Tödliches Sonnenbad

Alarmierende Zahlen: 2008 erkranken in Deutschland weit über 100.000 Menschen neu an Hautkrebs. Ein vernünftiger Umgang mit Sonne und Licht ist wichtiger denn je. Von Margit Mertens
Von MARGIT MERTENS
Alarmierende Zahlen hat jetzt die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) vorgelegt. 2008 erkrankten in Deutschland rund 135.000 Menschen neu an Hautkrebs. Damit liegt Hautkrebs auf Platz eins der Tumorerkrankungen. Laut DDG werden pro Jahr fast 900.000 Menschen wegen Melanomen und Karzinomen der Haut behandelt, 3000 sterben daran.
"Hautkrebs ist die häufigste Krebsart in Deutschland, vor Brustkrebs bei Frauen und Prostatakrebs bei Männern", sagt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention Eckhard Breitbart.
Für den besonders gefährlichen schwarzen Hautkrebs rechnet er bis 2050 sogar mit einer jährlichen Steigerung der Neuerkrankungen von sieben Prozent. "Das ist nicht zu verhindern, denn die Schäden sind schon da", stellt Breitbart fest. Denn nach einer Schädigung der Haut, etwa durch Sonnenbrände kann es 20 bis 40 Jahre dauern, bis erste Zeichen von Krebs sichtbar werden. Werde die gefährliche Krankheit zu spät erkannt, führe sie häufig zum Tod.
Je nach Entstehungsort unterscheidet man drei Hautkrebsarten. Bei Basalzellkrebs erkranken Basalzellen, die sich überall am Körper in der untersten Schicht der Oberhaut befinden. Beim zweiten Typ befallen Spinaliome, auch Plattenepithelkarzinome genannt, die Stachelzellen der Oberhaut.
Weiße Hautkrebse gut heilbar
Diese beiden Tumorarten werden weißer Hautkrebs genannt. Daran erkranken 200 von 100.000 Deutschen jedes Jahr neu. "Mit einer operativen Frühtherapie sind praktisch 100 Prozent aller weißen Hautkrebse auf Dauer heilbar", stellte Helmut Breuninger von der Tübinger Universitäts-Hautklinik kürzlich in einer Studie fest. Im Gegensatz zum malignen Melanom enden diese Krebsformen selten tödlich.
Das Melanom ist ein bösartiger Tumor, der pigmentbildende Zellen, die Melanozyten, befällt. Wegen seiner überwiegend dunklen Färbung heißt er auch "schwarzer Hautkrebs". Er gehört zu den bösartigsten Krebserkrankungen, da er schon frühzeitig Metastasen bildet, was die Heilungschancen verschlechtert. In Deutschland hat sich die Häufigkeit dieser Krebsart seit 1990 mehr als verdoppelt.
Etwa ein Drittel der Karzinome entsteht auf bestehenden Muttermalen. Daher tragen Menschen mit mehr als 40 Pigmentmalen ein bis zu 15-fach höheres Risiko. Melanome können jedoch auch auf völlig unveränderter Haut entstehen. Sonnenbrände in der Kindheit und Jugend erhöhen dieses Risiko um das Zwei- bis Dreifache. Je früher ein Melanom erkannt wird, umso größer ist die Chance, die Erkrankung alleine durch eine Operation zu heilen.
Jährlich werden derzeit in Deutschland 250 000 Hauttumore und sogenannte Vorstufen entfernt. Bei der Operation wird zunächst der eigentliche Tumor entfernt, danach werden so genannte Randschnitte entnommen und vom Pathologen auf Krebszellen untersucht. Die Wundränder werden so lange beschnitten, bis sie keine Tumorzellen mehr enthalten. Erst dann wird die Wunde geschlossen.
Die hellen Hautkrebsarten entstehen häufig auf den "Sonnenterrassen" des Menschen, gefährdet sind besonders Nase, Stirn, Schläfen, Unterlippe, Handrücken, Unterarme, Ohren, Nacken und gegebenenfalls eine Glatze.
Nichts geht über Früherkennung
"Ein Melanom in der obersten Hautschicht ist nur ein blaues Auge", sagt Breitbart. Daher sei die Früherkennung so wichtig. "Im ersten Stadium liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit bei 90 Prozent, später weit unter 30 Prozent." Beim pigmentierten Hautkrebs liege die Grenze etwa bei einem Millimeter Tiefe. "Wenige Millimeter mehr führen zum Tod", warnt Michael Reusch vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen.
Daher mahnt die DDG, das Hautkrebs-Screening regelmäßig zu nutzen. Diese Vorsorgeuntersuchung wird seit einem Jahr flächendeckend für alle Menschen von 35 Jahren an als Kassenleistung angeboten. "Wenn ein Tumor rechtzeitig diagnostiziert wird, ist der Patient praktisch geheilt, was in späterem Stadium nicht mehr möglich ist", so Luger.
Etwa 3000 Hautärzte und rund 30.000 Hausärzte nehmen diese Ganzkörperuntersuchung an nach DDG-Schätzung rund vier Millionen Patienten pro Jahr vor. Das ist noch zu wenig: Zu viele Menschen messen Fachleuten zufolge dem Thema Hautschutz eine eher unbedeutende Rolle zu. Denn in den meisten Fällen von Hautkrebs ist die Ursache ultraviolette Strahlung - und zwar unabhängig davon, ob die UV-Strahlen von der Sonne oder aus dem Solarium stammen. Daher sind Menschen mit empfindlicher heller Haut gefährdeter, als solche mit dunkler.
Anders als beim Basalzell- und Stachelzellkrebs, deren Entstehung von einer über viele Jahre aufgenommene UV-Gesamtdosis abhängt, scheinen bei malignen Melanomen kurze, intensive UV-Belastungen wie Sonnenbrände mitverantwortlich zu sein.
Die aktuellen Daten der DDG zeigen zudem, dass der Hautkrebs nicht mehr nur ein Problem im hohen Alter ist. Immer mehr Patienten, die deutlich jünger als 60 sind, erkranken am gefährlichen malignen Melanom. Vor allem der Sonnenschutz von Kindern sollte ernst genommen werden, denn Sonnenbrände im Kindesalter erhöhen das Risiko, als Erwachsener an Hautkrebs zu erkranken.
"Wir beobachten seit einigen Jahren eine extreme Zunahme der schädlichen UV-B-Strahlung", sagt Christoph Skudlik, Dermatologe von der Universität Osnabrück. "In München können so zum Beispiel heute UV-B-Werte gemessen werden, wie man sie früher nur auf Sizilien fand."
Notwendig ist laut DDG neben der regelmäßigen Vorsorge der Erwachsenen auch die Aufklärung über den vernünftigen Umgang mit Sonne und Licht vor allem für Kinder.