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Corona: Wie Blutgruppen das Infektionsrisiko beeinflussen

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Von: Pamela Dörhöfer

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Rote Blutkörperchen
Einige Studien deuten darauf hin, dass die Blutgruppe 0 weniger empfänglich für das Coronavirus ist. (Symbolfoto) © RomanenkoAlexey/Imago Images

Menschen mit einer bestimmten Blutgruppe infizieren sich offenbar seltener mit Corona. Forschende machen nun auf neue Erkenntnisse aufmerksam.

Frankfurt – Bereits im ersten Jahr der Pandemie war beobachtet worden, dass sich Menschen mit der Blutgruppe 0 seltener mit dem Coronavirus zu infizieren scheinen als Menschen mit den Blutgruppen A und B. Was die Blutgruppe AB angeht, so gehen die Ansichten in der Wissenschaft auseinander.

Während eine Studie der Med Uni Graz (Österreich) vom Oktober 2020 diese Blutgruppe bei Infizierten im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung „signifikant häufiger“ feststellte, kommen Forschende aus Neu Delhi (Indien) zu dem konträren Schluss, dass neben der Blutgruppe 0 auch die Blutgruppe AB „ein signifikant geringeres Risiko für Covid-19 Infektion“ aufweise; ihre Studie wurde im November 2021 im Fachmagazin „Cell“ veröffentlicht.

Unterschiedliches Corona-Infektionsrisiko: Verschiedene Oberflächen als Erklärung?

Grundsätzlich jedoch legen inzwischen mehrere Studien aus verschiedenen Ländern einen Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und der Empfänglichkeit für Sars-CoV-2 nahe. Konstante ist jeweils ein beobachtetes geringeres Corona-Infektionsrisiko für die Blutgruppe 0. Ungewöhnlich wäre ein solcher Einfluss nicht: So wird zum Beispiel schon seit vielen Jahren vermutet, dass Menschen mit Blutgruppe 0 stärker gefährdet waren, an der Pest zu erkranken; damals könnte es also gerade umgekehrt gewesen sein.

Ungeklärt ist bislang, welche Mechanismen diesen unterschiedlichen Corona-Infektionsrisiken zugrunde liegen könnten. Als wahrscheinliche Erklärung gilt, dass es etwas mit den Oberflächenstrukturen der roten Blutkörperchen zu tun haben könne. Denn die AB0-Blutgruppen unterscheiden sich durch bestimmte Merkmale auf der Hülle der Erythrozyten, wie der Fachbegriff für die roten Blutkörperchen lautet. So verleihen Glykoproteine der Membran je nach Blutgruppe eine charakteristische Struktur.

Diese Oberflächenmerkmale werden als Antigene bezeichnet. Bei einem Menschen mit Blutgruppe A weisen die Erythrozyten das Antigen A auf, bei Blutgruppe B ist es das Antigen B. Bei Blutgruppe AB treten beide Antigene auf, bei Blutgruppe 0 hingegen weder das Antigen A noch das Antigen B.

Corona-Infektionsrisiko bei Blutgruppen verschieden: Forscher hat eine These

Diese Unterschiede bestimmen auch die Kompatibilität bei Bluttransfusionen: Je nachdem, welche Antigene fehlen, bildet das Immunsystem Antikörper. Ein Mensch mit Blutgruppe A verfügt über Antigene gegen B – und umgekehrt. Blutgruppe AB bildet gegen keines der beiden Antigene Antikörper, Blutgruppe 0 gegen beide. Deshalb kann ein Mensch mit Blutgruppe 0 kein Blut einer anderen Blutgruppe empfangen – ist aber selbst universeller Spender.

Peter Ellis, Dozent für Molekulargenetik und Reproduktion an der School of Biosciences der University of Kent (Großbritannien) vermutet, dass in diesen Mechanismen auch der Schlüssel für das unterschiedliche Covid-Infektionsrisiko zu finden ist. In der im Fachmagazin „Epidemics“ veröffentlichten Studie „Modelling suggests AB0 histo-incompatibility may substantially reduce Sars-CoV-2 transmission“ stellt er die These auf, dass sich ähnliche Prozesse wie bei einer Bluttransfusion abspielen, wenn jemand mit dem Coronavirus in Kontakt kommt.

Corona: „Hinweise darauf, dass Personen mit Blutgruppe 0 seltener erkranken“

„Weltweit gibt es Hinweise darauf, dass Personen mit Blutgruppe 0 seltener an Covid erkranken als Personen mit anderen Blutgruppen, jedoch variiert das Ausmaß dieses Unterschieds erheblich zwischen den Regionen“, wird Ellis in einem Artikel des „Medicalexpress“ zitiert.

„Unter Verwendung von Informationen aus der ganzen Welt zeigt unser neuestes Datenmodell, dass sich eine Sars-CoV-2-Infektion ähnlich wie eine Bluttransfusion verhält und dass infizierte Patienten das Virus zwei- bis dreimal häufiger an jemanden weitergeben, für den sie ein passender Blutspender sind.“ Das, so Peter Ellis, könnte erklären, warum Menschen vom Typ 0 ein geringeres Infektionsrisiko hätten: So wie sie Bluttransfusionen von allen anderen Blutgruppen nicht vertragen, könnten sie auch Viruspartikel, die von einem Menschen mit Blutgruppe A, B oder AB ausgehen, „ablehnen und einer Infektion entgehen“.

Sie kennen Ihre Blutgruppe nicht? Ein Schnelltest aus der Apotheke bringt Licht ins Dunkel. „Goldenes Blut“ haben nur 43 Menschen weltweit.

Da Menschen mit Blutgruppe 0 aber universelle Spender seien, wären sie dieser Logik nach „sobald sie infiziert sind, auch in der Lage sein, anderer jeder Blutgruppe zu infizieren“. In Deutschland haben etwa 43 Prozent der Menschen Blutgruppe A, 41 Prozent Blutgruppe 0 und elf Prozent Blutgruppe B und fünf Prozent Blutgruppe AB. (pam)

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