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Long-Covid-Symptom: Wie das Coronavirus „Nebel im Kopf“ auslöst

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Von: Pamela Dörhöfer

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Forschende aus Heidelberg untersuchen in einer Studie eine mögliche Ursache für die kognitiven Probleme nach einer Corona-Infektion.

Frankfurt – Probleme mit dem Gedächtnis und der Konzentration, Antriebslosigkeit, Müdigkeit und „Nebel im Kopf“ gehören zu den gar nicht so seltenen Beschwerden, die nach einer akuten Infektion mit Corona anhalten oder erst auftreten können. Beim Krankheitsbild von Long Covid zählen sie sogar zu den am häufigsten genannten Symptomen. Noch ist unklar, wodurch genau solche kognitiven Beeinträchtigungen verursacht werden, zumal sie nicht nur nach schwerem Covid-19 und bei Risikogruppen beobachtet werden, sondern auch bei jüngeren Menschen und nach relativ mild verlaufenden Infektionen.

Forschende der Fakultät für angewandte Psychologie der privaten SRH Hochschule Heidelberg haben nun in ihrer Studie „CogniCovid 19“ eine mögliche Erklärung für diese kognitiven Probleme gefunden und erstmals aufgezeigt, welcher Mechanismus dahinter stecken könnte. Sie gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse, die demnächst in einem Fachmagazin veröffentlicht werden sollen, den Weg zu einer Therapie ebnen könnten.

Insbesondere Frauen sind häufig von Eisenmangel betroffen. Symptome können unter anderem Kopfschmerzen sein. (Symbolbild)
Probleme können auch nach einer mild verlaufenden Infektion auftreten. (Symbolbild) © Westend61/Imago

Forschende untersuchen in Corona-Studie die Ursache von „Nebel im Kopf“-Symptom

Für ihre Studie hatte die Gruppe um Patric Meyer und Ann-Kathrin Zaiser, die an der SRH Hochschule Heidelberg Neurokognitive Psychologie lehren, im Zeitraum zwischen Juli 2021 und Juli 2022 an rund 1500 Menschen untersucht, warum es nach einer Corona-Infektion zu Beschwerden wie Konzentrationsstörungen, Gedächtnisproblemen oder Nebel im Kopf kommen kann – und wie genau sich diese äußern. Das Ergebnis: Die Heidelberger Forschenden vermuten die Ursache der kognitiven Beeinträchtigungen nach einer Corona-Infektion im Hippocampus. Es handelt sich dabei um eine zum limbischen System gehörende Region im Gehirn, in der neue Nervenzellen gebildet werden und wo die Verarbeitung von Emotionen, das Lernen und die Gedächtnisbildung stattfindet.

Die Forschenden gehen davon aus, dass insbesondere eine Teilstruktur des Hippocampus mit Namen Gyrus dentatus eine wesentliche Rolle bei den kognitiven Problemen nach einer Corona-Infektion spielt. Unter anderem erzeugt der Gyrus dentatus unterschiedliche Aktivitätsmuster als Reaktionen auf Ereignisse, die zwar sehr ähnlich, aber nicht identisch sind. Dieser Prozess wird als Mustertrennung bezeichnet – und trägt dazu bei, das man zum Beispiel weiß, wo man sein Auto oder Fahrrad abgestellt hat und es nicht dort sucht, wo es noch am Tag zuvor stand.

Doch nicht nur Lernen und Gedächtnis werden mit dem Hippocampus in Verbindung gebracht, sondern auch die Regulation von Stress und Emotionen – die nach einer Corona-Infektion, aber auch bei psychischen Erkrankungen wie einer Depression häufig verändert ist. Dazu passt, dass ein Team der Universitätsmedizin Essen bereits im vergangenen Jahr herausfand, dass psychiatrische Vorerkrankungen wie eine Depression oder eine Angststörung das Risiko für Long Covid deutlich erhöhen können.

Studie: Das Virus gelangt über das Blut ins Gehirn

Das Team der SRH Hochschule Heidelberg stellte die Hypothese auf, „dass die Infektion einem ähnlichen Mechanismus wie andere Stress-relatierte Erkrankungen unterliegt, nämlich einem entzündlichen Prozess“, wie Patric Meyer sagt. Der Grund dafür: Das Virus kann ins Blut gelangen und auch das Gehirn erreichen. Dort, so der Wissenschaftler, könne durch eine überschießende Immunreaktion eine Entzündung ausgelöst werden, die wiederum dafür sorge, dass im Hippocampus weniger Nervenzellen gebildet werden: „Unsere Daten deuten darauf hin, dass genau diese reduzierte Nervenzellneubildung eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der kognitiven und affektiven Beeinträchtigungen nach einer Corona-Infektion spielen könnte“, sagt Ann-Kathrin Zaiser. Junge Menschen seien davon ebenso betroffen wie ältere.

Die Forscherin hat aber auch bereits eine Idee, wie dem Problem beizukommen sein könnte: „Wenn wir den Prozess der Neurogenese beispielsweise durch bestimmte Medikamente, moderaten Sport, kognitive Aufgaben oder gesunde Ernährung wieder ankurbeln, können die Betroffenen ihre kognitive Leistungsfähigkeit sehr wahrscheinlich auch wieder verbessern.“ (Pamela Dörhöfer)

Inzwischen gibt es sogar ein Medikament, dass Hoffnung bei Long Covid macht.

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