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Der Golfstrom ist stabil - noch

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Von: Joachim Wille

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Wellen treffen auf eine Küste in Japan.
Keine Entwarnung, aber eine Reduzierung der Strömung im Atlantik. © picture alliance/dpa/AP | Toru Hanai

Von Entwarnung kann aber keine Rede sein, denn die neuesten Klimamodelle sagen unisono eine deutliche Reduzierung der Strömung voraus.

Was, wenn Europas Zentralheizung ausfiele? Das hätte böse Folgen für den Kontinent. Nein, hier geht es ausnahmsweise mal nicht um Putin und sein Erdgas. Sondern um den Golfstrom. Man weiß, käme dieser zum Erliegen, würde es in Europa dramatisch kälter. In Hamburg oder Berlin herrschte sibirisches Klima, und ganz Skandinavien läge unter einer Eisdecke. Zudem würden sich die jahreszeitlichen Regenmuster in vielen Ländern rund um den Atlantik verändern.

Die Sorge, dass der Klimawandel das riesige Strömungssystem Amoc - von dem der Golfstrom ein Teil ist - zum Versiegen bringt, ist in der Forschung seit langem ein Thema. Es geht schließlich um ein Kippelement im Weltklima mit gewaltigen Dimensionen. Die Meeresströmung befördert pro Sekunde 20 Millionen Kubikmeter warmes Wasser vom Äquator nach Norden, etwa das Hundertfache des Amazonasstroms.

Nordatlantik kühlt sich ab

Eine neue Untersuchung gibt nun – noch – Entwarnung. Demnach kühlt sich ein Teil des Nordatlantiks zwar tatsächlich ab, was ein markanter Gegensatz zu den allermeisten anderen Meeresregionen ist. Die Auswertung deute aber darauf hin, dass in erster Linie natürliche Schwankungen dafür verantwortlich seien, betont das Forschungsteam von der Uni Kiel, das die Studie jetzt im Fachmagazin „Nature Climate Change“ veröffentlicht hat. Doch es stellte eben auch eine beginnende Verlangsamung der Amoc in den vergangenen Jahrzehnten fest.

Die Kieler Expert:innen um Professor Mojib Latif betonen, es gebe „keine sichere Anzeichen“ dafür, dass das System sich dramatisch verlangsamt. Aber das bedeute eben keine Entwarnung. Sie verweisen auch darauf, dass die neuesten Klimamodelle unisono eine deutliche Reduzierung der Strömung voraussagen. Diese prognostizieren, dass sich das Amoc-System weiter abschwächen wird, nämlich um bis zu 45 Prozent bis 2100, falls die Menschheit die Erwärmung weiter vorantreibt. Das wäre dann laut Experten schon nahe an dem Kipppunkt, an dem Amoc und Golfstrom instabil werden.

Um mit größerer Sicherheit sagen können, welchen Einfluss der Klimawandel auf das Strömungssystem hat, sind laut dem Kieler Team bessere Beobachtungsdaten aus allen Regionen des Atlantiks nötig. Freilich: Mit dem Klimaschutz zu warten, bis sie da sind, ist keine gute Idee. Denn dann wäre es für ein Umsteuern garantiert zu spät.

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