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Wenn das Ungewohnte zur Normalität wird

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Schlappekicker-Vorsitzende Katja Sturm und  Stadtrat  Hans-Dieter Bürger im Kreis der Geehrten.
Schlappekicker-Vorsitzende Katja Sturm und Stadtrat Hans-Dieter Bürger im Kreis der Geehrten. © Storch

Die Schlappekicker-Aktion der Frankfurter Rundschau belohnt fünf Vereine für ihr besonderes Engagement im Integrationssport mit je 2000 Euro.

Von Oliver Kauer-Berk

Begegnet ein Nichtbehinderter einem behinderten Menschen, empfindet er häufig Mitleid. Er fühlt sich unwohl, weil er sich möglicherweise vorstellt, wie es wäre, selber ein Bein weniger zu haben oder nicht mehr gehen zu können. Er registriert also in erster Linie das Handicap, kaum die Person.

Häufige Begegnungen können indes gegenteilig wirken: Nähe führt zur normalen Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung, reduziert den Unterschied, haben Wissenschaftler festgestellt. Dieser Prozess ist auch im Sport zu beobachten. Ohne Zweifel haben Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Funktionseinschränkung hier Sensibilität und Akzeptanz gefunden. Neben den Paralympics oder der Special-Olympics-Bewegung für Menschen mit geistigem Handicap tragen die Vereine bei, behinderte und nichtbehinderte Menschen zusammenzubringen. Berührungsängste und Vorurteile werden abgebaut, Integrationssport entsteht.

Die Schlappekicker-Aktion der Frankfurter Rundschau hat vor 13 Jahren erkannt, welch’ wichtige Arbeit an der Basis geleistet wird. Seitdem werden jedes Jahr fünf Vereine der Region für ihr Engagement im Integrationssport prämiert. Beim Integrativen Spiel- und Sportfest der Stadt Frankfurt im Kalbacher Sport- und Freizeitzentrum übergab die Schlappekicker-Vorsitzende und FR-Sportredakteurin Katja Sturm wieder fünf 2000-Euro-Schecks.

Im Reitclub Niederursel werden behinderte Menschen seit vielen Jahren in den Vereinsalltag einbezogen. Das Reiten wirkt therapeutisch, und das gemeinsame Interesse am Pferd bringt die Integration voran. Dringend benötigt wird im Frankfurter Stadtteil ein Reitzelt für die kalte Jahreszeit, teilt der Vereinsvorsitzende Rolf Döring mit. Der Schlappekicker stellt für das 30000-Euro-Projekt nun die Anschubfinanzierung.

Seit 2008 gibt es die Gruppe für geistig Behinderte beim Deutschen Hockey Club Wiesbaden. Hier trainieren zwölf junge Sportler ab zehn Jahren. Nicht nur der Hockeysport ist für sie wichtig, auch die Freude am Miteinander mit den anderen Vereinsmitgliedern, die auf dem Platz schnell kennengelernt würden, berichtet Trainerin Nadine Lang. Die Schlappekicker-Hilfe soll auch für Schienbeinschoner verwendet werden.

Viel Ausrüstung zu transportieren haben die Kollegen der Black Knights Dreieich. Sie spielen Elektro-Rollstuhl-Hockey. Damit stellen Schwerstbehinderte soziale Kontakte her, der Isolation wird entgegengewirkt. Da es wenig gegnerische Teams gibt, stehen oft weite Fahrten an. Hilfsmittel wie Hebe-Lifter fahren mit, der logistische Aufwand ist groß.

Ein wenig bekannter Sport wird im Verein BSG Kelsterbach betrieben: Bosseln. Das Eisstockschießen in der Halle ist sportorganisatorisch im reinen Behindertensport angesiedelt, doch der Verein will die Nichtbehinderten nicht ausschließen. „Integration muss in beide Richtungen funktionieren“, sagt Organisator Rüdiger Pfennig.

Der fünfte vom Schlappekicker 2010 ausgezeichnete Verein ist der Tischtennis-Club Gelnhausen. Hier scheint der Integrationsprozess abgeschlossen: Man redet kaum noch drüber. „Die Rollis sind bei uns so selbstverständlich wie die Haustür am Haus“, sagt der Vorsitzende Nobert Uffelmann. Seit 1986 sind Rollstuhlfahrer in den Trainings- und Wettkampfbetrieb integriert. Eine gemischte Mannschaft startet in der zweiten Kreisklasse der Nichtbehinderten. So einfach kann es sein.

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