Mars: So soll der Rote Planet für Menschen bewohnbar werden

Der Mars ist für Menschen lebensfeindlich. Doch ein britisches Forschungsteam hat eine Idee: Eine künstliche Magnetosphäre für den roten Planeten.
Oxford – In der Science-Fiction sind Marskolonien ja schon seit Jahrzehnten Realität. Aber könnte unser roter Nachbar tatsächlich zu einer zweiten Heimat für unsere Spezies werden, zu einem Ort, wo sich Menschen ohne dicke Anzüge, mächtige Helme, massiven Strahlenschutz und andere künstliche Systeme frei bewegen können? Ein Team um die Physikerin Ruth Bamford von der University of Oxford (Großbritannien) hat eine Idee, wie man den Mars bewohnbarer machen könnte: In einer im Fachmagazin „Acta Astronautica“ publizierten Studie legen die Forschenden dar, auf welche Weise man dem roten Planeten zu einem künstlichen Magnetfeld verhelfen könnte, das wie ein Strahlenschutzschild wirkt. Bei ihren Überlegungen spielt der Marsmond Phobos eine entscheidende Rolle.
Stand heute scheinen einer Besiedelung des Mars enorme Hürden im Weg zu stehen. Zwar gehört er zur Klasse der erdähnlichen Planeten, sein Tag ist etwa so lange wie der auf der Erde, und unter der Oberfläche gibt es gefrorenes Wasser. Gleichwohl herrschen auf der Oberfläche eher lebensfeindliche Bedingungen. Es ist deutlich kälter als auf der Erde, die Atmosphäre besteht zu 95 Prozent aus Kohlendioxid.
Bisher ist der Mars lebensfeindlich – Hohe Hürden zur Besiedelung
Eine langfristige menschliche Präsenz auf dem Mars würde also ein „Terraforming“ benötigen, schreiben die Oxforder Physikerinnen und Physiker in ihrer Studie. Unter diesem Begriff versteht man die Umformung eines Planeten in einen bewohnbaren Himmelskörper mit Hilfe zukünftiger Technologien. Das Schaffen einer atembaren Luft und die Versorgung mit Nahrungsmitteln wäre zumindest aufwendig, die geringere Schwerkraft vermutlich gewöhnungsbedürftig.
Der Mars besitzt kein schützendes Magnetfeld – Menschen wären starker Strahlung ausgesetzt
Eines der größten Probleme auf dem Mars besteht jedoch in der starken Strahlung, der Menschen dort ausgesetzt wären. Denn anders als die Erde verfügt der rote Planet nur über eine dünne Atmosphäre und besitzt kein schützendes Magnetfeld. Beides hängt miteinander zusammen. Ohne eine starke umgebende Magnetosphäre kann der Mars auf Dauer auch keine dichte Atmosphäre halten. Tatsächlich verfügte der rote Planet früher sogar über eine dicke, wasserreiche Atmosphäre, ohne den Schutz eines Magnetfeldes wurde sie jedoch immer mehr durch Sonnenwinde abgetragen und war irgendwann erschöpft.
Vor allem gelangen ohne Schutzschild gefährliche Strahlen nahezu ungehindert auf die Oberfläche. Denn die Aufgabe des Magnetfeldes ist es, seinen Planeten vor Sonnenwind und hochenergetischen ionisierenden Teilchen sowohl von der Sonne als auch aus den Tiefen des Universums abzuschirmen. Auf der Erde kommt deshalb nur ein Bruchteil der kosmischen Strahlen an, sie werden vom Magnetfeld abgefangen und abgelenkt. So ergaben Messungen des Marsrovers „Curiosity“ der US-Raumfahrtbehörde Nasa eine durchschnittliche Strahlendosis von 77 Mikrosievert pro Stunde während des Flugs zur Oberfläche des Mars und 26 Mikrosievert pro Stunde auf der Oberfläche. Zum Vergleich: Auf der Erde bewegen sich die Werte zwischen 0,05 und 0,2 Mikrosievert pro Stunde.
Magnetfeld der Erde auf dem Mars nachbilden? Gar nicht so einfach
Nun lässt sich das Magnetfeld der Erde freilich nicht so einfach nachbilden. Es entsteht durch einen Dynamoeffekt im metallischen Erdkern, der wiederum durch die Rotation der Erde in Kombination mit der plattentektonischen Bewegung zustande kommt. Auf dem Mars funktioniert das nicht, denn sein Inneres ist kleiner und kälter.
Was also stellen sich die Physikerin Ruth Bamford und ihr Team vor, wenn sie von einer „künstlichen Magnetosphäre“ für den Mars schreiben? Die vorgeschlagene „optimale Lösung“ sei „völlig neuartig“, schreiben sie. In ihrem Modell soll Phobos, der größere von zwei Marsmonden, für den Aufbau eines Magnetfelds eingesetzt werden. Er befindet sich wie der Erdtrabant in einer gebundenen Rotation um seinen Planeten, den er alle acht Stunden umkreist. Der Abstand zur Oberfläche beträgt gerade einmal 6000 Kilometer.

Das wollen die Forschenden nutzen, um einen Plasmatorus, einen „künstlich geladenen Teilchenring“ rund um den Mars aufzubauen. Das Vorbild für diesen Strahlungsgürtel ist der Mond Io, der einen solchen Ring um den Gasriesen Jupiter bildet. Zu diesem Zweck sollen Partikel auf Phobos ionisiert und beschleunigt werden, sodass sie einen Plasmaring entlang der Umlaufbahn des Mondes bilden. Dadurch wiederum müsste nach Überzeugung von Bramford und ihrem Team ein Magnetfeld erzeugt werden, dass stark genug sein müsste, um die Atmosphäre des Mars zu schützen. Nach Ansicht der Studienautorinnen und -autoren ist das „die Lösung mit der geringsten Leistung, Anordnung und Masse“.
Mars durch Terraforming bewohnbar machen: „Beginn einer neuen Ära“
Das alles klingt zwar plausibel, aber auch extrem aufwendig und so, als ob es mit den heutigen Möglichkeiten nicht umzusetzen wäre. Aber sollten die Menschen damit beginnen, den Mars durch Terraforming bewohnbar zu machten, so sollten sie auf die Probleme vorbereitet sein und Ideen zur Lösung parat haben, schreiben die Oxford-Physikerinnen und -Physiker: „Jetzt beginnt eine neue Ära der Weltraumforschung, und es ist an der Zeit, über neue und kühne Zukunftskonzepte nachzudenken“.
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Es müsse auch nicht gleich die Kolonisierung des Mars gedacht werden. Die in der Studie untersuchten Prinzipien ließen sich auch auf Projekte einige Nummern kleiner anwenden. So könnten auch bemannte Raumfahrzeuge, Raumstationen oder Mondbasen von der Schaffung schützender Mini-Magnetosphären profitieren. (Pamela Dörhöfer)