Mars: Warum 2020 gleich vier Missionen zum roten Planeten aufbrechen
Der Mars bekommt geballt Besuch: Gleich vier Missionen wollen ein günstiges Startfenster 2020 nutzen. Neben Nasa und Esa sind auch zwei „Mars-Neulinge“ dabei.
- Im Jahr 2020 sollen gleich vier Missionen zum Mars* aufbrechen, um ihn zu erforschen
- Im Juli und August 2020 stehen Erde und Mars so günstig zueinander, dass der Flug besonders kurz ist
- Neben Nasa und Esa planen China und die Vereinigten Arabischen Emirate Mars-Missionen
In Forschungseinrichtungen in aller Welt wird gerade fieberhaft auf den Sommer 2020 hingearbeitet. Dann sollen gleich vier ganz unterschiedliche Missionen zum Mars aufbrechen, um ihn weiter zu erforschen. Im Fokus stehen die Monate Juli und August 2020: In dieser Zeit stehen Mars und Erde so günstig zueinander, dass der Flug zum Mars nur zwischen sechs und zehn Monaten dauert.
Dieses günstige Startfenster öffnet sich alle 26 Monate für etwa vier bis sechs Wochen, wer es verpasst, muss wieder mehr als zwei Jahre warten – oder einen deutlich längeren und damit teureren Flug zum Mars in Kauf nehmen. Dieses Mal sind es gleich vier Missionen, deren Starts für 2020 angekündigt sind: die US-Raumfahrtorganisation Nasa möchte mit dem noch unbenannten „Mars 2020“-Rover einen Nachfolger für „Curiosity“ zum roten Planeten schicken. Die Esa plant in Kooperation mit Russland die „ExoMars“-Mission zu vervollständigen: Zum bereits im Marsorbit befindlichen „Trace Gas Orbiter“ (TGO) soll jetzt der Rover „Rosalind Franklin“ auf dem Mars landen.
Erforschung des Planeten Mars: Nasa und Esa haben bereits Erfahrung
Sowohl Nasa als auch Esa haben bereits Erfahrungen in Sachen Mars-Erforschung: Die Esa kontrolliert derzeit zwei Sonden, die den Mars umkreisen („Mars Express“ und TGO), europäische Landemissionen sind dagegen immer schiefgegangen – zuletzt die Landung von „Schiaparelli“ im Jahr 2016. Die Nasa hat die meiste Erfahrung: Ihr gelang mit „Viking 1“ im Jahr 1976 die erste weiche Landung auf dem Mars – es sollten viele weitere Missionen folgen. Zu den bekanntesten zählen „Pathfinder“ und „Sojourner“, die Zwillingsrover „Spirit“ und „Opportunity“ und natürlich „Curiosity“, der einzige Nasa-Rover, der derzeit noch auf dem Mars aktiv ist. Zuletzt ist der Lander „InSight“ dazugekommen, der Ende 2018 auf dem Mars gelandet ist.
Gegen dieses geballte Mars-Knowhow sehen die anderen beiden Nationen, die 2020 zum Mars aufbrechen wollen, blass aus: China versucht sich erstmals am roten Planeten. Die Nation hat bereits einige Erfahrung mit weichen Landungen auf dem Mond gesammelt, aber der Mars ist Neuland für China. Noch deutlich unerfahrener ist der Vierte im Bunde: Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) können bisher keinerlei Raumfahrt-Erfahrung nachweisen. Sie wollen versuchen, eine Sonde in der Umlaufbahn des Mars zu platzieren.
Herausforderung für die Raumfahrt: Es ist schwierig, auf dem Mars zu landen

Weil der Mars bereits seit frühesten Zeiten erforscht wird, weiß man einiges über ihn. Unter anderem auch, dass es äußerst schwierig ist, dort zu landen. Nach Angaben der Nasa waren bisher nur 40 Prozent aller zum Mars gestarteten Missionen erfolgreich. Besonders die Landung hat es in sich: Der atmosphärische Druck auf dem Mars beträgt weniger als ein Prozent des Drucks der Erde. Das führt dazu, dass Raumsonden sehr schnell zu Boden fallen und in kürzester Zeit sehr stark abgebremst werden müssen.
Ein weiteres Problem liegt an der großen Entfernung zwischen Erde und Mars: Die Kommunikation zwischen Kontrollzentrum und Raumsonde kann aufgrund der Entfernung nicht in Echtzeit stattfinden. Sonden müssen die Landung autonom durchführen – komme, was wolle. „Es gibt einen Grund, warum Ingenieure die Landung auf dem Mars „Sieben Minuten des Terrors“ nennen“, erklärte Rob Grover, der für die Landephase des Mars-Landers „InSight“ zuständig war, vor dessen erfolgreicher Landung 2018.
Die Nasa hat gegenüber den anderen Mars-Missionen einen Vorteil, den sie nutzen wird: „Curiosity“. Der Rover ist im August 2012 erfolgreich auf dem roten Planeten gelandet und erkundet ihn immer noch. Das Design von „Curiosity“ bildet nun die Basis des neuen Rovers, der noch keinen offiziellen Namen hat und vorübergehend „Mars 2020“-Rover heißt.
„Mars 2020“-Rover steht auf eigenen Rädern
Mars-Rover der Nasa soll Kohlendioxid in Sauerstoff umwandeln
Der Nasa-Rover verwendet unter anderem denselben Typ Hitzeschild, der bei „Curiosity“ seine Aufgabe gut erfüllte. Auch die „Sky Crane“ genannte Landetechnik wird übernommen, genau wie das Fahrgestell von „Curiosity“. Einzig die Räder und die wissenschaftlichen Experimente unterscheiden sich. Die Räder wurden verbessert, so dass sie robuster sind. Zu den wissenschaftlichen Experimenten zählt unter anderem die „Supercam“, die neben dem Fotografieren auch noch chemische und mineralische Analysen durchführen kann. Sie soll schon aus der Ferne organische Verbindungen in Marsgestein erkennen können.
Ein bodendurchdringendes Radar mit hoher Auflösung soll die geologischen Strukturen im Untergrund des Mars erforschen, während verschiedene Sensoren Werte wie Temperatur oder Windgeschwindigkeit messen sollen. Besonders interessant: Das Experiment „MOXIE“ soll Kohlendioxid aus der Atmosphäre in Sauerstoff umwandeln. Dabei handelt es sich um eine Technologie-Demonstration, die in Vorbereitung künftiger bemannter Mars-Missionen gedacht ist.
„Mars 2020“-Rover bringt einen kleinen Helikopter auf den Planeten Mars
Der „Mars 2020“-Rover wird außerdem einen kleinen Helikopter auf die Oberfläche bringen. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Technologiedemonstration. Der Helikopter ist unter dem „Bauch“ des Rovers befestigt und soll erst einmal nur demonstrieren, dass ein autonomer, kontrollierter Flug in der sehr dünnen Mars-Atmosphäre möglich ist. Sollte das gelingen, dürften in Zukunft auch Fluggeräte zum Mars gebracht werden.

Das Missionsziel des „Mars 2020“-Rovers liest sich ähnlich wie die Ziele der vorhergehenden Mars-Rover: Er soll herausfinden, ob der Mars einst Leben beherbergen konnte. Außerdem will die Nasa herausfinden, ob es in erreichbarem geologischem Material konservierte Biosignaturen gibt. Der Rover soll Proben entnehmen, die bei einer möglichen künftigen Mission zur Erde zurückgebracht werden sollen.
Esa und Roskosmos wollen „ExoMars“-Mission vollenden
Das europäische Pendant zur Nasa, die europäische Raumfahrtorganisation Esa, möchte gemeinsam mit der russischen Raumfahrtorganisation Roskosmos die 2016 begonnene „ExoMars“-Mission vollenden. 2016 wurde der „Trace Gas Orbiter“ (TGO) in eine Mars-Umlaufbahn gebracht, die Landung des Test-Rovers „Schiaparelli“ ging allerdings schief. Das soll dieses Mal besser laufen: Der Rover namens „Rosalind Franklin“ soll 2020 von einer russischen Rakete Richtung Mars befördert werden. Die Mission, die auf mindestens sieben Monate ausgelegt ist, besteht aus dem russischen Landemodul „Kazachok“ und dem Esa-Rover „Rosalind Franklin“. Der Rover soll vier Kilometer auf dem Mars zurücklegen, die Kommunikation mit der Erde über TGO als Relais laufen.
Der Rover hat als Instrumente unter anderem eine Panoramakamera an Bord. Sie soll bei der Navigation helfen und gleichzeitig nach Signaturen von früheren biologischen Aktivitäten suchen, die noch auf der Oberfläche des Mars zu sehen sind. Außerdem sind unter anderem ein Infrarot-Spektrometer und ein bodendurchdringendes Radar dabei. Der zweite Teil der „ExoMars“-Mission wurde bereits von 2018 auf 2020 verschoben – und auch dieses Mal ist es noch nicht ganz klar, ob die Mission tatsächlich wie geplant stattfinden wird: Bei den Tests der Fallschirme, die die Landung von „Rosalind Franklin“ abbremsen, kam es mehrfach zu Problemen, die die Esa in den Griff bekommen muss, bevor der Rover tatsächlich zum roten Planeten aufbrechen kann.
China bricht 2020 erstmals zum Planeten Mars auf
Während die europäische Raumfahrt bereits gewisse Erfahrungen mit dem Mars hat, bricht China 2020 erstmals zum Mars auf. Eine Rakete vom Typ „Langer Marsch 5“ soll die Sonde „Tianwen-1“ im Juli oder August 2020 zum Mars schießen. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Mars-Orbiter, -Lander und -Rover, die vor allem dazu dient, Technologien zu erproben. Da die chinesische Raumfahrt bisher nur den Mond besucht hat, sind die Ziele der Mission sehr grundlegend: den Abstieg durch die Mars-Atmosphäre schaffen und die schwierige Landung auf dem roten Planeten meistern. Außerdem gehört die Herausforderung dazu, dass Rover und Lander weitgehend autonom agieren müssen.
Gelingt die Landung, soll „Yinghuo-2“ die Topografie und die geologische Zusammensetzung des Mars erforschen und hochauflösende Karten von ausgewählten Gebieten erstellen. Außerdem ist geplant, das Marsgestein zu untersuchen und herauszufinden, wie Wassereis darin verteilt ist. Auch grundlegende Messungen zählen zu den Aufgaben der Mission: Ionosphäre, Weltraumwetter und das Oberflächenwetter des Mars sollen beobachtet werden. Die innere Struktur ist ebenfalls von Interesse: Die Mission soll das Magnetfeld und das Schwerefeld des Mars messen und seine geologische Frühgeschichte erkunden. Dazu haben Orbiter und Rover zahlreiche wissenschaftliche Instrumente an Bord.
China testet für die erste Mars-Mission
Vereinigte Arabische Ermirate starten 2020 erste Mars-Mission
Besonders spannend ist die Mars-Mission der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Die Raumsonde „al-Amal“ („Hope“) soll mit einer japanischen Trägerrakete ins All befördert werden. Gelingt das, wäre „Hope“ die erste Mars-Mission eines westasiatischen Landes und eines Landes mit einer muslimischen oder arabischen Bevölkerungsmehrheit. Der Name der Mission wurde ausgewählt, weil er „eine Nachricht des Optimismus an Millionen junge Araber schickt“, sagte Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktum, der Herrscher des Emirats Dubai und Premierminister der VAE bei der Vorstellung des Namens.
Die Sonde „Hope“ der VAE soll den Mars 2021 erreichen – pünktlich zum 50. Jahrestag der Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate. An der Mission ist ein Team emiratischer Ingenieure gemeinsam mit ausländischen Forschungsinstituten beteiligt. Die Aufgabe, die die Mars-Sonde erfüllen soll, sind verhältnismäßig einfach: Sie soll das tägliche Klima und saisonale Klimazyklen auf dem Mars untersuchen, genau wie Wetterereignisse in der niedrigen Mars-Atmosphäre. Außerdem soll „Hope“ erforschen, wie der Mars einen Großteil seiner Atmosphäre verloren hat.
2020 wird ein spannendes Jahr für die Raumfahrt – und 2021 wird dem in nichts nachstehen: Vorausgesetzt, alles läuft wie geplant, erreichen die vier Missionen im Frühjahr 2021 den Mars und beginnen mit ihrer Arbeit. Viele Forscher freuen sich bereits jetzt auf die neuen Daten vom Mars – denn der rote Planet interessiert die Menschheit schon seit Urzeiten.
Steckbrief: Mars - der rote Planet
Der Mars ist – von der Sonne aus gezählt – der vierte Planet in unserem Sonnensystem und ein Nachbar der Erde. Er gilt als erdähnlicher Planet. Der Mars ist etwa halb so groß wie die Erde – er ist nach Merkur der zweitkleinste Planet des Sonnensystems.
Zwei Monde umkreisen den roten Planeten: Phobos und Deimos. Die Temperaturen auf dem Mars reichen von minus 133 Grad Celsius bis hin zu plus 27 Grad Celsius. Benannt ist Mars nach dem römischen Kriegsgott – unter anderem wegen seiner roten Farbe, die auch am Nachthimmel mit bloßem Auge zu erkennen ist.
Aktuelle Forschung rund um den Planeten Mars
Gibt es Leben auf dem Mars? Das ist die große Frage, die sich Forscher stellen. Der Nasa-Chefwissenschaftler Jim Green ist davon überzeugt, dass Forscher die Antwort auf die Frage nach Leben auf dem Mars bald finden* - die Wissenschaft aber nicht darauf vorbereitet ist. Ein an der „Viking“-Mission der Nasa beteiligter Forscher sieht das etwas anders: Er ist davon überzeugt, dass die Nasa bereits 1976 Leben auf dem Mars gefunden hat*.
Der Mars gibt Forschern auch immer wieder Rätsel auf. Aktuell rätseln Wissenschaftler über ein Phänomen, das sie mit Hilfe des Mars-Landers „InSight“ entdeckt haben: Das Magnetfeld des Mars pulsiert gelegentlich* - und zwar um Mitternacht. Ein anderes Mysterium, das Forscher sich bisher nicht erklären können: Mit Hilfe des Rovers „Curiosity“ haben Wissenschaftler herausgefunden, dass der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre des Mars schwankt. Woher kommt der Sauerstoff auf dem Mars - und wohin verschwindet er wieder?*
Eine Frage konnten Forscher mit Hilfe des europäischen „Trace Gas Orbiters“ (TGO) beantworten: Wie verliert der Mars sein Wasser? Der Mars-Orbiter TGO hat in der Atmosphäre des roten Planeten außerdem ein Phänomen entdeckt, das seit 40 Jahren dort vermutet wird: Die Mars-Atmosphäre leuchtet grün*.
Von Tanja Banner
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