„Columbia“-Katastrophe: Der Tag, der die Raumfahrt für immer veränderte

Vor 20 Jahren zerbrach das Space Shuttle „Columbia“ beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre – und leitete damit das Ende einer Ära ein.
Cape Canaveral – Es war ein Unglück, das die Raumfahrt für immer veränderte: Am 1. Februar 2003 zerbrach das Space Shuttle „Columbia“ 16 Minuten vor der geplanten Landung und verglühte beim Eintritt in die Erdatmosphäre. Alle Crew-Mitglieder starben bei dem Unglück, das viele Menschen live im Fernsehen verfolgen konnten.
Dabei begann die Mission der „Columbia“ gut zwei Wochen zuvor mit einem vermeintlichen Bilderbuch-Start bei schönstem Wetter: „Der Herr hat uns mit einem wunderbaren Tag hier gesegnet“, erklärte Rick Husband, der Kommandant der Mission, kurz vor dem Start über Funk. An Bord befanden sich insgesamt sieben Personen – unter ihnen Ilan Ramon, der erste Israeli im Weltall. Wegen Ramons Anwesenheit und den Anschlägen vom 11. September 2001 waren die Sicherheitsmaßnahmen für diesen Flug besonders hoch.
„Columbia“ war das erste Space Shuttle im Weltall
Am 12. April 1981 hatte die „Columbia“ Raumfahrt-Geschichte geschrieben: Sie war das erste von fünf Space Shuttles, das für die US-Raumfahrtorganisation Nasa ins Weltall geflogen ist und die Abkehr vom Prinzip der Raumkapsel, die an der Spitze der Rakete sitzt und nicht wiederverwendet werden kann.

In gut 22 Jahren umkreiste die „Columbia“ die Erde 4808 Mal und war mehr als 300 Tage im Weltraum. Dabei transportierte das Space Shuttle 160 Astronauten ins Weltall – unter ihnen auch den aktuellen Nasa-Chef Bill Nelson. Der betont heute: „Wir arbeiten dafür, unsere Fehler aus der Vergangenheit nie zu wiederholen“.
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„Columbia“-Unglück vor 20 Jahren: Das Problem entstand beim Start
In den Tagen und Wochen nach dem „Columbia“-Unglück stellte sich heraus, dass der Start am 16. Januar 2003 doch nicht perfekt war: Bereits beim Abheben von der Erde löste sich ein Teil der Schaumstoff-Isolierung eines Tanks und schlug ein Loch in den linken Flügel des Space Shuttles. Das wurde zwar bemerkt, doch das Ausmaß des Schadens wurde unterschätzt. Wie die frühere Nasa-Astronautin Eileen Collins in ihrer Autobiografie schreibt, gab es die Idee, den Schaden des Raumschiffs im Orbit zu untersuchen – der Plan wurde jedoch nie durchgeführt.
Hätte man vor der Landung gewusst, dass die Raumfähre defekt ist, hätte man die Astronautinnen und Astronauten an Bord möglicherweise retten können, ergaben spätere Untersuchungen. Doch nichts dergleichen geschah. Auf dem Weg zurück zur Erde flog die siebenköpfige Crew in den sicheren Tod: Beim Eintritt in die Erdatmosphäre geriet die „Columbia“ kurz vor der Landung außer Kontrolle und zerbrach. Rick Husband, William McCool, Michael Anderson, Kalpana Chawla, David Brown, Laurel Clark und Ilan Ramon hatten Untersuchungen zufolge keine Chance, sich zu schützen – sie starben innerhalb von Sekunden. Später wurden Teile der „Columbia“ in einem Radius von 200 Kilometern in den US-Bundesstaaten Texas und Louisiana gefunden.

„Columbia“-Katastrophe war nicht das erste tödliche Nasa-Unglück
Das „Columbia“-Unglück war nicht das erste tödliche Desaster für die Nasa. 1986 kamen alle sieben Crew-Mitglieder an Bord des Space Shuttles „Challenger“ ums Leben, als dieses kurz nach dem Start auseinanderbrach. Die Shuttle-Flotte wurde daraufhin für einige Zeit am Boden gehalten, um Fehler zu finden und zu beheben. Auch nach dem Ende der „Columbia“ wurden die verbleibenden Shuttles vorübergehend in den Hangar verbannt. Knapp zweieinhalb Jahre später durften die verbesserten Raumfähren wieder starten.
Neben Verbesserungen am Space Shuttle wurden auch neue Sicherheitsmechanismen bei und nach dem Start eingeführt. So wurden die Shuttle-Starts nun mit zahlreichen hochauflösenden Kameras beobachtet, um mögliche Probleme schnellstmöglich zu entdecken. Außerdem wurde ein neues Manöver im Weltall eingeführt, sodass die Crew an Bord der Internationalen Raumstation ISS die Außenhülle der Raumfähren nach deren Ankunft mithilfe von Kameras untersuchen konnte.

Das „Columbia“-Unglück leitete das Ende der Space Shuttles ein
Doch auch wenn die Shuttles nach dem „Columbia“-Unglück wieder starten durften – es war nur noch eine Frage der Zeit, wann das Shuttle-Programm eingestellt werden würde, da es sehr teuer und gefährlich war. Am 21. Juli 2011 landete das Space Shuttle „Atlantis“ zum letzten Mal auf der Erde und beendete das prestigeträchtige Nasa-Programm. Für die USA bedeutete das einen gewaltigen Einschnitt, da das Land plötzlich seinen eigenständigen Zugang zum Weltraum verlor. In den folgenden Jahren startete in den USA kein Raumschiff mit Crew mehr, Astronautinnen und Astronauten, die zur ISS fliegen sollten, waren auf die russischen Sojus-Raumkapseln angewiesen.
Die Idee der wiederverwertbaren Raumfähren gilt mittlerweile als überholt, der Fokus liegt nach den Shuttle-Unglücken auf Raumkapseln, die an der Spitze einer Rakete ins Weltall geschossen werden. Diese können zwar nicht so viel Fracht transportieren wie die Shuttles, doch die Sicherheitsaspekte überwiegen: Da die Kapseln auf der Rakete sitzen, sind sie vor möglichen Raketentrümmern sicher, außerdem kann die Crew-Kapsel im Notfall von der Rakete abgesprengt und in Sicherheit gebracht werden.
Die SpaceX-Raumkapsel „Crew Dragon“, die seit Mai 2020 den Zugang der USA zum Weltraum wieder ermöglicht und regelmäßig Astronautinnen und Astronauten zur ISS befördert, basiert genau auf diesem Konzept. Und auch die „Orion“-Kapsel der Nasa, die Ende 2022 einen erfolgreichen Testflug zum Mond absolviert hat, ist auf diese Art aufgebaut. Das Prinzip ist jedoch nicht neu: Bereits die Kapseln, mit denen die „Apollo“-Astronauten zum Mond und zurück geflogen sind, funktionierten auf diese Weise. (tab)