Europäische Raumsonde „Solar Orbiter“ entdeckt bisher unbekanntes Phänomen auf der Sonne
Die Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ kommt der Sonne sehr nah und zeigt sie so, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat. Forschende entdecken einen„Igel“.
Frankfurt – Die Sonne ist der Mittelpunkt unseres Sonnensystems, doch nur wenige Raumsonden sind ihr bisher nahe gekommen. Eine Ausnahme ist „Solar Orbiter“, die Sonde der europäischen Raumfahrtorganisation Esa, die im Februar 2020 zur Sonne aufgebrochen ist. Im März flog sie in einem Abstand von nur etwa 48 Millionen Kilometern an der Sonne vorbei – das ist weniger als ein Drittel der Entfernung zwischen Erde und Sonne. „Nur drei Raumsonden sind der Sonne jemals nähergekommen – keine davon allerdings mit abbildenden Instrumenten, die auf die Sonne schauen“, heißt es beim Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen dazu.
„Solar Orbiter“ schaut mit sechs wissenschaftlichen Instrumenten in Richtung Sonne und untersucht Oberfläche, Atmosphäre und die Umgebung des Sterns im Zentrum unseres Sonnensystems. Weitere vier Instrumente konzentrieren sich auf die elektromagnetischen Felder und Teilchen, die die Raumsonde in der Nähe der Sonne umströmen.

Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ zeigt die Sonne so nah wie nie zuvor
Bei ihrem nahen Vorbeiflug an der Sonne waren sämtliche Instrumente der Raumsonde in Betrieb, um so viele Daten wie möglich zu sammeln. Trotz der großen Entfernung zwischen „Solar Orbiter“ und der Erde sind die ersten Daten bereits bei den Forschenden angekommen, weitere Daten werden noch erwartet, heißt es beim MPS. Die Esa gibt sich bereits jetzt begeistert. In einer Mitteilung heißt es, dass bereits jetzt klar sei, dass die Mission „die außergewöhnlichsten Einblicke in das magnetische Verhalten der Sonne liefert und auf die Art und Weise, wie die Sonne das Weltraumwetter beeinflusst“.
Je näher die Raumsonde der Sonne kommt, desto feinere Details können die Kameras erkennen. Am 26. März half der Zufall mit: „Solar Orbiter“ konnte mehrere Sonneneruptionen und einen auf die Erde gerichteten koronalen Massenauswurf aufnehmen und damit laut Esa „einen Vorgeschmack auf die Weltraumwettervorhersage in Echtzeit geben“. Dieses Unterfangen sei angesichts der Bedrohung die das Weltraumwetter (Stichwort: Sonnenstürme) für Technologie und Astronauten darstellt, immer wichtiger.
„Solar Orbiter“ fotografiert die Sonne: „Die Bilder sind wirklich atemberaubend“
„Die Bilder sind wirklich atemberaubend“, betont David Berghmans vom Königlichen Observatorium von Belgien, der eines der Instrumente an Bord der Raumsonde betreut. Die Aufgabe von Berghmans Team ist es nun, herauszufinden, was auf den Aufnahmen zu sehen ist – keine leichte Aufgabe, denn die aufgezeichneten Aktivitäten der Sonne sind in einem sehr kleinen Maßstab und konnten teilweise noch nie vorher beobachtet werden. In den Daten ist den Forschenden bereits ein besonders auffälliges Merkmal aufgefallen, das den Namen „Hedgehog“ (Igel) erhalten hat. Es breitet sich etwa 25.000 Kilometer quer über die Sonne aus und hat zahlreiche Spitzen aus heißem und kälterem Gas, die sich in alle Richtungen erstrecken.
Sonne im Fokus: „Solar Orbiter“ nimmt unerforschte Polarregionen auf
Auch die bisher weitgehend unerforschten Polarregionen der Sonne wurden von „Solar Orbiter“ aufgenommen. Beim nächsten nahen Vorbeiflug an der Sonne, der am 13. Oktober 2022 stattfinden soll, wird die Raumsonde noch etwas näher an den Stern heranrücken, um den sich die Erde dreht: Dann soll es nur noch die 0,29-fache Entfernung zwischen Sonne und Erde sein. Einige Wochen vorher, am 4. September 2022, soll „Solar Orbiter“ zum dritten Mal an der Venus vorbeifliegen.

Die Raumsonde hat ihre Mission an der Sonne gerade erst begonnen, doch für die Forschenden gibt es bereits jetzt viel zu tun: „Selbst wenn ‚Solar Obiter‘ morgen aufhören würde, Daten zu erfassen, wäre ich noch jahrelang damit beschäftigt, all diese Dinge herauszufinden”, erklärt David Berghmans in einer Esa-Mitteilung. „Wir sind von der Qualität der Daten unseres ersten Perihels begeistert”, betont Daniel Müller, Esa-Projektwissenschaftler für ‚Solar Orbiter‘, „Es ist kaum zu glauben, dass dies erst der Anfang der Mission ist. Wir werden in der Tat sehr beschäftigt sein.“ (tab)
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