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Der Zündstoff für die Umwelt

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Von: Susanne Schwarz, Friederike Meier

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Sieht gut aus, macht aber die Luft schlecht: Feuerwerk in Frankfurt.
Sieht gut aus, macht aber die Luft schlecht: Feuerwerk in Frankfurt. © Michael Schick

"Durch das Feuerwerk zu Silvester verschlechtert sich die Luftqualität in Deutschland tatsächlich rapide." Böller und Raketen führen an Neujahr zu Spitzenwerten bei Feinstaub und vermüllen die Landschaft.

Im siebten Jahrhundert wollte Li Tian dem Spuk ein Ende setzen. Der Mönch füllte ein Bambusrohr mit Salpeter, Holzkohle und Schwefel. Angezündet ergab das einen lauten Knall. Das würde, so hoffte Li Tian, die bösen Geister vertreiben, an denen es liegen musste, dass die chinesische Provinz Hunan seit Monaten von sintflutartigen Regenfällen, Seuchen und Hunger heimgesucht wurde. Li Tian baute damit vor 1400 Jahren den Prototyp des modernen Böllers, mit dem mittlerweile in vielen Ländern der Welt das neue Jahr eingeläutet wird.

Im Gegensatz zum Effekt der Knaller auf etwaige Geister ist ein anderer deutlich nachgewiesen: Feuerwerk erschreckt Tiere bis ins Mark. In einem Video des Naturschutzbundes Nabu kann man eine Kohlmeise im Nistkasten dabei beobachten, wie sie bei jedem Knall zusammenzuckt. Laut Nabu berichten Ornithologen am 1. Januar regelmäßig von fluchtartig verlassenen Ruheplätzen und erkennbar verstörten Vogelschwärmen. Das sei im Winter besonders schlimm: Zu dieser Jahreszeit müssten die Vögel sich eigentlich ausruhen.

Plastikteile und Feinstaub

Auch nach dem Knall machen die Raketen Tieren zu schaffen. Abfallexperte Benjamin Bongardt vom Nabu spricht von einem „wissentlichen Vermüllen der Landschaft“. Wenn die Plastikteile der Geschosse wieder unten angekommen sind und herumliegen, könnten Tiere sie mit Futter verwechseln: „Für jede Größe von Müll gibt es ein Tier, das so etwas für Nahrung hält“, sagt Bongardt.

Probleme macht nicht nur das, was wieder auf dem Boden landet, sondern auch das, was in der Luft bleibt: Wenn das Schwarzpulver in der Rakete verbrennt, entstehen Kohlendioxid, Schwefeldioxid sowie Ruß, der als Feinstaub in der Luft bleibt.

Eine gute Nachricht gibt es allerdings dabei: Obwohl mit CO2 und Ruß Substanzen entstehen, die das Klima aufheizen könnten, fallen die Klimafolgen des Silvesterspaßes wohl sehr gering aus. „Einen messbaren Effekt auf das Klima hat das sicher nicht“, sagt der Atmosphärenchemiker Frank Drewnick vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Ruß wirke nämlich vor allem tagsüber klimaschädigend, wenn die dunklen Partikel die Sonnenstrahlen absorbieren und so die Atmosphäre erwärmen.

Nullsummenspiel fürs Klima

Ausgerechnet das große Feuerwerk zu Silvester dürfte deshalb kaum Einfluss haben. Drewnick: „Bis am 1. Januar die Sonne aufgegangen ist, ist der meiste Ruß schon wieder zu Boden gesunken.“ Bei einer Messung in der Silvesternacht in Mainz hat der Chemiker außerdem viel Sulfat festgestellt, das als eher abkühlend gilt. Smog aus Sulfat-Aerosolen, schwefeligen Schwebeteilchen, fängt in der Stratosphäre ultraviolette Strahlung ab, macht Wolken langlebiger und lässt sie reflektieren. Fürs Klima dürfte das Feuerwerk damit ein Nullsummenspiel sein.

Das weitaus größere Problem ist die Luftverschmutzung mit den entsprechenden Gesundheitsgefahren. Die winzigen frei werdenden Feinstaub-Teilchen gelangen in die Lunge – und können zu Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Problemen führen. Besonders trifft das Menschen, die ohnehin vorbelastet sind. Asthmatiker etwa brauchen dann mehr Medikamente.

„Durch das Feuerwerk zu Silvester verschlechtert sich die Luftqualität in Deutschland tatsächlich rapide“, sagt Martin Ittershagen vom Umweltbundesamt. Laut der Behörde werden hierzulande jedes Jahr fast 5000 Tonnen Feinstaub durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern freigesetzt, der allergrößte Teil davon zu Silvester. Das entspricht etwa 17 Prozent der jährlich im Straßenverkehr abgegebenen Feinstaubmenge. „Allerdings betreffen diese Spitzenwerte eben nur einen Tag“, schränkt Ittershagen ein. „Viel schwerer wiegt, dass die Luft in vielen deutschen Innenstädten etwa durch Autoabgase an vielen anderen Tagen zu stark verschmutzt ist.“

Allerdings: Zwei von drei in Deutschland abgebrannten Böllern stammen aus China, denn das Land ist nicht nur Ursprung der Knallkörper – bis heute werden sie in der Provinz Hunan massenhaft hergestellt. Der Umweltverband BUND kritisiert den „großen ökologischen Fußabdruck“, den allein der weite Transport des Feuerwerks von China nach Deutschland hinterlässt.

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