Florian Badstübner: „Ich liebe es, wenn Druck auf dem Kessel ist“
Bundesligaschiedsrichter Florian Badstübner als Motivator beim Tag der Jungschiedsrichter:innen des HFV.
Die letzte Motivation war der Vater eines Spielers, der ihn nach seinem dritten Spiel als Schiedsrichter verfolgt hat. Für eine kurze Botschaft, zum Glück mit Bedacht gesprochen, aber eindeutig. „Hör bitte auf, such dir ein anderes Hobby!“ Vielleicht war es genau das, was er brauchte, um seinen Ehrgeiz zu wecken. Florian Badstübner, damals 13 und im ersten Jahr als „Schiri“ in einer bayerischen Jugendliga unterwegs, wollte mehr.
Am Samstag hat Florian Badstübner, 20 Jahre nach dem Anpfiff, sein 54. Bundesligaspiel gepfiffen. Beim 1:0 der Eintracht gegen Werder Bremen im Stadion im Frankfurter Stadtwald, war er im Einsatz. Mit „insgesamt positiver Bewertung“, fasste Schiedsrichterlegende Lutz Wagner am nächsten Tag zusammen. Eine Szene, in der Gestik und Kommunikation nicht ganz gestimmt haben, ein paar Kleinigkeiten, die noch einen Tick besser laufen könnten, aber auch ein „perfekt verzögerter Pfiff, der ins Lehrbuch kommt“, sagt der strenge DFB-Lehrwart Wagner lachend.
Knapp 14 Stunden nach dem Abpfiff in der Arena sind Badstübner und Wagner einen Weitschuss entfernt prominente Gäste der Schlappekicker-Aktion beim Jung-Schiedsrichter:innen-Seminar in der Schule des Landessportbundes Hessen in der Otto-Fleck-Schneise. Für 40 ambitionierte Mädchen und Jungs aus der Region, die alljährlich vom Hessischen Fußballverband (HFV) eingeladen werden, steht Badstübner für den Traum von einer großen Karriere. So gibt es denn auch viel und lebhaften Gesprächsstoff nach der Begrüßung vom HFV-Vizepräsidenten Sascha Schnobrich und dem stellvertretenden Schlappekicker-Vorsitzenden Harald Stenger.
Noch sind manche der Schiedsrichter-Neulinge, von denen die jüngsten elf Jahre sind, nicht entschieden, wohin der Weg sie führen soll. Badstübner in seiner lockeren Entspanntheit stärkt sie und macht ihnen Mut mit seiner eigenen Geschichte. Hier sind die Jugendlichen in netter Runde auf Augenhöhe, man duzt sich, es gibt keine Berührungsängste. Noch ist Badstübner mit seinen 33 Jahren nicht ganz oben, internationale Berufungen locken, aber in der Bundesliga gehört er bereits zum elitären Zirkel der 24 Referees auf dem höchsten Level, wo nur die Besten hinkommen.
„Bist du sofort im Tunnel?“ fragt der elfjährige Frederik Bokler, der für Tura Niederhöchstadt aktiv ist. Es hört sich an, als träfen sich da Brüder im Geiste. Im Tunnel durch den Tunnel und dann raus auf den Rasen. „Ja, mit Freude“, antwortet Badstübner dem neugierigen Kollegen. „Jetzt geht es endlich los, Konzentration, Fokus, je größer die Kulisse, umso besser, auch Negatives gibt Elan. Ich liebe es, wenn Druck auf dem Kessel ist.“ Da will auch Frederik Bokler hin, auf keinen Fall als Spieler, nur als Schiedsrichter, das weiß er schon jetzt.
Badstübner war 12, als er die Seiten wechselte. Als er entschied, dass er mit dem Trainer nicht auf einer Wellenlänge funkt und er Schiedsrichter werden will. Stets unterstützt vom Vater, der ihn überall hingefahren hat. Das Ziel, ganz oben anzukommen, hatte er da noch nicht. Das war ihm zu unrealistisch, bis alles ziemlich schnell ging. Kreisliga Männer mit 15, mit 19 Bayernliga, die „erste krasse Klasse“. Der Aufstieg in die dritte Liga hat ihn dann „hungrig gemacht“, das erste Spiel in der zweiten Liga machte alles professioneller in seinem Schiedsrichteralltag. Und dann Bundesliga: Leipzig gegen Schalke bei seiner Premiere in der Saison 2020/21, das lässt ihn nicht mehr los.
Neben Lutz Wagner, der aktuelle Regelkundevideos präsentiert und zur Diskussion stellt, ist auch Thorsten Schenk, der unter anderem Mitglied im HFV-Lehrstab Ausbildung ist, beim insgesamt sechsstündigen Treffen des Nachwuchses dabei. Mit Rollenspielen übt er das Auftreten auf dem Sportplatz.
Am Ende des Tages sind auch die beiden 15-jährigen Carlotta Hartmann und Julia Hein, die für Blau-Gelb Frankfurt pfeifen, vollauf begeistert. In ihrem Verein spielen sie in der B-Jugend, den ersten Lehrgang für Schiri-Neulinge haben sie absolviert. Jetzt warten sie nur noch auf ihre Ausrüstung.