Zweifelhaftes Abkommen

Die EU-Kommission verhandelt mit Japan über ein Freihandelsabkommen - wie es Tradition ist, hinter verschlossenen Türen. Erste Inhalte sickern trotzdem durch, Greenpeace übt Kritik.
Die EU übt sich wieder in Geheimniskrämerei: Seit Monaten spricht die Kommission hinter verschlossenen Türen mit der japanischen Regierung über ein neues Freihandelsabkommen. Nun seien jedoch Verhandlungsdokumente an die Öffentlichkeit geraten, die schwere Mängel des Vertrags offenbarten, warnt die Umweltschutzorganisation Greenpeace. So sei der Verbraucherschutz gefährdet, Umweltstandards würden aufgeweicht. „Das Abkommen soll Märkte öffnen, aber soziale und ökologische Regeln werden nicht globalisiert“, kritisierte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold.
Die Gespräche zwischen Tokio und Brüssel laufen bereits seit 2013. Beide Parteien repräsentieren fast ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung. Lange scheiterte eine Einigung daran, dass Japan seinen Agrarmarkt nicht öffnen will, gleichzeitig aber Zugang zum europäischen Auto- und Elektronikmarkt sucht, den die EU blockiert. Vor dem Hintergrund der harten US-Außenhandelspolitik forcieren die EU und Japan nun aber das Tempo. Bereits nächste Woche wird wohl eine vorläufige Einigung präsentiert, bis Ende des Jahres soll der Vertrag unter Dach und Fach sein.
Bereits die Freihandelsverträge mit den USA und Kanada – TTIP und Ceta – hatte die EU-Kommission zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt – eine Praxis, die sie im Falle Japans nun fortsetzt. „Es ist ein Witz, dass die Zivilgesellschaft bei jedem Abkommen aufs Neue um die banalsten Informationen betteln muss“, sagte Rainer Hoffmann, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
Greenpeace hat nun einige Kapitel des Vertragstextes an die Öffentlichkeit gebracht. Sie stammten überwiegend aus dem Zeitraum zwischen Ende 2016 und Anfang 2017. Die insgesamt 200 Seiten „illustrieren das Versagen der EU, in ihrer Handelspolitik hohe Umweltstandards zu wahren“, kritisierte Greenpeace.
Gefährlich seien zum Beispiel die Bestimmungen zum Holzhandel. Japan ist der größte Holz-Importeur der Welt, ein wichtiger Markt für illegales Holz aus Asien und Europa und hat kein Gesetz gegen die Einfuhr unrechtmäßig geschlagener Hölzer. Illegaler Holzeinschlag ist ein großes Geschäft mit einem geschätzten Wert von 50 bis 152 Milliarden Euro jährlich. Gleichzeitig wird Japan laut vorliegendem Vertragstext lediglich ersucht, „die Bedeutung“ des Themas anzuerkennen und „den Umweltschutz zu fördern“.
Walfang nicht geregelt
Obwohl das Europäische Parlament die EU-Kommission aufgefordert hatte, die Frage des Walfangs in die Gespräche mit Japan einzubeziehen, ist dies laut Greenpeace bislang nicht geschehen. Japan sei eine von drei verbliebenen Walfangnationen weltweit. Das entsprechende Kapital im Freihandelsvertrag fordere von Japan zwar die Anerkennung des internationalen Abkommens CITES, das den Handel mit Walfleisch verbiete. Den Walfang selbst regele es aber nicht.
Große Kritik an den europäischen Abkommen TTIP und Ceta hatten die privaten Schiedsgerichte ausgelöst, vor denen Unternehmen gegen Staaten klagen, wenn sie ihre Investitionen gefährdet sehen. Im Falle von Ceta wurden die privaten Gerichte durch einen Investitionsgerichtshof ersetzt. Tokio besteht aber auf private Gerichte. Laut Greenpeace fehlen in dem Vertragstext auch Verpflichtungen zu Themen wie Umwelt und Arbeit: „Es sind keine Strafen für Verstöße gegen Bestimmungen der nachhaltigen Entwicklung vorgesehen.“