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Gewinnabgabe bremst Windkraft

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Von: Frank-Thomas Wenzel

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Im Norden entstehen weiter mehr Windräder als im Süden. imago images
Im Norden entstehen weiter mehr Windräder als im Süden. imago images © dpa

Der Branchenverband bemängelt, dass erst die Hälfte der Kapazität für dieses Jahr erreicht ist.

Es braucht einen gewaltigen Wumms, um die Ziele für den Ausbau der Windkraft zu erreichen. Nach den Zahlen des Branchenverbandes BWE wurde bisher erst etwa die Hälfte der vorgesehenen zusätzlichen Kapazität für dieses Jahr erreicht. Zugleich laufen die Windkraftbetreiber dagegen Sturm, dass die Bundesregierung ihnen nun Gewinne aus dem Stromverkauf abknöpfen will.

Laut BWE gingen zwischen Januar und September 365 neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1575 Megawatt ans Netz – dies ist mehr als ein großes Atomkraftwerk und entspricht nach vorläufigen Zahlen zwar einem Zuwachs von 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber es ist bei weitem nicht genug, um die Ziele der Bundesregierung zu erreichen. In den aktualisierten Vorgaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sind für dieses Jahr 3000 Megawatt vorgesehen. Fachleute rechnen damit, dass es in den letzten drei Monaten noch einen kleinen Schub – wie in den Vorjahren – geben könnte. Dennoch dürfte die Vorgabe kaum noch erreicht werden.

Und die 3000 Megawatt sind nur der Anfang: Nächstes Jahr sollen es 5000, 2024 dann 6000 und von 2027 an jedes Jahr 10 000 Megawatt werden, um die Klimaziele zu erreichen. Der Strom wird dringend benötigt, um von fossilen Energieimporten unabhängig zu werden: E-Autos ersetzen Verbrenner, elektrisch betriebene Wärmepumpen schnellstmöglich Gas- und Ölheizungen.

Beim Ausbau in diesem Jahr hat sich nach den Daten des BWE das Nord-Süd-Gefälle noch weiter verstärkt. Vorne liegen die Nordlichter Schleswig-Holstein und Niedersachsen, gemeinsam mit NRW und Brandenburg. Abgeschlagen sind neben Bayern ausgerechnet die Bundesländer Baden-Württemberg, wo Grün-Schwarz regiert, und Hessen, wo eine schwarz-grüne Landesregierung das Sagen hat. In allen drei Ländern sind in diesem Jahr jeweils nur fünf neue Windräder aufgestellt worden. Dabei braucht es gerade im Süden deutlich mehr Ökostrom, weil die Landesregierungen dort stark auf Atom- und auf Gaskraftwerke gesetzt haben.

Was BWE-Präsident Hermann Albers aber besonders bekümmert: Die Zahl der neu genehmigten Windkraftanlagen ist in den ersten drei Quartalen um gut 16 Prozent zurückgegangen. Das macht es schwer, den Rückstand aufzuholen. „Da die Genehmigungen den künftigen Zubau darstellen, ist die Situation besorgniserregend“, so Albers.

Das größte Ärgernis ist für ihn, dass fertig geplante Projekte mit einer Gesamtleistung von rund 10 000 Megawatt bei den Genehmigungsbehörden liegen. „Um die Verfahren bis Jahresende abzuarbeiten, braucht es einen Entscheidungsturbo“, sagte Albers der Deutschen Presse-Agentur. Mit den 10 000 Megawatt können rechnerisch mehr als sechs Millionen Haushalte versorgt werden. Für die Genehmigungen sind die Bundesländer zuständig. Albers fordert, dass die Landesregierungen nun in ihren Behörden das „überragende öffentliche Interesse“ für den Ausbau der Erneuerbaren durchsetzen. Dies ist inzwischen gesetzlich verankert und soll den Ausbau beschleunigen.

Für Aufregung sorgt unter Betreibern anderer regenerativer Anlagen auch noch, dass die Bundesregierung sie zur Kasse bitten will, um sogenannte Zufallsgewinne abzuschöpfen. Damit soll die geplante Strompreisbremse finanziert werden. Viele Erzeuger von Öko-Strom haben konstante Kosten, profitieren aber beim Vermarkten der Energie davon, dass die Preise wegen des stark gestiegenen Einsatzes von Gaskraftwerken in die Höhe geschossen sind.

Aber: „Die Bemessung eines staatlichen Eingriffs muss ausreichend Gewinne zur Risikoabsicherung und für Neuinvestitionen lassen“, heißt es in einem Papier der vier Energiedachverbände BDEW, VKU, BEE und BNE. Und: Ein zu tiefer Eingriff berge das Risiko, „den Betrieb von Anlagen zu gefährden“.

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