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Initiative zur Bundestagswahl: Erfolgreicher als das Vorbild aus den USA

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Von: Alicia Lindhoff

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Rasha Nasr sitzt neuerdings für die SPD im Bundestag.
Rasha Nasr sitzt neuerdings für die SPD im Bundestag. © Julian Hoffmann

Wie die US-Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez kannte diese Politik-Neulinge bis vor kurzem fast niemand, jetzt sitzen sie im Bundestag – auch dank der Initiative „Brand New Bundestag“.

Berlin – Neun Monate ist es her, dass aufmerksame Leserinnen und Leser in der FR das erste Mal von der neuen Initiative „Brand New Bundestag“ (BNB) lasen. Deren Ziel: progressive Abgeordnete ins deutsche Parlament bringen und es diverser machen. „Sie wollen den Bundestag umkrempeln“, hieß es in der FR über die elf Kandidat:innen, die BNB unterstützte. Darunter waren auch Rasha Nasr, 29, Kassem Taher Saleh, 28, aus Dresden und der heute 33-jährige Armand Zorn aus Frankfurt. Diese drei sind neun Monate später tatsächlich Mitglieder des Bundestags, wo sie sich gegen Rassismus und steigende Mieten, für grünes Bauen und Digitalisierung einsetzen wollen.

Ein großer Erfolg sei das, sagt Maximilian Oehl, der BNB mitgegründet hat. „Als wir anfingen, haben wir gesagt, wir wären schon zufrieden, wenn wir mit einer Person reinkommen. Es ist unglaublich, dass es jetzt drei geworden sind.“ Zumal sie damit ihr US-Vorbild „Brand New Congress“ überholt haben. Die Initiative hatte bei den Kongresswahlen 2018 der linken Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez zu einem unerwarteten Wahlsieg verholfen, die danach zur globalen Ikone junger Linker geworden war. Die anderen Kandidat:innen waren dagegen noch gescheitert.

Armand Zorn.
Armand Zorn. © Renate Hoyer

Es ist schwer zu sagen, welchen Anteil BNB tatsächlich am Wahlsieg der drei Gewinner:innen hatte. Sie alle waren für Parteien im Rennen, die bei der Bundestagswahl deutlich an Stimmen gewonnen haben – Rasha Nasr und Armand Zorn für die SPD, Kassem Taher Saleh für die Grünen. Geholfen hat ihnen die Unterstützung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit dabei, sich gegen die Platzhirsche in der eigenen Partei durchzusetzen.

Brand New Bundestag: Die Kandidatinnen und Kandidaten waren vorher weitgehend unbekannt

Alle drei wurden als Direktkandidat:innen aufgestellt und ergatterten vielversprechende Plätze auf den Landeslisten. Keine Selbstverständlichkeit, denn sie waren vor ihren Kandidaturen weitgehend unbekannt und hatten keine jahrelange Ochsentour in Ortsverbänden und Parteigremien hinter sich. Kassem Taher Saleh ist überzeugt, dass das ohne die Rückendeckung der Initiative nicht gelungen wäre. „Die Pressewirksamkeit, die BNB organisiert hat, war für die Listenaufstellung echt entscheidend. Ohne sie hätte ich wohl nicht so einen guten Listenplatz bekommen“, sagt er. Armand Zorn glaubt, es sei „gerade die Mischung aus dem traditionellen SPD-Wahlkampf, mit Haustürbesuchen und Infoständen, und dem modernen Wahlkampf, den Brand New Bundestag betrieben hat, mit datenbasierten Analysen und Online-Wahlkampf“, die ihm zum Direktmandat verholfen habe.

Kassem Taher Saleh.
Kassem Taher Saleh. © Imago

Hinzu kamen Workshops und Schulungen zu Rhetorik, Social Media und Wahlkampfstrategie, die BNB für ihre Kandidat:innen organisierte – alles ehrenamtlich und mit der Hilfe von Freiwilligen im ganzen Land.

Laut Maximilian Oehl wird die Initiative die drei auch weiter unterstützen. Langfristig will BNB sich als Brücke zwischen Parteipolitik und Zivilgesellschaft etablieren und als Plattform dienen für progressive Politiker:innen aus allen Parteien – vom Bund bis zur Kommune. Derzeit bereiten sie etwa die Kampagne für einen noch geheimen Kandidaten vor, der in NRW bei den Landtagswahlen antreten will.

Brand New Bundestag will „progressive“ Politikerinnen und Politiker aller Parteien vernetzen

Außerdem könne er sich vorstellen, dass BNB künftig etwa bei Oberbürgermeister- und Landratswahlen in den östlichen Bundesländern Parteienbündnisse organisiert, um rechtsextreme Kandidat:innen zu verhindern.

Vor einigen Wochen hat die Initiative zudem die „Top50 Progressives“ gekürt, also die aus ihrer Sicht 50 progressivsten Bundestagskandidat:innen aller Parteien. Es seien Politikerinnen und Politiker, die für „politischen Aufbruch stehen“ und „innovative Ansätze“ in ihren jeweiligen Schwerpunktfeldern vertreten - die reichen von Klima, Wirtschaft und digitalisierung über Soziale Gerechtigkeit bis hin zu Antidiskriminierung. Dabei sind Mitglieder aller Parteien außer der AfD. Insgesamt 29 von ihnen sind in den Bundestag eingezogen. Demnächst will BNB ein Treffen organisieren, um sie miteinander zu vernetzen, am liebsten schon im November. (Alicia Lindhoff)

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