Bienensterben: Das kann man tun, um Bienen zu helfen

Gegen das Bienensterben: Forscher sehen die Politik in der Pflicht, geben aber auch Tipps, was jeder tun kann, damit es Bienen wieder besser geht.
Viele Menschen in Deutschland machen sich Sorgen um die Bienen – das zeigte nicht zuletzt im Februar das bayerische Volksbegehren „Artenvielfalt – Rettet die Bienen“, das mit mehr als 1,7 Millionen Unterzeichnern so erfolgreich war wie kein anderes zuvor. Die zahlreichen Berichte zum Rückgang der Bienen in unseren Breiten haben offenbar ihre Wirkung nicht verfehlt, und auch die 2017 publizierte und öffentlich breit diskutierte „Krefelder Studie zum Insektensterben“ dürfte viele Bürger aufgeschreckt haben.
Doch das Schwinden der Bienen ist keine Entwicklung, die schlagartig eingesetzt hätte oder erst in jüngster Zeit in Gang gekommen wäre – es handelt sich vielmehr um einen schleichenden Prozess. „Die ersten Meldungen zum Rückgang der Wildbienen-Population gab es bereits in den 1960er Jahren“, sagt Werner von der Ohe, Leiter des Instituts für Bienenkunde in Celle und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung. Verantwortlich dafür sei der Strukturwandel in der Landschaft, der bereits vor langer Zeit begonnen habe.
Mit diesen Blumen helfen sie Bienen über den Sommer
Was müsste getan werden, damit es den Bienen wieder besser geht? Mit dieser Frage und aktuellen Forschungsergebnissen beschäftigten sich in der vergangenen Woche rund 200 Wissenschaftler bei der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung auf dem Campus Riedberg der Goethe-Universität in Frankfurt.
Wenn vom Bienensterben die Rede ist, sind zumeist die Wildbienen gemeint. Allerdings geht es auch den Honigbienen nicht uneingeschränkt gut. Für sie stellt vor allem die Varroamilbe eine Bedrohung dar, ein Parasit, der die Tiere anfällig für Infektionen macht und gegen den bislang noch kein wirksames Mittel gefunden wurde. Wild- und Honigbienen unterscheiden sich trotz naher Verwandtschaft im Aussehen ebenso wie in der Lebensweise. In Europa gibt es mehr als 2000 Wildbienenarten, 585 davon sind in Deutschland heimisch; zu ihnen zählen auch die Hummeln.
Wildbienen sind meist Einzelgängerinnen
Die meisten Wildbienen sind flauschig behaart, manche allerdings auch fast kahl. Während Honigbienen in den Bienenstöcken der Imker leben und ihr Zuhause mit zehntausenden Mitbewohnerinnen teilen, führen Wildbienen meist ein Dasein als Einzelgängerinnen. Ihre Nistplätze legen sie häufig unter der Erde an, auch totes Holz wird gerne genutzt.
Einige Wildbienen sind auf die Pollen bestimmter Pflanzen fixiert, mit denen sie in gegenseitiger Abhängigkeit leben: Die Pflanze liefert der Biene Nahrung und wird von ihr wiederum bestäubt. Verschwindet die Biene, so wirkt sich das fatal für die Pflanze aus – und umgekehrt. Wildbienen entfernen sich in der Regel nur einige hundert Meter von ihrem Nest, Honigbienen hingegen legen Distanzen von mehreren Kilometern zurück.
Von den in Deutschland vorkommenden Wildbienenarten steht nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) mehr als die Hälfte auf der Roten Liste. Mehr als 30 Arten sind vom Aussterben bedroht.
Wohnraum für Bienen: Artenschutz im Garten, auf Balkon und Terrasse
Die Kulturlandschaft in Deutschland habe sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert, sagt Werner von der Ohe. Bienen hätten vielerorts ihren natürlichen Lebensraum verloren, fänden nicht genug Nahrung und auch keine Nistmöglichkeiten. Monokulturen, wie sie in der modernen Landwirtschaft gängig sind, böten vielen Tieren – nicht alleine Bienen – nicht mehr die Bedingungen, die sie benötigen, erklärt der Experte: „Vielfalt bedeutet Vielfalt, Monokulturen bringen Monotonie hervor.“
Auch von Blühstreifen, wie sie manche Straßen säumen, profitierten die Bienen nicht wirklich, sagt von der Ohe. Denn dort würden die Pflanzen nicht kontinuierlich stehen, sondern regelmäßig ausgewechselt. Die Bienen steuerten diese Areale dann an – und fänden plötzlich keine für sie geeigneten Pflanzen mehr vor. Die Zerstückelung der Landschaft bedeute vor allem für Wildbienen ein Problem, weil ihr Radius deutlich kleiner sei als der von Honigbienen.
Dreieckige Nischen sind besser als Blühstreifen
Besser als Blühstreifen seien kleine, von Wald umgebene dreieckige Nischen, sagt Werner von der Ohe. Einzelne Maßnahmen indes würden den Bienen nicht helfen: „Wir müssen es systematisch angehen und der Fragmentierung der Landschaft entgegenwirken.“ Die Verantwortung dafür dürfe aber nicht alleine den Bauern aufgebürdet werden: „Die Politik muss die Rahmenbedingungen ändern.“ Das müsste nicht unbedingt gleichbedeutend mit Verboten sein, sagt Bernd Grünewald, Leiter des Instituts für Bienenkunde in Oberursel. Mit Anreizen ließe sich seiner Ansicht nach mehr erreichen. Seiner Erfahrung nach wären viele Menschen bereit, etwas für die Bienen zu tun – „wenn sie wüssten, was“.
Auch Besitzer von Eigenheimen verhalten sich demnach oft bienenfeindlich, ohne es zu wissen. So prangert Werner von der Ohe den Trend zu Steingärten an: „Eine schreckliche Entwicklung“, sagt der Bienenforscher und regt eine Auflage für Hausbesitzer an, zehn Prozent der eigenen Gartenfläche naturnah zu gestalten. „Wenn alle ein bisschen umdenken, dann sind wir auf dem richtigen Weg.“
Um Bienen einen geeigneten Lebensraum zu schaffen, bedarf es nicht unbedingt nur ausgedehnter naturbelassener Flächen – auch wenn das aus Sicht des Tier- und Umweltschutzes sicher die optimale Lösung wäre. Bienen können sich jedoch auch in einer Umgebung wohlfühlen, die auf den ersten Blick denkbar ungeeignet für sie erscheint. So biete ausgerechnet der Frankfurter Flughafen ein großes Habitat für Honig- und Wildbienen, sagt Bernd Grünewald. Die Tiere fänden dort reichlich Pollen, und der Fluglärm störe sie nicht: „Das zeigt, dass man auch in solchen Gebieten große Effekte erzielen kann.
Monokulturen entziehen Bienen Lebensraum
Zwei Bereiche, die zuweilen miteinander in Konflikt geraten können, sind alternative Energien und der Tierschutz. Was die Bienen angeht, so tun ihnen ausgedehnte Felder, auf denen Mais als Energiepflanze zur Gewinnung von Biogas angebaut wird, nicht gut. Derzeit laufen bereits Tests, wie solche Monokulturen zu vermeiden sind und auch Wildpflanzen für diesen Zweck genutzt werden können. Die ersten Ergebnisse bestätigen, dass das grundsätzlich möglich ist, auch wenn die Energieausbeute noch deutlich unter der von Mais liegt.
Monokulturen entziehen den Bienen Lebensraum, direkt tödlich können Windräder für manche Tiere sein, insbesondere für einige Vogelarten – darunter seltene wie Rotmilan und Wanderfalke – sowie für Fledermäuse. Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt haben nun errechnet, dass auch zahlreiche Insekten in den Rotorblättern sterben. Die Modellrechnung kam auf 1200 Tonnen Verluste pro Jahr.
Mit diesen einfachen Tricks wirst auch du zum Bienen-Retter
Stellen Windkraftanlagen auch eine Gefahr für die Bienen dar? Werner von der Ohe hält die Aussagekraft der Studie grundsätzlich für begrenzt, da sie auf einem theoretischen Ansatz basiere und nicht auf einer tatsächlich gezählten Menge toter Insekten. Für Bienen seien Windräder aber auf keinen Fall eine Bedrohung, da sie nicht in solchen Höhen fliegen würden.
Noch nicht erforscht sind die Auswirkungen von Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf die Tierwelt. Bienen zumindest scheinen sich von den Solarfeldern nicht abschrecken zu lassen, wie man vielleicht annehmen könnte. Im Gegenteil gebe es Beobachtungen, dass sie sich gerne dort aufhielten, berichtet Bernd Grünewald.
Immer wieder ist auch zu lesen, dass Honig- und Wildbienen miteinander konkurrieren, dass die von Imkern gehaltenen Tiere ihren wildlebenden Verwandten die Nahrung wegfressen würden. Doch für die Annahme, dass sich Honigbienen negativ auf den Bestand an Wildbienen auswirkten, gebe es „keine wissenschaftliche Grundlage“, sagt Bernd Grunewald.
Einen schockierenden Fund machte am Montag ein Imker aus der Nähe von Breuberg. Unbekannte hatten dort am Wochenende mehrere Bienenstöcke zerstört. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt hatten die Tiere keine Chance.