Welche Heizung ist die richtige?

Ein Online-Rechner ermöglicht den Vergleich von Öko-Techniken mit Öl- und Gasmodellen. Die Plattform hat allerdings ihre Grenzen.
Eine heftige Debatte über den Austausch von Öl- und Gasheizungen ist hierzulande im Gange. Viele Privatleute und Politiker:innen befürchten, dass der Ersatz durch Wärmepumpen und andere Öko-Techniken zu hohe Kosten verursacht. Dass jedoch oft das Gegenteil eintreten könnte, belegt nun ein Online-Rechner des Bundesverbands der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Seite www.bdew-heizkostenvergleich.de ermöglicht eine detaillierte Übersicht der Gesamtkosten alter und neuer Heizungen.
Die Richtung der Politik: Das kommende Gebäudeenergiegesetz der Bundesregierung sieht grundsätzlich dies vor: Gebäudeheizungen, die beispielsweise mit Öl oder Erdgas laufen, müssen aus Gründen des Klimaschutzes bis spätestens 2045 ausrangiert werden. Geht eine bestehende Anlage kaputt, soll sie durch eine neue ersetzt werden, die mindestens zu 65 Prozent mit Ökoenergie funktioniert. Solche Geräte werden überwiegend auch im Neubau zum Zuge kommen. Bestehende Heizungen dürfen repariert und weiterbetrieben werden, längstens aber 30 Jahre.
Was der Online-Rechner zeigt: Alle Interessierten können sich kostenlos registrieren und dann zahlreiche Varianten durchrechnen. Man kann verschiedene Typen existierender Heizungen mit neuen Modellkonstellationen vergleichen. Der Rechner stellt die Investitions- und Verbrauchskosten, aber auch die Gesamtkosten im Verlauf des Lebenszyklus’ der Anlage von beispielsweise 18 Jahren gegenüber. Die alte und neue Heizung lässt sich dabei mit mehreren Variablen den wirklichen Bedingungen annähern: Dazu gehören der individuelle Verbrauch, die jeweiligen, auch regional unterschiedlichen Preise der Energieträger wie Gas und Strom, die Investitionskosten verschiedener technischer Varianten, der Zinssatz der Bankfinanzierung oder auch die staatliche Förderung. Ergänzend liefern die BDEW-Fachleute viele Hintergrundinformationen, etwa zur Ausgestaltung der Förderprogramme, die Immobilienbesitzer:innen in Anspruch nehmen können.
Beispiel-Haus mit sechs Wohnungen: Für dieses Gebäude lässt sich zum Beispiel ein funktionierender Gaskessel bei sparsamem Verbrauch der Bewohner:innen mit einer neuen Luft-Wasser-Wärmepumpe und kombinierter Photovoltaik-Anlage auf dem Dach vergleichen. Für diese Variante betragen die Investitionskosten laut Rechner 93 000 Euro, für die man bei Kreditfinanzierung einen Zinssatz von augenblicklich vier Prozent annehmen kann. Der Staat gibt knapp 23 000 Euro als Förderung dazu. Das Ergebnis: Über die Lebensdauer verursacht die bisherige Gasheizung jährliche Gesamtkosten von rund 11 500 Euro pro Jahr, während die Ökovariante mit etwa 10 300 Euro zu Buche schlägt. Entgegen oft geäußerter Befürchtungen kommt die moderne Ausführung damit unter dem Strich günstiger als das konventionelle Modell. Eine Erklärung: Beim Gaskessel liegen die Einkaufskosten für den Brennstoff mit 10 000 Euro pro Jahr sehr hoch. Bei der Wärmepumpen-Ausführung dagegen kostet der Strom pro Jahr vergleichsweise erträgliche 3500 Euro. Wobei in der aktuellen politischen Diskussion eher die hohen Investitionen bei der Öko-Modernisierung debattiert werden, die tatsächlich ein entscheidendes Problem für die Immobilienbesitzer:innen darstellen. In der hier dargestellten Variante liegen sie bei etwa dem Fünffachen im Vergleich zu einem neuen Gas-Brennwertkessel, der als alleinige neue Wärmequelle aber bald nicht mehr erlaubt ist.
Das Einfamilienhaus: In diesem Fall lässt sich ein Einfamilienhaus mit Gaskessel etwa ins Verhältnis setzen zu einer modernisierten Variante, die aus neuem Gaskessel plus Luft-Wärmepumpe besteht, welche 65 Prozent der Energie liefert. Dabei verursacht die alte Anlage rund 7500 Euro Gesamtkosten pro Jahr, wobei der zu erwartende hohe Gaspreis die wesentliche Rolle spielt. Das Wärmepumpen-Hybridmodell kommt im Vergleich dazu mit knapp 7000 Euro pro Jahr aus. In dieser Variante schlagen die Investitionskosten von knapp 35 000 Euro stark zu Buche, die etwa beim Dreifachen einer heute noch möglichen Erneuerung mit einem Gasbrennwertkessel liegen.
Die Grenzen des Rechners: Die Berechnungen im BDEW-Modell können sich der Wirklichkeit nur annähern. Beispielsweise fehlt für Häuser mit mehreren Wohnungen bisher die Hybridvariante der Kombination aus Wärmepumpe und modernem Gaskessel. Denn diese Option hat die Koalition erst kürzlich vereinbart. Auch die neuen Förderbedingungen, die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigt hat, sind noch nicht enthalten. Wenn der Staat mehr Zuschüsse zahlen sollte, könnte sich der Vergleich zugunsten der Ökovarianten verschieben.
Rechnung mit Variablen: Davon abgesehen, enthält das Rechenmodell viele Unbekannte. Die Ergebnisse hängen stark von den gewählten Strom- und Gaspreisen ab, die für die Zukunft aber niemand kennt. Das kann zum Beispiel auch für die Preise der Wärmepumpen gelten. Heute trifft eine steigende Nachfrage auf ein vergleichsweise bescheidenes Angebot. „Derzeit ist der Markt für Wärmepumpen ein Verkäufermarkt mit teils hohen Preisaufschlägen“, sagte Jürgen Leppig, Vorsitzender des Verbandes der Energieberater, „aber jetzt steigen alle Hersteller ein, und daher wird in zwei Jahren ein Überangebot entstehen, wodurch die Preise sinken werden.“ Diese eventuell niedrigeren Preise sind aber nicht im Online-Rechner des BDEW hinterlegt. Wer heute investiert, tut das also in einer Situation der Unsicherheit. Es mag sich später herausstellen, dass die Investitionsentscheidung finanziell betrachtet falsch war und zu deutlichen höheren Kosten führt als eine alternative Variante.
Die Debatte geht weiter: Wirtschaftsminister Habeck warnt Hausbesitzer:innen davor, jetzt noch schnell neue Gaskessel einzubauen, bevor das Gesetz vermutlich zum Jahresbeginn 2024 in Kraft tritt. Er argumentiert mit den hohen Gaspreisen, die die Immobilieneigentümer:innen möglicherweise in Zukunft zahlen müssten. Auch den steigenden Kohlendioxidpreis gilt es zu bedenken, der fossile Energie innerhalb der EU so verteuern soll, dass die Anlagen während der kommenden 20 Jahre wohl aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Verkehr gezogen werden. Und wie verhält es sich mit dem Mangel an Handwerker:innen, der nach Meinung von Kritiker:innen die Wärmewende verzögern könnte? Möglicherweise kommt es zu dieser hinderlichen Knappheit an Fachkräften nicht: Die hiesigen Betriebe werden sich die Chance des Booms, der Renovierung des gesamten Gebäudebestandes, wohl nicht entgehen lassen.