Wende im Kältemittel-Streit

Der Volkswagen-Konzern setzt auf das alternative Kältemittel CO2 für Auto-Klimaanlagen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßt diesen Schritt, fordert aber gleichzeitig von der EU längere Übergangsfristen für die Umstellung.
Die deutschen Autobauer beginnen nun doch definitiv mit der Einführung der Alternative zu der umstrittenen Kältemittel-Chemikalie R1234yf der US-Chemiekonzerne Honeywell und Dupont. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau hat der Wolfsburger VW-Konzern jetzt für zwei Baureihen bei einem japanischen Zulieferer Klimaanlagen geordert, die mit dem natürlichen, unbrennbaren Kältemittel CO2 arbeiten. Es handelt sich um die Oberklassen-Modelle VW Phaeton und Audi A8. Da auch der Stuttgarter Autobauer Daimler die Einführung der CO2-Anlagen in ersten Modellreihen konkret plant, entsteht damit eine ernsthafte Konkurrenz zum Kältemittel der US-Unternehmen.
Bislang ist R1234yf das einzige Kältemittel, das die neuen EU-Vorschriften einhält. Die Chemikalie wird aber von den deutschen Autobauern kritisch gesehen. Sie befürchten, dass bei Bränden im Auto gefährliche Stoffe frei werden. R1234yf hatte sich bei von Daimler durchgeführten Tests entzündet, außerdem war die giftige und ätzende Flusssäure ausgetreten.
Der VW-Konzern erklärte dazu auf Anfrage der Frankfurter Rundschau, er stehe weiter zu der „Ankündigung, seine Fahrzeugflotte aus Gründen der Nachhaltigkeit sukzessive mit dem Kältemittel CO2 auszurüsten“. Aus Sicht des Umwelt- und Klimaschutzes sei CO2 für den Konzern „langfristig und strategisch das bevorzugte Kältemittel“. Aus Wettbewerbsgründen könne man aber vor Serieneinsatz keine Infos „zu unserer Strategie oder zu Lieferantenbeziehungen bekannt geben“, hieß es in Wolfsburg.
R134a nur mehr bis 2017
Der Konzern hat Probleme, sein große Neuwagenflotte komplett fristgerecht bis zum 1. Januar 2017 auf Klimaanlagen umzustellen, die mit CO2 arbeiten. Die EU lässt nur noch bis zu diesem Termin die Ausrüstung von Pkw mit dem bisherigen, stark treibhausgefährlichen Kältemittel R134a zu, danach muss ein klimafreundliches Kältemittel genutzt werden. Bisher erfüllt nur die Chemikalie der US-Konzerne diese Vorgabe. Dass die CO2-Kühlung funktioniert, ist zwar – etwa in Bus-Klimaanlagen – erwiesen, die Aggregate, die mit höherem Druck arbeiten, müssen für den Einsatz in Serien-Pkw aber noch fertig entwickelt werden. Daher dürfte der VW-Konzern einen Großteil seiner Pkw ab 2017 mit R1234yf ausliefern und seine Modelle erst sukzessive auf CO2 umstellen.
Die Umweltorganisation Greenpeace begrüßte, „dass VW endlich den ersten Schritt hin zur Einführung natürlicher Kältemittel in die Serie macht – „wenn auch viel zu spät“. Deshalb sollten auf Phaeton und A8 dann schnell die Volumen-Modelle wie Golf und Polo folgen, sagte der Greenpeace-Energieexperte Wolfgang Lohbeck.
Er forderte allerdings auch die EU-Kommission auf, bei der Frist zur Umstellung auf die neuen, klimafreundlichen Kältemittel flexibler zu sein. „Die Kommission muss begreifen, dass sie mit ihrer bürokratischen Blockade und ihrem Festhalten an überholten Fristen der Sicherheit und der Umwelt einen Bärendienst leistet.“ Die Zulassung des alten Kältemittels müsse verlängert werden, um genügend Zeit für die Einführung von CO2 zu geben, sagte er.
Übergangszeit bis 2019?
Ein solches Vorgehen hatten Abgeordnete des EU-Parlaments bereits gefordert, darunter auch der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Michael Cramer (Grüne) sowie Matthias Groote (SPD) und Michael Theurer (FDP). Theurer sagte zur Begründung, es bestehe die berechtigte Sorge, dass durch R1234yf „Millionen Autofahrer und Rettungskräfte tödlicher Gefahr ausgesetzt werden“.
Die Parlamentarier forderten eine Übergangszeit bis 2019. Allerdings sollten Autobauer, die bis dahin noch R134a einsetzen, dafür eine „Kompensationszahlung“ leisten. Das soll die dadurch gegenüber der Konkurrenz entstehenden Kostenvorteile ausgleichen – das alte Kältemittel ist billiger als die neu entwickelte Chemikalie. „Die Verlängerung darf es nicht für lau geben“, meinte Groote.