Forschende reaktivieren Jahrtausende altes „Zombie-Virus“
Der Klimawandel könnte den Permafrost auftauen und extrem alte, unbekannte Viren und Bakterien freisetzen, warnen Forschende – und demonstrieren es.
Update vom 10. März 2023: Mittlerweile wurde die Studie von Fachleuten geprüft und im Fachjournal Viruses veröffentlicht.
Erstmeldung vom 29. November 2022: Marseille – Der Klimawandel ist in vollem Gange und Fachleute befürchten, dass durch steigende Temperaturen auch Permafrost-Böden auftauen könnten. Große Flächen auf der Nordhalbkugel der Erde sind von dauerhaft gefrorenen Böden bedeckt. Im Eis eingeschlossen befinden sich seit vielen tausend Jahren Tierkadaver und Pflanzenreste, aber auch die Bakterien und Viren, die sie beim Einfrieren in sich hatten.
Taut der Permafrost, könnten auch uralte und bisher unbekannte Bakterien und Viren auftauen, so die Befürchtung von Fachleuten. Ein Team um die französischen Forscher Jean-Marie Alempic und Matthieu Legendre von der Aix-Marseille Universität hat nun 13 bislang unbekannte Virentypen in Permafrost-Proben nachweisen können. Ihnen ist es außerdem gelungen, sie zu reaktivieren, wie das Forschungsteam in einer Studie schreibt, die auf dem Preprint-Server bioRxiv veröffentlicht, jedoch noch nicht von Fachleuten geprüft wurde. Von „Zombie-Viren“ ist in der Studie die Rede.
Forschungsteam reaktiviert „Zombie-Viren“ aus dem Permafrost
Mit dem neu entdeckten „Pandoravirus yedoma“ haben die Forschenden einen neuen Rekord aufgestellt: Das Virus soll dem Team zufolge fast 50.000 Jahre im Eis überdauert haben. Im Labor wurde es dann in Zellkulturen wieder virulent. Zuvor hatte das Forschungsteam ein 30.000 Jahre altes Virus, das ebenfalls aus dem Permafrost stammte, wieder aktiviert.
Das „Pandoravirus yedoma“ ist ein Riesenvirus, das Amöben infiziert. Es ist so groß, dass es mit einem normalen Lichtmikroskop nachgewiesen werden kann, wie spektrum.de berichtet. Das Virus stammt aus einer Eisprobe, die unterhalb eines arktischen Sees entnommen wurde. Die Viren wurden unter anderem aus der Wolle von Mammuts und aus den Eingeweiden eines Wolfs isoliert. In Zellkulturen infizierten sie ebenfalls Amöben und wurden wieder virulent.
Klimawandel könnte unbekannte Viren aus dem Permafrost freisetzen
„Es ist wahrscheinlich, dass alter Permafrost unbekannte Viren beim Auftauen freisetzen wird“, schreiben die Forschenden in ihrer Studie. Wie lange die Viren infektiös bleiben, kann das Team jedoch eigenen Angaben zufolge noch nicht abschätzen. Schließlich seien sie dann den Bedingungen im Freien – UV-Licht, Sauerstoff und Wärme – ausgesetzt. Es komme auch darauf an, wie wahrscheinlich es ist, „dass sie in der Zwischenzeit auf einen geeigneten Wirt treffen und diesen infizieren“, heißt es weiter.

Forschende warnen: „Globale Erwärmung erhöht das Risiko“
Das Fazit des Forschungsteams sollte jedoch aufhorchen lassen: „Das Risiko wird im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung steigen, wenn sich das Auftauen des Permafrosts weiter beschleunigt und mehr Menschen die Arktis im Zuge industrieller Unternehmungen besiedeln werden“, schreiben die Autorinnen und Autoren in der Studie.
Die Permafrost-Gebiete der Erde
Permafrost findet sich auf der Erde in den Polarregionen und den meisten Hochgebirgen der Erde. Russland liegt zu 65 Prozent in der Permafrost-Region, Kanada bis zu 50 Prozent und China bis zu 20 Prozent, während Grönland zu 99 Prozent ein Permafrost-Gebiet ist und Alaska zu 80 Prozent.
Kürzlich haben chinesische Forschende in Eis-Proben von 21 Gletschern im Hochland von Tibet 900 nie zuvor beobachtete Mikroben-Spezies entdeckt. Auch diese könnten freigesetzt werden, wenn Permafrost auftaut – die Forschenden warnen vor möglichen neuen Pandemien, die so entstehen könnten. Der Klimawandel könnte jedoch auch auf eine andere Art und Weise Pandemien und Zoonosen befördern. (tab)