1,3 Tonnen schwerer Satellit soll abstürzen – Esa will „Standard setzen“

Der Wissenschaftssatellit „Aeolus“ soll in den kommenden Monaten in der Erdatmosphäre verglühen. Wie die Esa dabei vorgehen will.
Darmstadt – Als der Satellit „Aeolus“ der europäischen Raumfahrtorganisation Esa im Sommer 2018 in seine Erdumlaufbahn geschossen wurde, war es bereits klar: Irgendwann wird der 1.360 Kilogramm schwere Satellit wieder zur Erde zurückfallen. Geplant war, dass „Aeolus“ drei Jahre lang die Winde in einer Höhe von 320 Kilometern untersucht. Bisher hat der Wissenschaftssatellit seine Lebensdauer um 18 Monate überschritten – doch nun ist es so weit: „Aeolus“, benannt nach dem griechischen Gott der Winde, kehrt zur Erde zurück.
Geplant ist, dass der Satellit in die Erdatmosphäre stürzt und dort verglüht. Raumfahrtobjekte, die zur Erde stürzen, waren in den vergangenen Jahren immer wieder ein Grund zur Sorge – hauptsächlich ging es dabei um chinesische Raketenstufen, die unkontrolliert zur Erde stürzten. Aber auch Satelliten, die nach dem Ende ihrer Laufzeit weiter in der Erdumlaufbahn bleiben und diese so immer voller werden lassen, sind Grund zur Kritik. Deshalb betont die Esa, dass ihre Anstrengungen „weit über die internationalen Standards“ hinausgehen und die Behörde ein „Vorreiter in Sachen Weltraumsicherheit“ sei.
Esa-Satellit „Aeolus“ soll zur Erde stürzen und in der Atmosphäre verglühen
„Aeolus“ gilt als Prototyp zur Messung von Winden auf dem gesamten Erdball. Das Fehlen dieser Informationen hatte die Weltorganisation für Meteorologie immer wieder als großen Mangel beklagt – den „Aeolus“ beendete. Doch die niedrige Umlaufbahn von nur 320 Kilometern hatte ihren Preis: Der Luftwiderstand und die Reibung der Atmosphäre bremsen den Satelliten dort ab, vom Boden aus müssen Fachleute ständig die Flugbahn verändern, um den Satelliten in der gewünschten Höhe zu halten. Das kostet Treibstoff - und sorgt für eine kurze Lebensdauer.
Dem „Gott der Winde“ geht der Treibstoff aus – bevor er ganz zur Neige gegangen ist, sollen die Fachleute, die „Aeolus“ steuern, den Satelliten in die Erdatmosphäre lenken. Geplant ist, dass „Aeolus“ über dem Meer verglüht – so soll die sehr geringe Chance, dass Fragmente des Satelliten auf der Erde Schaden anrichten, weiter verringert werden. In einer Esa-Mitteilung heißt es: „Dies ist der erste assistierte Wiedereintritt dieser Art und ein Präzedenzfall für einen verantwortungsvollen Ansatz zur Verringerung des immer größer werdenden Problems des Weltraummülls und unkontrollierter Wiedereintritte“.
Satellit soll bis zum Sommer über dem Meer verglühen
Die Mission von „Aeolus“ ist seit dem 30. April 2023 beendet. Wann genau der Satellit zur Erde stürzen wird, steht noch nicht genau fest. Neben den Winden und der Erdatmosphäre hat nämlich auch die Sonne Einfluss darauf, wie schnell der Satellit sinkt. Sonnenstürme beispielsweise erhöhen die Dichte der Erdatmosphäre und machen es besonders in sehr niedrigen Umlaufbahnen schwierig, die Höhe zu halten. Dieses Phänomen sorgte unter anderem dafür, dass 40 „Starlink“-Satelliten von SpaceX kurz nach dem Start abstürzten.
Geplant ist, dass „Aeolus“ in den kommenden Monaten von alleine auf eine Höhe von 280 Kilometern absinkt. Dann sollen Fachleute im Europäischen Raumkontrollzentrum ESOC in Darmstadt eingreifen und den Satelliten nach und nach auf 150 Kilometer Höhe steuern. In einer Höhe von etwa 80 Kilometern wird der Satellit dann in der Erdatmosphäre verglühen. Das endgültige Datum dafür hängt auch davon ab, wie stark die Sonne das Absinken des Satelliten beschleunigt. Geplant ist vonseiten der Esa, dass „Aeolus“ bis Ende August Geschichte ist.
Genauer Zeitplan für den Absturz ist noch nicht klar
„Die genauen Einzelheiten um Wiedereintritt und zu den Manövern und Operationen sowie ein genauerer Zeitplan werden Mitte Juni veröffentlicht“, erklärt der Leiter der „Aeolus“-Mission, Tommaso Parrinello. Wie genau der Satellit in der Erdatmosphäre positioniert sein muss, um über dem offenen Meer zu verglühen, haben Fachleute bereits ermittelt. „Im Moment können wir davon ausgehen, dass wir den besten Ozeankorridor für den Wiedereintritt anvisieren“, ist sich Parrinello sicher. (tab)