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Covid-19 trotz Corona-Impfung - Warum Geimpfte trotzdem krank werden

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Von: Tim Vincent Dicke

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Corona-Impfung
Das RKI hat rund 11.000 Impfdurchbrüche verzeichnet. © Chaiwat Subprasom/Imago Images

Im Kampf gegen Corona bieten alle zugelassenen Impfstoffe einen hochwirksamen Schutz. Dennoch erkranken Geimpfte an Covid-19. Warum ist das so?

Frankfurt – „Impfstoffe gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 verhindern, an Covid-19 zu erkranken und bieten einen hochwirksamen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen“, heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Ihr Nutzen überwiege mögliche Risiken bei Weitem. Trotzdem kommt es immer wieder zu sogenannten Impfdurchbrüchen.

Die mRNA-Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna verringern die Gefahr, an Covid-19 zu erkranken, gegen ursprüngliche Corona-Varianten um bis zu 95 %. Bei den sogenannten Vektorimpfstoffen ist die Wirksamkeit nach Vollimmunisierung etwas geringer: Bis zu 80 % sind es bei dem Impfstoff von Astrazeneca, Johnson & Johnson hat für sein Vakzin eine Wirksamkeit von 66 % errechnet.

Covid-19 trotz Corona-Impfung: RKI listet knapp 11.000 Impfdurchbrüche auf

Doch selbst wenn die Impfstoffe das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, deutlich reduzieren, gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Wie bei anderen Viren auch, kann es zu sogenannten Impfdurchbrüchen kommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand trotz vollständiger Impfung mit dem Coronavirus infiziere und Symptome entwickle, sei allerdings „niedrig, aber nicht Null“, betont das Robert Koch-Institut.

Im wöchentlichen Corona-Lagebericht vom 12. August Juli listet das RKI 10.827 Impfbrüche seit Anfang Februar auf. „Unter den Impfdurchbrüchen wurden 0 Fälle (0 %) im Alter von 12-17 Jahren, 145 Fälle (2 %) im Alter von 18-59 Jahren und 748 Fälle (25 %) im Alter ≥60 Jahren hospitalisiert“, heißt es im Bericht. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass es eine hohe Dunkelziffer an nicht registrierten Impfdurchbrüchen gibt, aber es steht diesen Fällen eine extrem hohe Zahl an Geimpften gegenüber: Bis zum 14. August waren knapp 47 Millionen Deutsche vollständig geimpft.

Reinhold Förster, Professor am Institut für Immunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, sieht beim Blick auf die Zahlen keinen Grund zur Beunruhigung. „Mit einer solchen Anzahl an Impfdurchbrüchen musste mindestens gerechnet werden. Wir wussten schon aus den großen Impfstudien, dass die Impfstoffe keinen hundertprozentigen Schutz bieten“, sagte er dem SWR.

Nach der Corona-Impfung: Warum kommt es zu Ausbrüchen?

Warum es gerade in Pflegeheimen trotz vollständiger Impfung der Bewohner:innen zu Corona-Ausbrüchen kommen kann, hat kürzlich die Berliner Charité untersucht. Dass Impfstoffe bei jüngeren Menschen in der Regel effizienter wirken, hat den Forschenden zufolge vor allem mit der im Alter nachlassenden Immunreaktion zu tun. Diese sei nach der Impfung „deutlich verzögert“ und erreiche nicht das Niveau von Jüngeren, teilte die Charité mit.

Defizite bei der Immunantwort gibt es mitunter aber auch bei Jüngeren – etwa wenn das eigene Immunsystem nach einer Organtransplantation mit Medikamenten gezielt unterdrückt wird. Daten zeigten, „dass die Immunantwort in Abhängigkeit zur Immunsuppression bei Organtransplantierten viel schlechter sein kann“, sagte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens. „Sie liegt dann nur noch bei 50 %.“ Auch bei Rheuma- und Krebspatienten könne die Immunantwort schwächer ausfallen.

Zudem können manche Corona-Mutanten, etwa die erstmals in Indien entdeckte Delta-Variante, die Effizienz von Impfstoffen leicht verringern. Doch aktuelle Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass die Impfstoffe auch gegen solche Varianten schützen. Das RKI geht derzeit von einer Gesamteffektivität der Impfstoffe von mehr als 85 % aus – obwohl die Delta-Variante mittlerweile in Deutschland stark verbreitet ist.

Covid-19-Erkrankung nach Corona-Impfung fast immer mild

Die Präparate etwa von Biontech/Pfizer und Astrazeneca seien gegen Delta kaum weniger wirksam als gegen die ursprünglich in Großbritannien entdeckte Alpha-Variante, berichteten US-Forscher im New England Journal of Medicine. Voraussetzung sei allerdings die vollständige Immunisierung. Nach nur einer Corona-Impfdosis sei die Wirksamkeit erheblich geringer.

Zwar können sich geimpfte Menschen weiterhin mit dem Coronavirus infizieren, allerdings haben sie nach derzeitigem Wissensstand große Vorteile. „Wir sehen momentan, dass diese Impfdurchbrüche mit einem milderen Verlauf einhergehen, als wenn Menschen nicht geimpft sind“, so Reinhold gegenüber dem SWR. Beim Entwickeln einer Erkrankung zeigten sich bei Betroffenen nur leichte Erkältungssymptome. Schwere Verläufe seien dagegen „wirklich extrem selten, auch wenn man sie nicht ganz ausschließen kann.“

Eine Nadel steck in einer Ampulle mit dem Corona-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer.
Eine Nadel steck in einer Ampulle mit dem Corona-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer. © David Young/dpa

Corona-Impfdurchbrüche: PCR-Tests für Geimpfte gefordert

Der Chef der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sprach sich gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland für PCR-Tests bei Geimpften aus. Reinhardt sagte: „Mit steigenden Infektionszahlen wird es zeitversetzt zwangsläufig vermehrt Fälle geben, bei denen sich Geimpfte anstecken. Wir brauchen deshalb valide Informationen zu den Gründen. Wo kommen Impfdurchbrüche vor, bei welchen Impfstoffen treten sie vor allem auf und durch welche Vorerkrankungen werden sie eventuell begünstigt?“ Das könne helfen, die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe weiter zu steigern und sie an Virusvarianten anzupassen.

Trotz der zunehmenden Anzahl von Impfdurchbrüchen geht Professor Reinhold Förster nicht von einer massiven Problematik aus. „Menschen, die zweimal geimpft sind, sind keine Treiber der Pandemie.“ Es gebe Einzelfälle, „aber die Geimpften sind nicht der Grund dafür, dass momentan die Infektionszahlen in Deutschland hochgehen.“ (tvd/dpa)

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