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Schwimmkurs in Wiesbaden: Sozialprojekt ermöglicht Kindern den Sprung ins Wasser

Freude pur: Harald Stenger, der stellvertretende Schlappekicker-Vorsitzende (re.), bei der Scheckübergabe.
Freude pur: Harald Stenger, der stellvertretende Schlappekicker-Vorsitzende (re.), bei der Scheckübergabe. © Jürgen Streicher

In Wiesbaden lernen Kinder aus einkommensschwachen Familien Schwimmen. Ein Projekt der Diakonie und der Schlappekicker-Aktion macht es möglich.

„AJ“ springt jetzt schon ziemlich lässig ins Wasser. Mit bunten Reifen noch um beide Arme, sicher ist sicher. Die Reifen helfen beim Auftrieb, denn noch ist „AJ“ Anfänger. Vor ein paar Wochen wäre er niemals so in ein Schwimmbecken gesprungen, jetzt ist er mit Fleiß und Spaß dabei. Klar, dass auch Aram mit ins Becken hüpft: Mit bunten Reifen am Arm, denn stehen könnten hier beide nicht mehr. Eine Bahn durchs kleine Becken schaffen sie inzwischen, das macht Mut, Lust auf mehr und lässt das Selbstvertrauen wachsen. „Wichtig ist, die Angst vor dem Wasser zu verlieren“, sagt Anna, die Mutter von Aram.

Das Seepferdchen lockt

Aram und „AJ“, der eigentlich Akeem-James heißt, aber gerne in der Kurzform gerufen wird, weil Akeem-James einfach zu lang ist, kommen beide aus dem gleichen Kiez. Die Siebenjährigen wohnen in Wiesbadens ältester „Satellitenstadt“ am Gräselberg, gehen in die zweite Klasse der Ludwig-Beck-Grundschule.

Auch die Mütter Anna und Marinette kennen sich, im Stadtteil von Biebrich wird viel Netzwerkarbeit geleistet. Über das „KiEZ“ vom Gräselberg etwa, das Kinder-Eltern-Zentrum, eines von zehn Zentren dieser Art in der Landeshauptstadt, in denen es für viele Menschen kostenfreie offene Angebote in sozialer Beratung und sozialer Arbeit gibt.

Träger in Biebrich ist die Regionale Diakonie Hessen-Nassau. Dort ist Kathrin Tiedemann angestellt, die das „tolle Angebot, diese besondere Gelegenheit“, so Arams Mutter Anna, natürlich beim Schopfe gepackt hat, als die Offerte für einen Schwimmkurs von der Diakonie kam. Und schnell eine Gruppe zusammengestellt hat, in der Kinder und Eltern zueinander passen. Die KiEZ-Mitarbeiterin ist Projektleiterin, kümmert sich um alles Organisatorische und sorgt für Verbindlichkeit – das wird erwartet und ist wichtig bei diesem Projekt für Tafelkinder, das von der Schlappekicker-Aktion unterstützt wird.

Jetzt, wo der Schwimmkurs mit acht Trainingseinheiten sich dem Ende nähert, sind die Eltern der sieben Jungs und Mädchen im Grundschulalter begeistert vom Erfolg des Unterrichts für ein Mädchen und sechs Jungen. Alle sind Anfänger, vielleicht aber können schon bald einige „Seepferdchen“ erworben werden, die erste Auszeichnung für junge Schwimmerinnen und Schwimmer, mit der sie auch mal allein ins Schwimmbad gehen können. „Die Wasserängste sind weg, Akeem ist selbstbewusster geworden“, freut sich Mama Marinette.

„#nicht untergehen“ hat die Stiftung Diakonie Hessen eine Aktion überschrieben, mit der über den Stiftungsfonds „Dia-Kids“ Kinder im Schwimmtraining gefördert werden, deren Familien nur ein geringes Einkommen haben. Das Geld für einen Schwimmkurs können sie nicht aufbringen.

Stolze Spendensumme

Das Dilemma ist überall groß: Schulen und DLRG, Schwimmvereine schlagen Alarm, doch die Zahl der Nichtschwimmer unter den Kindern wird größer.

„Es gibt einen großen Bedarf an Schwimmkursen“, weiß Carolin Ohlig, bei der Diakonie Hessen für Förderwesen, Fundraising und Stiftungen zuständig. Angebote wie das für die Kinder, deren Familien bei der Tafel in Wiesbaden registriert sind, sind wichtig, aber es gibt zu wenig Förderung. Das Engagement der Stiftung der Diakonie soll daher ein Signal sein, es ist über Jahre angelegt und inzwischen über die Rhein-Main-Region hinaus ausgedehnt.

Mit großer Freude im Wasser: Wiesbadener Kinder lernen in einem privaten Hallenbad Schwimmen. jürgen Streicher
Mit großer Freude im Wasser: Wiesbadener Kinder lernen in einem privaten Hallenbad Schwimmen. © Jürgen Streicher

Die Initiative gehört zu den von der Schlappekicker-Aktion geförderten Langzeitprojekten über mehrere Jahre. Die Aktion der Frankfurter Rundschau unterstützt die Idee und übernimmt einen Teil der Kosten, schon an Projekten in Hanau, Oberursel und Friedrichsdorf hat sie sich beteiligt. In Wiesbaden wird erstmals in einer privaten Schwimmschule am Rand der Walkmühltalanlagen mit Schwimmlehrer Jens Janz trainiert wird, weil in öffentlichen Bädern die meisten Schwimmkurse ausgebucht sind.

Für Aram, Akeem-James ist und die anderen Kinder ist der bis kurz vor Weihnachten laufende Schwimmkurs im Hallenbad einer Villa ein besonderes Erlebnis. Im kleinen 8x4 Meter-Becken wurden sie schnell mutig, die Gruppe war immer unter sich, das Training, das immer am Samstag stattfindet, wurde zum Fixpunkt. Mit Freude waren alle dabei, eine Freude, die am Schwimmtag schon früh spürbar ist, wie Arams Mutter Anna berichtet. Trotz 45 Minuten Anreise per Bus und anschließendem Fußweg von zehn Minuten.

Damit das Projekt „Gräselberg“ weitergehen kann, wird die Diakonie allen sieben Familien noch 60-Euro-Gutscheine schenken für die Nutzung in allen Wiesbadener Schwimmbädern in naher Zukunft. Beeindruckt von dieser Idee hat auch der stellvertretende Schlappekicker-Vorsitzende Harald Stenger im Beisein von Diakonie-Stiftungsdirektor Wilfried Knapp noch einmal spontan etwas drauf gelegt. Jede der sieben Familien erhält eine 50-Euro-Spende zusätzlich und erhöht damit die Gesamtspendensumme für den Schwimmkurs in Wiesbaden auf 2050 Euro.