„Dino-Killer“-Asteroid schlug im Frühjahr ein – Forschende verstehen nun, warum manche Tierarten überlebten
Forschende analysieren Fossilien aus der Zeit, als ein Asteroid die Dinosaurier aussterben ließ und können eine Frage beantworten, die sie schon lange umtreibt.
Chicxulub – Über den Asteroiden, der vor etwa 66 Millionen Jahren die Erde traf und dabei die Dinosaurier und zahlreiche andere Lebewesen auslöschte, weiß man Dank hartnäckiger Forschung mittlerweile einiges: dass er die Erde im heutigen Mexiko traf und der Chicxulub-Krater sein Überrest ist, was direkt nach seinem Einschlag geschah, dass der Asteroid in einem besonders tödlichen Winkel einschlug und dass der Asteroid alleine schuld am Aussterben der Dinosaurier war. Nun haben Forschende ein neues Puzzlestück ergänzt: Der Asteroid hat die Erde im Frühling getroffen. Diese neue Erkenntnis mag auf den ersten Blick trivial sein, doch die Forschenden können daraus weiteres ableiten – unter anderem, warum manche Tiere durch den Asteroideneinschlag ausstarben, während andere überlebten.
Um herauszufinden, zu welcher Jahreszeit der Asteroid die Erde traf, untersuchte ein internationales Forschungsteam die Knochen von Fischen, die weniger als 60 Minuten nach dem Asteroideneinschlag starben. Die Studienergebnisse wurden von Hauptautorin Melanie During (Universität Uppsala in Schweden) und ihrem Team im Fachjournal Nature veröffentlicht. Zuvor hatten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der bekannten Fossilienfundstätte Tanis im US-Bundesstaat North Dakota Fossilien von Löffelstören und Stören ausgegraben, bei denen es sich um direkte Opfer des Asteroideneinschlags vor 66 Millionen Jahren handeln muss.
Asteroid löschte vor 66 Millionen Jahren viele Tierarten aus
Die Fossilien seien makellos erhalten geblieben, die Knochen zeigten fast keine Anzeichen geochemischer Veränderungen, heißt es in einer Mitteilung der Universität Uppsala. Röntgenaufnahmen zeigten, dass in den Kiemen Einschlagskügelchen steckten, so die Mitteilung weiter. Vor allem die Knochen der Fische waren für die Forschenden bei ihren Untersuchungen interessant. „Diese Knochen haben das saisonale Wachstum ähnlich wie Bäume registriert“, erklärt die Mitautorin Sophie Sanchez. Ihr Kollege Jeroen van der Lubbe ergänzt: „Die entnommenen Jahresringe haben nicht nur die Lebensgeschichte der Fische erfasst, sondern auch die letzte kreidezeitliche Saisonalität und damit die Jahreszeit, in der das katastrophale Aussterben stattfand.“

Auch die Verteilung, Größe und Dichte der Knochenzellen hat den Forschenden einen weiteren Anhaltspunkt gegeben: „Bei allen untersuchten Fischen lassen sich Knochenzelldichte und -volumen über mehrere Jahre hinweg nachverfolgen. Sie stiegen an, hatten aber im Todesjahr noch nicht ihren Höhepunkt erreicht“, erläutert Co-Autor Dennis Voeten. Ein weiteres Indiz brachte eine Kohlenstoffisotopenanalyse, mit deren Hilfe die Forschenden das jährliche Ernährungsmuster eines der Fische ermittelten. Hintergrund ist, dass die Verfügbarkeit von Zooplankton – die bevorzugte Beute des Löffelstörs – saisonal schwankt, mit einem Höhepunkt zwischen Frühjahr und Sommer.
Asteroid schlug im Frühling ein – was Forschende daraus schlussfolgern
Die Hauptautorin Melanie During erklärt den Fund: „Das Kohlenstoff-Isotopensignal im Wachstumsverlauf dieses unglücklichen Löffelstörs bestätigt, dass die Fütterungssaison noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hatte – der Tod kam im Frühjahr.“ Doch wie kommen die Forschenden von dieser Erkenntnis zur Schlussfolgerung, welche Tiere durch den Asteroideneinschlag ausgelöscht wurden und welche überlebten? Diese Frage ist für Forschende ein großes Rätsel, da das Aussterben sehr selektiv war: alle nicht-fliegenden Dinosaurier, Pterosaurier, Ammoniten und fast alle Meeresreptilien wurden ausgelöscht, während viele Säugetier-, Vogel-, Schildkröten- und Krokodilarten überlebten.

Da der Asteroideneinschlag die Erde offenbar zu einer Zeit traf, in der auf der Nordhalbkugel Frühling herrschte, kommen die Forschenden zu folgendem Schluss: Für Tiere auf der Nordhalbkugel kam der Einschlag zur denkbar schlechtesten Zeit – sie verbrachten ihre Zeit im Freien und pflanzten sich fort und wurden von dem Asteroideneinschlag eiskalt erwischt. Die Tiere auf der Südhalbkugel lebten dagegen im Herbst und bereiteten sich auf den Winterschlaf vor – sie hatten eine größere Chance, den Einschlag zu überleben.
„Diese entscheidende Erkenntnis wird dazu beitragen, aufzuklären, warum die meisten Dinosaurier ausstarben, während Vögel und frühe Säugetiere dem Aussterben entgehen konnten“, schließt Melanie During aus der Forschungsarbeit ihres Teams. Natürlich sei nicht alleine der Einschlag für das Aussterben zahlreicher Tierarten verantwortlich und „niemand wisse, wie lange der nukleare Winter, der darauf folgte, dauerte“, betont During gegenüber Science. „Aber wer den ersten Schlag nicht überlebt hat, war nicht da, um gegen die Kälte anzukämpfen.“ (tab)