Ist Corona bald nicht schlimmer als eine Grippe? „Teilimmunität“ könnte Impfung ablösen
Eine „Teilimmunität“ gegen Covid-19 könnte Corona-Impfungen überflüssig machen. Forscher untersuchen schon länger sogenannte „endemische“ Erkrankungen.
- Laut Angaben von Forschenden könnte das Coronavirus zukünftig deutlich harmloser werden.
- Offenbar könnte eine „Teilimmunität“ dazu führen, dass Infizierte resistenter gegen Covid-19 sind.
- In Deutschland wird seit einigen Wochen gegen das Coronavirus geimpft. Die Forschenden kommen zum Schluss, dass eine Impfung in Zukunft unnötig sein könnte.
Frankfurt/Atlanta – Sars-CoV-2, der Erreger, welcher die Krankheit Covid-19 auslöst, könnte in Zukunft ungefährlicher werden. Diese These geht aus den Forschungen der Infektiologin Jennie Lavine hervor. Sie arbeitet an der US-Universität von Atlanta und untersucht seit geraumer Zeit das Coronavirus. Ihre neuesten Erkenntnisse wurden im Fachmagazin „Science“ veröffentlicht.
Laut Lavine gibt es Anzeichen dafür, dass sich das Coronavirus zu einem „endemischen“ Erreger entwickeln könnte. Erkrankungen, die „endemisch“ sind, zeichnen sich dadurch aus, dass sie „dauerhaft gehäuft in einer begrenzten Region oder einer Population vorkommen“. Die Definition stammt vom „Deutschen Zentrum für Infektionsforschung“.

Corona: Resistent gegen erneute Infektion? Teilimmunität könnte wirken
Sprich: Die Fallzahlen der erkrankten Personen würde auf Dauer weitestgehend gleich beziehungsweise stabil bleiben, die Schwere der Erkrankung würde hingegen abnehmen. Lavine und ihr Team gehen von einem solchen Fall bei den derzeit kursierenden Varianten von Coronaviren aus. Insbesondere die Variante B.1.17, die vermehrt in Großbritannien aufgetreten ist, beschäftigt die Forschung aktuell.
Ein Typus der vier Varianten an Coronaviren wurde in einer Studie untersucht, die in Fachmagazin „Epidemiology & Infection“ erschienen ist. Dabei wurde die Variante „229E“ analysiert und festgestellt, dass zwar circa ein Jahr nach der Erstinfektion eine Neuinfektion möglich war – jedoch in den meisten Fällen Immunität nach der Erstinfektion einsetzte. Die Zweitinfektion erklärten die Wissenschaftler:innen mit einem Abfall an Antikörpern im Blut. Ein ähnliches Phänomen haben Forschende bei Covid-19 beobachtet: Bislang wurde bei Patienten, die sich mehrfach ansteckten, eine kurzzeitige Immunitätsphase festgestellt.
Parallel dazu, ließ sich ebenfalls beobachten, dass die Viren sich allerdings deutlich kürzer im Organismus aufhalten konnten. Viele der Probanden hatten kaum bis gar keine Symptome, wie sich zeigte. Forscherin Lavine bezeichnet dieses Phänomen als „lebenslange Teilimmunität“ und verweist darauf, dass der menschliche Körper nach einer Erstinfektion zur Resistenz gegenüber denselben Erregern neige.
Coronavirus: Spezifische Antikörper als Hinweis auf Immunität
Vor allem spezielle Antikörper, die in Bluttests überprüft werden können, sind Hinweise auf Teilimmunität. Das „DZIF“ spricht in diesem Zusammenhang von „Seroprävalenz“, einer „Häufigkeit spezifischer Antikörper im Blutserum, die auf eine bestehende oder durchgemachte Infektionskrankheit hinweist“. Eine „Seroprävalenz“ zeigt sich in verschiedenen Altersgruppen jedoch unterschiedlich ausgeprägt – beispielsweise bei Kindern. So kann bei „endemischen“ Krankheiten der Fall auftreten, dass andere Altersgruppen, wie beispielsweise Rentner, einen Erreger an Kinder unter 15 Jahren weitergeben und diese sich infizieren, da nicht ausreichend Antikörper vorhanden sind. Das passiere häufiger, erklärt Lavine in der Studie.

Dass beispielsweise ältere Menschen eher dazu neigen, „Seroprävalenzen“ aufzubauen, könnte zu Folge haben, dass es weniger Tote durch Erkrankungen, wie Covid-19 gibt. Die Teilimmunität könnte sogar Impfungen nicht mehr notwendig machen, mutmaßen Forschende.
Lavine und ihr Forscherteam empfiehlt in wissenschaftlichen Beratungen deshalb, besonders auf Kinder zu achten, wenn es um Impfstrategien geht. Wissenschaftler:innen haben zudem herausgefunden, welche zwei Symptome „verlässliche Anzeichen“ einer Corona-Infektion – im Vergleich zu einer Grippe-Erkrankung – sind. (Tobias Utz)