Ukraine-Krieg: Esa-Mission zum Mars „ausgesetzt“ – Keine Zusammenarbeit mit Russland

Der Ukraine-Krieg erreicht die Raumfahrt: Sanktionen gegen Russland machen den Start des Mars-Rovers im Herbst „sehr unwahrscheinlich“, erklärt die Esa.
Update vom 17.03.2022, 14.20 Uhr: Es hatte sich bereits angedeutet, nun steht es fest. Wie die Esa in einer Mitteilung bekannt gab, wird der zweite Teil der „ExoMars“-Mission zum Mars nicht im Herbst 2022 stattfinden, sondern „ausgesetzt“. Der Esa-Rat habe „die derzeitige Unmöglichkeit der Durchführung der laufenden Zusammenarbeit mit Roskosmos bei der ExoMars-Rover-Mission mit einem Start im Jahr 2022 anerkannt und den Esa-Generaldirektor beauftragt, geeignete Schritte zu unternehmen, um die Kooperationsaktivitäten entsprechend auszusetzen“.
Außerdem sei der Generaldirektor ermächtigt worden, eine „beschleunigte Industriestudie“ durchzuführen, um die verfügbaren Optionen hinsichtlich der ExoMars-Mission definieren zu können. Betroffen ist nicht nur die ExoMars-Mission: Auch mehrere Satelliten, die mit der russischen „Sojus“-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Baikonur starten sollten, sind betroffen. „Alle Missionen, die mit der Sojus starten sollten, wurden pausiert“, heißt es in der Mitteilung. Das betrifft demnach zwei Galileo-Satelliten, die Satelliten „Euclid“ und „EarthCare“ sowie einen weiteren Satelliten.
ExoMars-Mission der Esa: Ukraine-Krieg gefährdet Zusammenarbeit mit Russland
Erstmeldung vom Dienstag, 01.03.2022, 10.00 Uhr: Paris – Eigentlich wollte die europäische Raumfahrtorganisation Esa im Herbst einen Rover zum Mars schicken. „Rosalind Franklin“ heißt der Roboter, dessen Reise zum Mars wegen technischen Problemen bereits um mehrere Jahre verschoben wurde. Doch nun heißt es bei der Esa, ein Start im Jahr 2022 sei „sehr unwahrscheinlich“. Technische Probleme sind dieses Mal jedoch nicht daran schuld, dass „Rosalind Franklin“ wohl nicht zum Mars aufbrechen wird. Die Esa gibt als Grund „die Sanktionen und den größeren Kontext“ an und meint damit den Ukraine-Krieg, den Russland begonnen hat.
Das Problem der Esa: Russland ist ein wichtiger Partner der ExoMars-Mission, dessen zweiter Teil der Rover „Rosalind Franklin“ ist. Teil eins der Mission – der „Trace Gas Orbiter“ (TGO) umkreist den roten Planeten bereits seit 2016 und liefert seitdem spannende wissenschaftliche Daten.
Mars-Mission der Esa: Start von Rover „Rosalind Franklin“ 2022 „sehr unwahrscheinlich“
Dass die Beteiligung von Russland den zweiten Teil der ExoMars-Mission nun offenbar mindestens weiter verzögert, ist bitter, denn ausgerechnet die Beteiligung der russischen Weltraumbehörde Roskosmos hatte die Esa-Mission zum Mars einst gerettet. Ursprünglich wollte sich die US-Raumfahrtorganisation Nasa an dem ExoMars-Projekt beteiligen. Doch 2011 stieg die Nasa wegen fehlender finanziellen Mittel aus und die Esa nahm Verhandlungen mit Roskosmos auf, um die ExoMars-Missionen für 2016 und 2018 zu ermöglichen.
2013 wurde der Vertrag zwischen Esa und Roskosmos über die ExoMars-Missionen abgeschlossen. Neben dem Orbiter TGO sollte die Esa für den ersten Teil der ExoMars-Mission einen Lander bauen, der die Landung auf dem Mars demonstrieren sollte. Eine russische Proton-Trägerrakete brachte den Mars-Orbiter TGO im Oktober 2016 zum Mars, den er seitdem umkreist – doch die Landung des Landers „Schiaparelli“ schlug fehl. Ein Fehlschlag, der mit dem zweiten Teil der Mission wettgemacht werden sollte: Dann sollte der eigentliche Rover, der auf dem Mars nach Spuren von früherem Leben suchen soll (daher der Name: ExoMars steht für Exobiologie auf dem Mars), starten: „Rosalind Franklin“.
Ukraine-Krieg und Sanktionen gegen Russland: ExoMars-Mission betroffen
Der Rover sitzt auf einer von Russland beigesteuerten Landeplattform namens „Kazachok“ und soll wie die erste ExoMars-Mission von einer russischen Proton-Rakete ins All gebracht werden. Zuletzt peilte die Esa das nächste günstige Startfenster für den Mars an – im Herbst 2022 sollte es so weit sein. Doch die Sanktionen, die die Esa-Mitgliedsstaaten im Ukraine-Konflikt gegen Russland verhängt haben, machen nun den geplanten Start der „ExoMars“-Mission unwahrscheinlich.
„Wir setzen die von unseren Mitgliedsstaaten gegen Russland verhängten Sanktionen vollständig um“, teilt die Esa mit. „Wir bewerten die Auswirkungen auf jedes unserer laufenden Programme, die in Zusammenarbeit mit der staatlichen russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos durchgeführt werden“, heißt es in der Mitteilung weiter. Was die Fortsetzung des ExoMars-Programms betreffe, werde der Generaldirektor der Esa „alle Optionen analysieren und eine formelle Entscheidung vorbereiten“.
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Zuvor hatte Roskosmos bereits bekannt gegeben, dass die Zusammenarbeit mit der europäischen Raumfahrt am Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana eingestellt wird. Das Personal soll abgezogen werden. Roskosmos-Mitarbeiter:innen helfen in Kourou bei Starts russischer Sojus-Raketen. Diese sollten unter anderem im April zwei europäische Galileo-Satelliten ins All schießen. (tab)