirbt die Rudert-Anteile am Verlag. Er gehört damit der Stiftung komplett.

1984: Während des Arbeitskampfs für die 35-Stunden-Woche in der Druckindustrie gehört die FR zu den am längsten bestreikten Zeitungen. Gut ein Dutzend Ausgaben fallen aus.

März 1985: Der Fotosatz löst den Bleisatz ab. Linien fallen weg, die zwischen den Spalten verlaufen. Die Empörung vieler Redaktionsmitglieder ist groß. Im Raum der ehemaligen Bleisetzer hängt ein Plakat „Tod dem Fotosatz“.

1985: Die Altenhilfe sammelt erstmals Spenden in einer Gesamthöhe von mehr als einer Million Mark.

30. September 1996:. Erste Online-Ausgabe der FR.

1999: Zum 250. Geburtstag von Johann Wolfgang Goethe erscheint eine 38-seitige Ausgabe, die sich nur mit dem Dichterfürsten beschäftigt.

August 2000: Die boulevardartige Straßenzeitung „City“ soll Gratisblätter abschrecken. Das Projekt endet im Juli 2001.

April 2003: „FRplus“ bringt täglich ein mehrseitiges Supplement: abwechselnd zu Sport, Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik.

2003: Das Land Hessen gewährt dem Verlag eine Bürgschaft. Sie bleibt ungenutzt.

Mai 2004: Die DDVG, Medienholding der SPD, kauft 90 Prozent des Verlags. Der Rest bleibt bei der Gerold-Stiftung.

16. Juli 2005: Nach dem Verkauf des Rundschau-Hauses in der Stadtmitte zieht die FR in das Bürogebäude Colosseo in Frankfurt-Sachsenhausen.

Juli 2006: Der Kölner Verlag M. DuMont Schauberg erwirbt 50 Prozent und eine Stimme am Verlag, 40 Prozent bleiben bei der DDVG, zehn Prozent bei der Gerold-Stiftung.

26. Mai 2007: Die FR stellt auf das Tabloid-Format um. Sie will damit ein urbanes Publikum ansprechen, wirbt mit handlicher Lektüre in der Bahn. Das Projekt kostet viele Abonnements.

15. Februar 2009: Verlag und Redaktion ziehen nach Sachsenhausen in einen modernen Newsroom, entstanden in einem früheren Straßenbahndepot. Die Räume dienen vielen Film- und Fernsehproduktionen als Kulisse.

September 2010: Kurz nachdem Apple das iPad einführt, kommt die FR mit einer Tablet-Ausgabe auf den Markt. Sie wird mehrfach preisgekrönt, unter anderem mit dem European Newspaper Award.

13. November 2012: Das Druck- und Verlagshaus muss Insolvenz anmelden. Die Zeitung erscheint weiter.

1. März 2013: Die FR wird von der Frankfurter Rundschau GmbH übernommen. Deren Gesellschafterinnen sind die Frankfurter Societät (55 Prozent), die Frankfurter Allgemeine Zeitung (35 Prozent) und die Gerold-Stiftung (10 Prozent). Die Herstellung der Zeitung übernimmt die Societäts-Druckerei in Mörfelden. Das Druckzentrum der FR in Neu-Isenburg schließt; fast alle Beschäftigten aus dem Verlag verlieren ihre Stelle.

September 2013: Die Redaktion bezieht eher triste Büroräume in der Mainzer Landstraße im Stadtteil Gallus.

2013: Die FR schließt wieder ein Geschäftsjahr mit einem operativen Gewinn ab.

Oktober 2016: Zum Wochenende gehört nun „FR7“ – ein radikal lebensweltliches Magazin, das emotional berühren, unterhalten und weiblicher daherkommen soll als die täglichen Seiten.

1. April 2018: Frankfurter Societät und FAZ verkaufen ihren 90-prozentigen Anteil von der Frankfurter Rundschau GmbH an die Zeitungsholding Hessen (ZHH). Deren Eigentümer wiederum ist ein Zeitungsverlag aus der Ippen-Gruppe (80 Prozent) sowie die Mittelhessische Druck- und Verlagsgesellschaft (20 Prozent) der Gießener Verlegerfamilie Rempel.

Frühjahr 2019: Der Webauftritt der Frankfurter Rundschau wird von einer eigenen Redaktion produziert, unter dem Dach der Ippen-Zentralredaktion Mitte. Dank der Reichweitenkompetenz der Verlagsgruppe vervielfacht sich die Zahl der digitalen Leserinnen und Leser von FR.de.

2019: Die Redaktion packt wieder einmal Umzugskisten. Diesmal geht‘s im Gallus nur wenige Meter weiter in das Gebäude des Societäts-Verlags in der Frankenallee. Die FR entsteht damit in Nachbarschaft der Frankfurter Neuen Presse und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die FR arbeitet zunehmend mit den Regionalzeitungen der Ippen-Gruppe zusammen.

20. September 2019: Die Redaktion lädt Aktivistinnen und Aktivisten von „Fridays for Future“ ein, aus Anlass des internationalen Klimastreiks eine FR-Ausgabe inhaltlich zu gestalten. Die jungen Leute erklären auf 29 Seiten ihre Ziele – und bekommen eine feste Kolumne im Meinungsteil.

August 2020: Zum 75-jährigen Bestehen gibt es „75 Lektionen Mut“ in Porträtform.

Oktober 2020: Die FR entscheidet sich für geschlechtergerechte Sprache und ersetzt das generische Maskulinum, auch mit Doppelpunkten.

19. Oktober 2021: Die FR will eine Recherche über Machtmissbrauch des seinerzeitigen „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt veröffentlichen, verfasst vom Ippen Investigativteam. Verleger Dirk Ippen stoppt das. Die FR-Redaktion schreibt auf der Titelseite: Das Verbot widerspreche „allen Regeln der unabhängigen Berichterstattung“ und verletze den Grundsatz der Trennung von Redaktion und Verlag.

September 2022: Wo stehen wir im Kampf gegen den Klimawandel? Das ist die Leitfrage der neuen Klimaseite und des Newsletters. Sie fügen sich ein in die jahrzehntelange Umwelt-Berichterstattung.

Dezember 2022: Die Redaktion findet wieder ein Zuhause – in einem modernen Bürogebäude mit attraktiver Dachterrasse direkt am Südbahnhof im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen.

1. Dezember 2023: Eine Tarifbewegung unterstreicht ihre Forderung nach höheren Löhnen mit einem Warnstreik. Wenige Tage später löst die Geschäftsführung das Ressort FR+ auf und kündigt drei jungen Redakteur:innen.

Januar 2025: Die FR wächst ein wenig – und stellt um auf das Berliner Format. Gedruckt wird die Zeitung nun in Offenbach und Kassel.

Transparenzhinweis: Wir haben den Eintrag zum Jahr 1954 inhaltlich präzisiert.

80 Jahre Frankfurter Rundschau

Am 1. August 1945 erschein die erste Ausgabe unserer Zeitung. Unser Onlinedossier FR80 blickt zurück auf die Geschichte, beschreibt die aktuelle Lage der Zeitung – und stellt das Programm unserer politischen Geburtstagsfeier am 20. September vor, zu der Sie herzlich eingeladen sind.

Die vier Folgen unserer Historie:

Teil 1: Holpriger Start im August 1945 - die erste Frankfurter Rundschau entstand in den Trümmern des Frankfurter Zeitungsviertels. Zunächst zweimal die Woche. Und in einer streitenden Redaktion.

Teil 2: Pflichtlektüre für die 68er - Nähe und Distanz prägen das Verhältnis der FR-Redaktion zur außerparlamentarischen Opposition.

Teil 3: Eine Zeitung in Not - die FR wird mehrfach spektakulär gerettet.

Teil 4: Die Ippen-Jahre seit 2018 - Eigenständigkeit wird großgeschrieben, auch in Zeiten zahlreicher Kooperationen.

Weitere Inhalte im Dossier (Auszug):

Die FR und ihr Grundgesetz: Die Leitlinien aus der Ära von Karl Gerold lesen sich wie geschrieben für die Gegenwart. Die Frankfurter Rundschau ist nicht neutral – sondern antifaschistisch, linksliberal und zuweilen zornig. Ein Essay von Karin Dalka und Michael Bayer.

Im August 1945 war mehr los, als in die Zeitung passte. Ein Blick in die Erstausgabe der Frankfurter Rundschau von Richard Meng.