Studie: Intervallfasten kann Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken

Intervallfasten kann laut einer neuen Studie positive Effekte für die Gesundheit haben. Andere Forscher sind aber skeptisch.
Das Intervallfasten gehört zu jenen Trenddiäten, die sich bereits seit einigen Jahren halten. Versprochen wird das Übliche: Wer durchhält, soll mit einer dauerhaften Gewichtsabnahme und einer besseren Gesundheit belohnt werden. Wissenschaftler haben sich das Intervallfasten deshalb bereits vorgenommen und daraufhin untersucht. Bislang fielen die Ergebnisse allerdings eher so aus, dass sie allzu hohe Erwartungen dämpften.
So ergab Anfang des Jahres eine große Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg*, dass Intervallfasten zwar die Kilos purzeln lässt und das ungesunde Bauchfett verringert, dabei aber nicht besser oder schlechter ist als andere Diäten auch.
Forscher der Universität Graz sehen das anders. Nach Abschluss einer eigenen Forschungsarbeit sind sie zu der Ansicht gekommen, dass Intervallfasten geeignet wäre, in Kliniken eine Standardmethode der Gewichtsreduktion zu werden. Zudem könne es das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken und deshalb eingesetzt werden, um diesen verbreiteten Volksleiden vorzubeugen. Die Ergebnisse ihrer Analyse haben die Wissenschaftler im Fachjournal „Cell Metabolism“ veröffentlicht.
Intervallfasten führt dazu, dass die Studienteilnehmer abnehmen
Die Grazer Forscher hatten in einer klinischen Studie mit normalgewichtigen Erwachsenen die Auswirkungen eines vierwöchigen und eines sechs Monate andauernden Intervallfastens untersucht. Der Versuchszeitraum selbst dauerte vier Wochen. Das Intervallfasten wurde so praktiziert, dass die Teilnehmer 36 Stunden lang – einen Tag und zwei Nächte – nichts zu sich nahmen und dann zwölf Stunden lang normal aßen. Was dabei herauskam, verglichen die Wissenschaftler mit einer Kontrollgruppe, deren Teilnehmer an ihrem Essverhalten nichts grundlegend änderten. Sie senkten lediglich die Kalorienzufuhr minimal – um etwa acht Prozent.
Wie zu erwarten, nahmen die Intervallfastenden deutlich mehr ab: Im Schnitt reduzierten sie während des Versuchszeitraums von vier Wochen ihre Kalorienaufnahme durchschnittlich um 37,4 Prozent, was im Mittel zu einem Gewichtsverlust von dreieinhalb Kilogramm führte. Die Menschen in der Kontrollgruppe, die fast genauso weitergegessen hatten wie immer, nahmen durchschnittlich nur 200 Gramm in vier Wochen ab.
Auch die Werte des Herz-Kreislauf-Systems verbessern sich beim Intervallfasten
Doch die Fastendiät wirkte sich nicht allein auf die Anzeige auf der Waage aus: Nach Angaben der Wissenschaftler verbesserten sich auch die kardiovaskulären Werte – also jene, die relevant für das Herz-Kreislauf-System sind – sowie die Konzentration verschiedene Marker im Blut, die im Zusammenhang mit Langlebigkeit stehen sollen. Unerwünschte Nebenwirkungen brachte das Intervallfasten hingegen nicht mit sich – auch nicht bei jenen Teilnehmern, die es bereits ein halbes Jahr eingehalten hatten.
Andere Wissenschaftler sehen die Ergebnisse aus Graz gleichwohl kritisch. So moniert Tilman Kühn, Leiter der Arbeitsgruppe Epidemiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum, dass als Kontrollgruppe Menschen herangezogen wurden, die keine Diät einhielten. „Ein direkter Vergleich mit einer herkömmlichen Kalorienreduktion fehlte, sodass keine Aussagen dazu getroffen werden können, ob das alternierende Fasten besser ist als herkömmliche Methoden zur Kalorienreduktion.“ Genau das hatte die von Kühn geleitete Studie des Deutschen Krebsforschungszentrum verneint.
Manche Wissenschaftler sehen die Studienergebnisse zum Intervallfasten kritisch
Stefan Kabisch, Studienarzt in der Abteilung Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke, sieht den Vergleich mit Menschen, die sich beim Essen nicht eingeschränkt hatten, ebenfalls als große Schwäche der Grazer Studie an. „Sinnvoller“ wäre es gewesen, wenn die Teilnehmer in der Kontrollgruppe während des Versuchszeitraums kontinuierlich weniger gegessen hätten. „Dann hätten beide Gruppen gleich viel abgenommen und nur die Mahlzeitenfolge wäre unterschiedlich“, sagt Kabisch: „Die Arbeit belegt also nicht die Überlegenheit des alternierenden Fastens, sondern von Kalorienreduktion.“ Das sei „seit Jahrzehnten bekanntes Wissen“.
Im Hinblick auf die gesundheitlichen Effekte findet Kabisch die Aussagekraft der Studie eingeschränkt, es bestehe das Risiko, dass der Nutzen „überschätzt“ werde. Tilman Kühn vom Deutschen Krebsforschungszentrum weist mit Blick auf die ausgebliebenen unerwünschten Nebenwirkungen außerdem darauf hin, dass es sich bei allen Studienteilnehmern um gesunde Menschen gehandelt habe.
Ist Intervallfasten zu therapeutischen Zwecken sinnvoll?
Auch ist der Heidelberger Wissenschaftler skeptisch, was den Einsatz von Intervallfasten zu therapeutischen Zwecken angeht. Dazu fehlten belastbare Studien. Zwar könne diese Diätform übergewichtigen Menschen helfen, „kurzfristig“ Gewicht zu verlieren. Mehr als einige Wochen sei das Intervallfasten aber für die meisten kaum durchzuhalten. Das gelte nicht nur allein für die in der Grazer Studie praktizierte Variante 36:12, sondern auch für das mildere 5:2-Fasten (fünf Tage essen, zwei Tage darben), das die Heidelberger in ihre eigene Studie miteinbezogen hatten. Tilman Kühn sieht die Gefahr, dass nach sechs Monaten der gefürchtete JoJo-Effekt eintritt, so wie es bei fast allen Diäten eben passiert.
Auch Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften der Universität Wien, teilt die Begeisterung seiner Kollegen nicht in Gänze. Ihm erscheinen die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit als Folge der geringen Kalorienzufuhr als „erwartbar“. „Ob diese Effekte allerdings durch alternierendes Fasten verursacht wurden, lässt sich auf Basis des Studiendesigns nicht sagen“, erklärt der Forscher. „Hierzu wäre eine Kontrollgruppe erforderlich gewesen, die mit einer anderen Form des Fastens ein ähnliches Ausmaß an Energiereduktion erreicht wie die Gruppe mit alternierendem Fasten“.
Lässt sich das erreichte Gewicht mit Intervallfasten langfristig halten?
Was den Abnehmerfolg angeht, so dämpft Jürgen König auch hier allzu große Erwartungen. Es sei „schwer allgemein zu beantworten“, ob sich mit Intervallfasten das erreichte Gewicht langfristig halten ließe. „Letztlich hängt das von der individuellen Situation ab.“ Daher gebe es „derzeit keine allgemeine Empfehlung für eine bestimmte Form des Fastens beziehungsweise der Energiereduktion“.
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Dem Intervallfasten wird häufig eine positive Wirkung bei Krebs zugeschrieben. Für Krebspatienten sei zwar das Intervallfasten nicht verboten*, sie müssten jedoch „sehr darauf achten, dass sie auf eine ausreichende Nährstoffmenge kommen“, erklärt die Onkologin Jutta Hübner im fr.de-Interview*. Krebspatienten könne ganz schnell gefährlich werden, „weil es zur Gewichtsabnahme führen kann“.
Die Paleo-Diät - die Ernährung wie in der Steinzeit * - kann offenbar sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern, wie eine neue Studie zeigt. Australische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass diese Form der Ernährung die Darmflora verändert - und zwar in einer Weise, die langfristig zu Ablagerungen in den Gefäßen führt. Das gilt als wesentlicher Risikofaktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle.
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