Verstoß gegen Lieferkettengesetz angezeigt
Menschenrechtsorganisationen reichen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Beschwerde gegen Ikea und Amazon ein. Die Unternehmen sollen ihrer Sorgfaltspflicht bei Zulieferern in Bangladesch nicht nachkommen.
Amazon und Ikea stehen wegen Zulieferfabriken in Bangladesch, in denen es offenbar kaum Sicherheitskontrollen gibt, am Pranger. Um auf die anhaltenden Missstände in Textilbetrieben aufmerksam zu machen, nutzten Menschenrechtsorganisationen nun erstmals das seit Januar geltende deutsche Lieferkettengesetz.
Beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) reichten die Frauenrechts-NGO Femnet, das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) sowie die bangladeschische Gewerkschaft NGWF Beschwerde gegen den Einrichtungskonzern Ikea und den Onlinehändler Amazon ein, wie die Organisationen am Montag mitteilten.
Zehn Jahre nach der Katastrophe von Rana Plaza produzierten noch immer Fabriken in Bangladesch, in denen es kaum Sicherheitskontrollen gebe, Textilwaren für internationale Konzerne wie Amazon und Ikea, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.
Beim Einsturz des Textilfabrikgebäudes Rana Plaza waren am 24. April 2013 in Bangladesch 1138 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 2400 Arbeiter:innen verletzt worden.
Grundlage der jetzt eingereichten Beschwerde ist laut Femnet und ECCHR eine Recherche in Fabriken, bei der die Gewerkschaft NGWF im März Sicherheitsmängel, fehlende Inspektionen und mangelnde Gewerkschaftsfreiheit festgestellt habe. Die Betriebe sollen für Ikea (Heimtextilien) und Amazon (Bekleidungseigenmarken) produzieren.
Es sei jetzt an der Zeit, die deutsche Gesetzgebung dafür zu nutzen, „Unternehmen, die nicht freiwillig Verantwortung für die Menschen in ihren Lieferketten übernehmen wollen, endlich dazu zu verpflichten“, sagte die Femnet-Vorstandsvorsitzende Gisela Burckhardt im Gespräch mit der FR. Amazon und Ikea hätten weder das Abkommen für Gebäudesicherheit und Brandschutz, das nach der Rana-Plaza-Katastrophe ausgehandelt wurde, noch dessen Nachfolgevertrag (Bangladesh Accord) unterschrieben.
Bafa will gründlich prüfen
„Wir sind davon überzeugt, dass die Nichtunterzeichnung eine Verletzung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen darstellt“, betonte die Juristin Miriam Saage-Maaß vom ECCHR.
Das Bafa, das die Einhaltung der Sorgfaltspflicht laut Lieferkettengesetz kontrollieren muss, erklärte auf Anfrage, es gebe grundsätzlich keine Auskunft zu Beschwerden gegen einzelne Unternehmen. Jeder angezeigte Fall werde aber gründlich überprüft. „Die antragstellende Person muss direkt von der Verletzung der Sorgfaltspflicht oder zumindest von deren Auswirkungen betroffen sein“, erklärte Bafa-Sprecher Nikolai Hoberg mit.
Ikea teilte am Montag mit, das Unternehmen dulde „unter keinen Umständen Verstöße gegen Menschenrechte oder Sicherheitsstandards in unserer Lieferkette“. Ikea habe eigene Standards, die weit über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gingen, hieß es auf FR-Anfrage. Die Anforderungen an die Lieferanten seien im Ikea-Verhaltenskodex Iway festgeschrieben und würde regelmäßig auch in unangekündigten Audits überprüft. Von internationalen Vereinbarungen wie dem Bangladesh Accord wolle Ikea aber unabhängig bleiben.
Kritiker und Kritiker:innen bemängeln, dass bei Programmen wie Iway die Transparenz fehle, da die Ergebnisse von Inspektionen nicht veröffentlicht würden.
Amazon erklärte, der Konzern setze sich dafür ein, „dass die von uns angebotenen Produkte und Dienstleistungen auf eine Weise hergestellt werden, die die Menschenrechte und die Umwelt respektiert“. Man arbeite mit Lieferanten zusammen, „die sich diesen Prinzipien verpflichtet haben“, so eine Amazon-Sprecherin.