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Klimawandel macht auch der Bahn zu schaffen

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Von: Jörg Staude, Friederike Meier

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Anfang 2018 sorgte Sturmtief „Friederike“ für große Schäden, hier an der ICE-Trasse zwischen Hannover und Göttingen.
Anfang 2018 sorgte Sturmtief „Friederike“ für große Schäden, hier an der ICE-Trasse zwischen Hannover und Göttingen. © dpa

Tropische Temperaturen, Sturm, Starkregen: Auch die Deutsche Bahn hat mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen.

Durch Hitze verbogene Schienen, Bäume auf den Gleisen, unterspülte Bahndämme. Das sind Folgen des Klimawandels, mit denen die Bahn in Zukunft häufiger zu kämpfen haben könnte.

Laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung im Auftrag der Deutschen Bahn weisen Beobachtungen darauf hin, dass sich die größte Häufigkeit von Stürmen vom Winter in die übrigen Monate verschieben könnte – also hin zu Zeiten, in denen Bäume Laub tragen und leichter umstürzen. In Kombination mit Starkregen, der den Boden durchweicht, könnten dann auch gesunde Bäume öfter umfallen – und zum Beispiel Bahngleise blockieren. Weil die Daten aber gleichzeitig zeigen, dass die absolute Zahl der Tage mit Stürmen abnimmt, sehen die Potsdamer Wissenschaftler hier noch Forschungsbedarf. Auch Starkregen soll laut der Studie häufiger werden – dadurch können Bahndämme unterspült werden. Zudem nehmen die Hitzetage zu – ihre Zahl hat sich seit 1961 im Schnitt fast verdoppelt.

Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber fasst die Folgen des Klimawandels für die Bahn so zusammen: „Die Bahn ist fast überall in Deutschland aktiv – das ist ihre große Stärke, aber dadurch ist sie auch besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels.“ Egal wo lokale Wetterextreme zuschlagen, so Schellnhuber, sie träfen fast immer auch die Bahn.

Um sich besser an heiße Tage anzupassen, haben sich die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) eine Methode von ihren italienischen Kollegen abgeschaut: Sie färben die Schienen weiß, damit sie sich nicht mehr so stark aufheizen. Seit Betonschwellen im Gleisbau eingesetzt werden, sei es eigentlich immer seltener vorgekommen, dass sich Gleise in der Hitze verwerfen, erklärt ÖBB-Sprecherin Juliane Pamme gegenüber der Frankfurter Rundschau.

Bahn testet Wirksamkeit von weißer Farbe auf den Schienen

Der Trend habe sich jedoch vor einigen Jahren umgekehrt. „Aufgrund der Hitze, die in den letzten Jahren immer mehr Extremwerte und noch nie gemessene Temperaturen aufwies, haben die Gleisverwerfungen wieder zugenommen“, so Pamme. Zudem würden diese Verwerfungen „spontan passieren“, die Auswirkungen auf den Zugverkehr und auf die Pünktlichkeit seien sehr groß. Meist müsse das Gleis gesperrt werden.

Dass Züge auch bei Kälte und Hitze fahren müssen – darauf ist die Bahn im Alpenland im Grunde eingestellt. Das Netz sei auf eine Schienentemperatur von minus 30 bis plus 60 Grad Celsius ausgelegt, sagt Pamme. Um die Spannungen zu begrenzen, würden die Schienen bei einer Temperatur von 24 bis 26 Grad Celsius verlegt und verschweißt. Bei dieser sogenannten „Neutraltemperatur“ sei die Schiene praktisch spannungslos.

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Dass die ÖBB seit Anfang Juli dennoch die weiße Schiene auf einer fünf Kilometer langen Strecke testet, zeigt, wie groß das Hitzeproblem ist. Untersuchungen haben dem Bahnunternehmen zufolge ergeben, dass eine weiße Oberfläche die Temperaturen in der Schiene um etwa fünf bis acht Grad Celsius verringern kann.

Die weiß-matte Farbe muss allerdings bei starker Verschmutzung regelmäßig erneuert werden. Dafür fährt ein eigens entwickelter ÖBB-Sprühzug die Strecke in Schrittgeschwindigkeit ab.

Auch in Deutschland ist man auf das Problem aufmerksam geworden. Seit Ende vergangenen Jahres testet die Bahn die Wirksamkeit von weißer Farbe auf den Schienen. Seit Anfang Juli läuft ein Versuch auf einem Testgelände bei Magdeburg. Die ersten Ergebnisse seien vielversprechend, sagt eine Sprecherin der Deutschen Bahn der FR. „Jetzt geht es darum zu klären, wie beispielsweise die Haltbarkeit der Farbe, die Abnutzung und das Auftragen unter realen Bedingungen aussehen würden.“

Auch auf mehr umstürzende Bäume stellt sich die Bahn ein: „Extremwetterlagen mit Auswirkungen auf das System Schiene haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen“, so die Sprecherin. Immer häufiger sorgten schwere Stürme für hohe Schäden an den Gleisen und Anlagen und auch für Zugausfälle und Verspätungen.

Bahn startet neues System zur digitalen Überwachung

Die Bahn will deshalb ihr Vegetationsmanagement ausbauen und stellt bis zum Jahr 2024 rund 660 Millionen Euro für Grünarbeiten entlang der Schienen zur Verfügung – 160 Millionen mehr als ursprünglich geplant. In fünf Jahren will die Bahn damit unter anderem das gesamte Schienennetz sechs Meter links und rechts der Gleise durcharbeiten.

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Außerdem hat die Bahn ein neues System zur digitalen Überwachung gestartet. Punktuell werden bereits Drohnen und Helikopter eingesetzt, um zu sehen, in welchem Zustand der Wald um die Bahnschienen ist.

Jedoch hat der Klimawandeln nicht nur negative Auswirkungen: Laut der Studie des PIK werden die Winter im Mittel wärmer. Das könne sich positiv auf die Fahrzeugverfügbarkeit, die Infrastruktur und den Bausektor auswirken.

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