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„Alarmierend“: Temperaturen in Europa steigen doppelt so schnell wie im Rest der Welt

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Von: Ulrike Hagen

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2022 erlebte Europa den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen, so der europäische Klimabericht. Nirgendwo auf der Welt zeigt sich der Klimawandel dramatischer.

Frankfurt – Laut einem heute veröffentlichten Bericht des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus war der Sommer 2022 in Europa der heißeste und das Jahr das zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Report über den Zustand des europäischen Klimas, „European State of the Climate“, (ESOTC) zeigt zudem, dass die Temperaturen in Europa doppelt so schnell ansteigen wie im globalen Durchschnitt.

Dürre in Spanien: Der Wasserstand im Sau-Stausee etwa 100 Kilometer nordöstlich von Barcelona ist deutlich gesunken.
2022 erlebte Europa den heißesten Sommer und das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, so der europäische Klimabericht. (Symbolfoto) © Emilio Morenatti/dpa

„Alarmierend“: Temperaturen in Europa steigen doppelt so schnell wie sonst auf der Welt

Ob Mondlandschaften am Gardasee, der mit seinem Wasserstand traurige Rekorde schreibt oder „Wüstenklima“ und verheerende Waldbrände in Südfrankreich – Europa wartete in den vergangenen Monaten mit dramatischen Meldungen auf. In Bezug auf den Klimawandel stellen auch die Daten neue Negativrekorde auf. 2022 war in Europa das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, mit 0,9 Grad über dem Durchschnitt. Der Sommer war 1,4 Grad heißer als im Mittel und der wärmste überhaupt seit Beginn der Messungen.

„Der Bericht zeigt alarmierende Veränderungen unseres Klimas auf, einschließlich des heißesten jemals in Europa verzeichneten Sommers, der durch beispiellose Hitzewellen im Mittelmeer und rekordverdächtige Temperaturen in Grönland gekennzeichnet war“, so Carlo Buontempo, Direktor des Copernicus-Klimawandeldienstes.

Grafische Darstellung Europa-Karte: Anomalien der durchschnittlichen Oberflächenlufttemperatur im Jahr 2022 (Referenzzeitraum 1991–2020)
Das Jahr 2022 war das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. In Europa steigen die Temperaturen besonders schnell. © C3S/ECMWF

Klimakrisenherd Europa: Sommer 2022 der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen

Die größten Temperaturausschläge nach oben wurden dabei im Nordosten Skandinaviens, also vor allem Finnland und Norwegen, sowie in den Anrainerstaaten des nordwestlichen Mittelmeers, etwa Spanien, Frankreich und Italien, gemessen. „Damit hält der langfristige Trend zu höheren Oberflächentemperaturen über den europäischen Landregionen an“, so die besorgniserregende Bilanz des Copernicus Climate Change Service.

Das Klima, das uns erwartet, wird sehr, sehr anders sein als das Klima, in dem wir aufgewachsen sind.

Carlo Buontempo, Direktor des Copernicus-Klimawandeldienstes

Weltweit waren die letzten acht Jahre ohnehin die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Europa hat sich jedoch in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt noch schneller erwärmt als jeder andere Kontinent. Der Klimawandel zeigt sich hier noch dramatischer als anderswo.

Diagramm-Darstellung: Anomalien der durchschnittlichen Temperatur in den Sommermonaten im Jahr 2022 (Referenzzeitraum 1991–2020)
Europa erlebte 2022 den heißesten Sommer der Messgeschichte: Er übertraf den bisherigen Rekordsommer 2021 um fast ein halbes Grad. © C3S/ECMWF/KNMI

Dürre in Europa: Kaum Niederschläge, trockengelegte Flüsse und verheerende Waldbrände

Doch nicht nur die Temperaturen, auch die Trockenheit war im vergangenen Jahr rekordverdächtig. Geringe Niederschläge im Winter 2021/22 und im darauffolgenden Frühjahr und Herbst führten zu Dürre in den Böden. 63 Prozent der Flüsse in Europa hatten einen niedrigeren Wasserstand als im Durchschnitt, was den Flusspegel insgesamt zum zweitniedrigsten der letzten fünf Jahrzehnte machte, so der Bericht. In Südwesteuropa gab es eine überdurchschnittlich hohe Waldbrandgefahr, die zu großen Bränden führte. Die Forscher berichten, dass diese Feuer zu einem erheblichen Anstieg der Emissionen beigetragen hat.

Experten warnen: Weiterer Weckruf – „Wir müssen handeln!“

Und die Tendenz scheint sich auch in diesem Jahr fortzusetzen: Weil die Trockenheit der Natur schon jetzt zusetzt, werden Grillverbote diskutiert. „Das Klima, das uns erwartet, wird sehr, sehr anders sein als das Klima, in dem wir aufgewachsen sind“, erklärte der Direktor des Copernicus-Programms Carlo Buontempo gegenüber Medienvertretern. „Wir wissen, was die Gründe für den Klimawandel sind, und müssen handeln – dieser Bericht sollte als weiterer Weckruf verstanden werden.“

Der „European State of the Climate“, der jedes Jahr veröffentlicht wird, wird von anerkannten internationalen Forschungseinrichtungen und Universitäten erstellt. Er beruht auf Messungen des europäischen Erdbeobachtungsprogramms, das mithilfe von Satelliten umfassende Daten über das Klimasystem, die Umwelt und die Atmosphäre sammelt. (Ulrike Hagen)

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