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Neue Studie zum Grönländischen Eisschild: Erster Kipppunkt ist nicht weit entfernt

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Von: Tanja Banner

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Der Grönländische Eisschild schmilzt. (Archivbild)
Der Grönländische Eisschild schmilzt. (Archivbild) © imago/imagebroker

Die Hälfte des Weges zum ersten Kipppunkt, der den Grönländischen Eisschild schmelzen lässt, ist bereits zurückgelegt. Das zeigt eine neue Studie. Der Studienleiter warnt.

Potsdam – Der Grönländische Eisschild bedeckt eine 1,7 Millionen Quadratkilometer große Fläche in der Arktis. Schmilzt er komplett ab, wird der globale Meeresspiegel um etwa sieben Meter steigen, weiß die Forschung. Zwischen 2003 und 2016 hat der Eisschild etwa 255 Gigatonnen Eis pro Jahr verloren, ein Großteil davon im südlichen Teil. Doch eines ist unklar: Wie schnell kann der Eisschild komplett abschmelzen? Um das zu ermitteln, versuchen Forscherinnen und Forscher die Kipppunkte des Eisschilds zu ermitteln – bei welchen Grenzwerten verändert sich das Verhalten des Systems so stark, dass es nicht mehr rückgängig gemacht werden kann?

Frühere Studien zeigten, dass eine globale Erwärmung zwischen einem und drei Grad Celsius als die Grenze gelten, ab der das Eis unwiederbringlich schmilzt. Eine neue Studie zeigt nun zwei weitere Kipppunkte für den Grönländischen Eisschild: Wurden 1000 Gigatonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt, schmilzt die südliche Seite des Eisschilds. Bei etwa 2500 Gigatonnen verschwindet nahezu der gesamte Eisschild. Derzeit liegt die Menschheit bei etwa 500 Gigatonnen, wie es in einer Mitteilung zur Studie heißt. Konkret: Die Hälfte des Weges zum ersten Kipppunkt ist bereits zurückgelegt.

Klimawandel: „Laufen Gefahr, den ersten Kipppunkt zu überschreiten“

„Der erste Kipppunkt ist nicht weit von den heutigen Klimabedingungen entfernt, wir laufen also Gefahr, ihn zu überschreiten“, warnt Studienleiter Dennis Höning, ein Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in einer Mitteilung. Und mahnt: „Wenn wir erst einmal ins Rutschen kommen, werden wir von der Klippe fallen und nicht mehr hochklettern können.“ Die Studie wurde im Fachjournal Geophysical Research Letters publiziert.

Um zu ihrem Ergebnis zu kommen, hat das Forschungsteam um Höning ein komplexes Modell des gesamten Erdsystems verwendet, außerdem ein Modell zum Verhalten von Eisschilden. Mithilfe von Simulationen über 20.000 Jahre und Kohlenstoff-Emissionen zwischen 0 und 4000 Gigatonnen näherte sich die Forschungsgruppe ihrem Ergebnis und ermittelte die beiden neuen Kipppunkte.

Grönländischer Eisschild: Studie zeigt Kipppunkte

Die sind so gefährlich, weil der Prozess irgendwann nicht mehr aufzuhalten ist. Wenn der Eisschild schmilzt, liegt dessen Oberfläche immer tiefer und wird dort höheren Temperaturen ausgesetzt. Diese Temperaturen sorgen dafür, dass sich die Eisschmelze beschleunigt und das Eis dadurch noch schneller erwärmt wird.

Die einzige halbwegs positive Nachricht: Die globalen Temperaturen müssen über Jahrhunderte oder länger erhöht sein, um diesen Effekt auszulösen, heißt es in der Mitteilung. Werden jedoch die kritischen Werte überschritten, wird der Eisschild unaufhaltsam schmelzen – nicht einmal eine Reduktion der Kohlenstoff-Emissionen auf ein vorindustrielles Niveau könnten den Eisschild dann noch retten.

„Wir können die Kohlenstoffemissionen nicht mehr lange in gleichem Maße fortsetzen, ohne zu riskieren, dass die Kipppunkte überschritten werden“, betont Höning. „Der größte Teil der Eisschmelze wird nicht in den nächsten zehn Jahren stattfinden, aber es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis wir nicht mehr in der Lage sein werden, dagegen zu arbeiten.“ (tab)

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