Folgen einer Corona-Infektion: Aktuelle Studie warnt vor „Veränderungen im Gehirn“
In einer Corona-Studie decken Hirnscans auf, wie stark Covid-19 das Gehirn verändern kann – auch bei einem leichten Krankheitsverlauf.
Oxford – Nicht nur die bekannten und unmittelbaren Auswirkungen einer Corona-Infektion sind es, die vielen Menschen Sorge bereitet. Hinzu kommen die Langzeitwirkungen. Herzprobleme, Luftnot, ständige Abgeschlagenheit, all diese Symptome können durch Long Covid hervorgerufen werden.
Doch auch das Gehirn kann durch Corona stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Spielt dabei eine Rolle, wie schwer man an Covid-19 erkrankt war? Eine Studie aus Großbritannien unter der Leitung der Universität Oxford liefert Antworten.

Corona-Infektion: Neue Studie untersucht Auswirkungen auf Gehirn und Gesundheit
Wie stark die Folgen einer Corona-Infektion auf das Gehirn sind, ermittelte die Forschungsgruppe anhand der Daten von 785 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Basis der Studie, die im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde, waren Hirnscans.
Insgesamt 401 Studienteilnehmende infizierten sich nach ihrem ersten Scan mit dem Coronavirus. Im Schnitt lagen circa vier Monate zwischen der Corona-Infektion und dem zweiten Scan des Gehirns. 384 steckten sich nicht an, bei ihnen wurde ebenfalls eine nachfolgende Untersuchung durchgeführt. Beide Gruppen absolvierten außerdem mehrere kognitive Tests. Dadurch konnten eventuelle Unterschiede zwischen den Gruppen genau herausgearbeitet werden. Die Ergebnisse der Studie sorgen nicht zuletzt bei Fachleuten für Besorgnis.
Corona: Forschung zeigt Veränderungen im Gehirn nach Infektion
Beim Vergleich der Gruppen zeigte sich: Die Auswirkungen einer Infektion sind gravierend und betreffen sogar die Struktur des Gehirns. Die Forschenden fassten zusammen, welche Langzeiteffekte sie entdeckten:
- Deutliche Verringerung der grauen Substanz im Hinblick auf Dicke und Gewebekontrast in mehreren Regionen
- Größere Veränderungen bei Markern für Gewebeschäden in funktionell verbundenen Regionen des primären olfaktorischen Kortex
- Eine deutliche Verringerung der globalen Gehirngröße
Die graue Substanz erfüllt im Gehirn mehrere Funktionen und ist ein wesentlicher Teil des zentralen Nervensystems. So ist sie beispielsweise dafür verantwortlich, wie sensitiv Nervenzellen reagieren. Sie liegt in unterschiedlichen Hirnarealen vor. Dort wo sie beeinträchtigt ist, kann damit auch die spezielle Hirnfunktion im Areal in Mitleidenschaft gezogen werden. Beispielsweise kam eine vorhergehende Studie bereits zu dem Schluss, dass sich nach einer Corona-Infektion die graue Substanz in den Hirnbereichen verringert, die für Geruch und Geschmack verantwortlich sind.

Gehirnveränderungen durch Corona-Infektion: Leistungsfähigkeit nimmt laut Studie ab
Außerdem ermittelten die Forschenden einen kognitiven Rückgang nach einer Corona-Infektion, der sich unter anderem durch verringerte geistige Leistungsfähigkeit zeigen kann. Dabei schien es keine Rolle zu spielen, wie schwer die Versuchsteilnehmenden zuvor an Covid-19 erkrankt waren.
„Wichtig ist, dass diese Auswirkungen auf die Bildgebung und die kognitiven Fähigkeiten auch dann noch zu beobachten waren, wenn man die 15 Fälle ausschloss, die stationär im Krankenhaus behandelt worden waren“, unterstrichen die Studienautoren und kamen zu einem weiteren, beunruhigenden Schluss: Denn es sei bislang noch unklar, ob diese nachteiligen Auswirkungen teilweise rückgängig gemacht werden können oder ob sie langfristig bestehen bleiben. Zumal hauptsächlich solche Betroffene an der Studie teilnahmen, die einen vergleichsweise milden Covid-Verlauf hatten.
Folgen einer Corona-Infektion: Sorgt eine Erkrankung für langfristige Schäden im Gehirn?
Inzwischen haben sich auch einige Fachleute über die Ergebnisse der Studie aus Großbritannien geäußert. Serena Spudich, Leiterin der Abteilung für neurologische Infektionen und globale Neurologie an der Yale School of Medicine, zeigte sich gegenüber der New York Times erstaunt, über das Ausmaß. „Ich finde es überraschend, wie viel verloren gegangen ist“, erklärt sie und fügt hinzu: „mit einer derart großen Veränderung habe ich nicht gerechnet“.
Gegenüber dem Science Media Center betont Rebecca Dewey, Forscherin im Bereich neurologische Bildgebung: „Diese Art von Veränderungen sind nach vielen Formen von Infektionen zu beobachten und kommen auch im Zuge des normalen Alterns vor. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass sie offenbar schneller ablaufen als bei der Alterung allein.“ Dem stimmt auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu. In einem Tweet betont er: „Fast alle Experten sehen bei Infekt trotz Impfung geringeres Long Covid Risiko“. (Sophia Lother)