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Abkehr von der Inzidenz: Neue Faktoren in der Beurteilung der Corona-Lage

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Von: Vincent Büssow

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Karl Lauterbach und Lothar Wieler.
In einer Pressekonferenz mit Karl Lauterbach erläuterte RKI-Präsident Lothar Wiehler, welche Corona-Faktoren in der Omikron-Welle wichtig sind. © Wolfgang Kumm/dpa

In der Omikron-Welle der Corona-Pandemie erreicht die 7-Tage-Inzidenz neue Höchstwerte. Trotzdem rückt der Messwert aus dem Fokus. Was steckt dahinter?

Frankfurt – Die 7-Tage-Inzidenz der Corona-Infektionen hat in Deutschland Werte erreicht, die zu Beginn der Pandemie kaum vorstellbar waren. Während die Höchstwerte im März 2020, zur Zeit der ersten Corona-Welle, bei etwa 40 lagen, werden in Zeiten der Omikron-Variante über 1000 Personen gemeldet, die sich in einer Woche mit dem Virus infiziert haben. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt soll der etablierte Messwert eine geringere Rolle bei der Lagebewertung der Pandemie einnehmen.

Bereits im Jahr 2021 begannen Verantwortliche in Bund und Ländern größeren Fokus auf andere Faktoren als die 7-Tage-Inzidenz zu legen. Um die tatsächliche Auslastung des Gesundheitssystems im Auge zu behalten, erlangten die Messwerte der Krankenhauseinweisungen sowie der Intensivpatienten an Relevanz. Am Donnerstag (27.01.2022) machte das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem Wochenbericht zur Corona-Lage in Deutschland nun gesondert darauf aufmerksam, dass die Erfassung der Corona-Infektionen in der aktuellen Situation nicht im Vordergrund steht.

Corona-WelleHöchststand der Inzidenz (Datum)
1. Welle44,2 (03.04.2020)
2. Welle217,2 (24.12.2020)
3. Welle174,1 (26.04.2021)
4. Welle485,2 (29.11.2021)
5. Welle11127,7 (Bisheriger Höchststand, 29.01.2021)

Omikron in Deutschland: Neuer Faktor bei der Bewertung der Corona-Lage

Der Grund für die weitere Abkehr von der 7-Tage-Inzidenz als Messwert für die Pandemie-Bewertung ist zum einen die Omikron-Variante, die inzwischen 95 Prozent der übermittelten Corona-Fälle in Deutschland ausmacht. Die Variante ist leichter übertragbar als Alpha und Delta, Studien deuten aber auf einen geringeren Anteil von schweren Krankheitsverläufen bei Omikron hin, wie das RKI in seinem Wochenbericht schreibt.

Dementsprechend ist eine hohe Inzidenz nicht ausschlaggebend für eine Überlastung des Gesundheitssystems. Stattdessen müsse nun „in erster Linie auf die Krankheitslast und die Krankheitsschwere“ geschaut werden, wie RKI-Präsident Lothar Wieler am Freitag (28.01.2022) in einer Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte. Die Corona-Situation in Deutschland soll in Zukunft also auch beurteilt werden, indem die Symptome von infizierten Personen genauer erfasst werden.

Omikron: Hohe Corona-Inzidenzen bringen Labore an Überleistungsgrenze

Die hohen Inzidenzen führen allerdings zu einem anderen Problem. So steigen die Zahlen von intensiv behandelten Corona-Patienten zwar aktuell nicht an, die Testkapazitäten werden jedoch knapp, wie aus einer Meldung des Verbands Akkreditierter Labore in der Medizin vom Dienstag (25.01.2022) hervorgeht. Da die Labore, in denen PCR-Tests ausgewertet werden, fast ausgelastet sind, hat die Corona-Konferenz von Bund und Ländern zuletzt beschlossen, die zuverlässigeren Tests priorisiert Risikogruppen zur Verfügung zu stellen. Dies ist ein weiterer Grund für die Abkehr der 7-Tage-Inzidenz, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete.

Laut dem Wochenbericht des RKI ist die Tatsache, dass aufgrund der geringeren Test-Kapazitäten „nicht mehr jeder Einzelfall im Meldesystem erfasst wird“, kein Problem. So soll basierend auf etablierten, ergänzenden Instrumenten eine „zuverlässige Einschätzung der Gesamtentwicklung der epidemiologischen Situation“ gewährleistet werden. (vbu)

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