Vernünftige Politik sieht anders aus

Die SPD stimmt der umstrittenen Pkw-Maut aus maßlos übertriebener Treue zu einem Auslaufmodell namens "große Koalition" zu. Sie untergräbt damit das Vertrauen in die Parteiendemokratie. Ein Kommentar.
Vor einer Woche versuchte der bedauernswerte SPD-Verkehrspolitiker Sören Bartol die Zustimmung seiner Fraktion zur Pkw-Maut zu erklären: „Damit zeigen wir, dass man sich in einer Koalition auch in schwierigen Situationen auf uns verlassen kann.“
Damit war der entscheidende Grund benannt, aus dem das unsinnige, bürokratische und anti-europäische Projekt jetzt beschlossen ist: Mit der Sache hat das nichts zu tun, denn inhaltlich lehnt eine große Mehrheit das Vorhaben ab. Es ging darum, aus maßlos übertriebener Treue zu einem Auslaufmodell namens „große Koalition“ auch noch den größten Unsinn mitzutragen.
Es stimmt schon: Wer sich in eine Koalition begibt – und sei sie noch so problematisch –, muss geben und nehmen können. Aber dass dies einen Zwang zum Jasagen auch bei diesem Irrsinn einschließt, ist eine Legende (zumal auch die Union bekanntlich nicht alles mitmacht). Wer wissen will, wie man das Vertrauen in die Parteiendemokratie untergräbt, wird hier fündig.
Mindestens ebenso wichtig ist dies: Beim Thema Maut hätte Europa überzeugend seinen Willen zur Zusammenarbeit zeigen können. Die Autofahrer an den (Umwelt-)Kosten zu beteiligen, die sie verursachen, ist ja wahrhaft keine schlechte Idee. Dobrindts Variante aber, die nationalen Stinker hintenherum wieder zu entlasten und die internationalen zahlen zu lassen, ist ein Hohn – auf eine vernünftige Verkehrspolitik und obendrein auf Europa.