Mobilitätswende-Appell an Ampel: „Verkehr muss insgesamt reduziert werden“

Die Gewerkschaft IG Metall und der Umweltverband BUND appellieren gemeinsam an die künftigen Regierungspartner, eine Mobilitätswende zu starten.
Berlin – Die Ampel-Koalitionsverhandlungen sind für Verbände, Thinktanks und andere Organisationen Anlass, ihre Forderungen einzubringen. Aus der Vielzahl von Papieren auch im Klima-/Umweltbereich sticht eines hervor: Die Gewerkschaft IG Metall und der Umweltverband BUND haben einen Pakt geschmiedet, um die „Mobilitätswende“ voranzubringen. Der Verkehrssektor ist ja der Sektor, der bisher am wenigsten zum Klimaschutz beigetragen hat; die Emissionen sind hier seit 1990 praktisch nicht gesunken. Gleichzeitig gibt es die Sorge, dass der Umstieg auf die E-Mobilität in der Autoindustrie wegen einfacherer Motorenfertigung Jobs kostet.
Die beiden Organisationen, die zusammen knapp drei Millionen Mitglieder haben, halten nun Maßnahmen für eine „zügige Mobilitätswende mit klaren Perspektiven für die Beschäftigten“ für nötig. IG Metall-Chef Jörg Hofmann und BUND-Vorsitzender Olaf Bandt stellten dazu in Berlin ein gemeinsames Forderungspapier vor. Um die Pariser Klimaziele einzuhalten und gleichzeitig gute und sichere Arbeit in der Industrie von morgen zu sichern, müsse an drei Stellschrauben angesetzt werden: Erstens brauche es einen Um- und Ausbau der Infrastruktur mit einem neuen regulatorischen Rahmen für weniger Verkehr, zweitens einen sozial gerechten Umbau der Mobilitätsindustrien und drittens den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, um E-Mobilität klimafreundlich zu machen.
Mobilitätswende und Klimaschutz: „Belange der Beschäftigte müssen zählen“
Hofmann sagte: „Wir stecken mitten in der Transformation unserer Industrien. Wir brauchen jetzt hohe Investitionen, einen zukunftssicheren Umbau von Geschäftsmodellen und den Ausbau erneuerbarer Energien. Die kommende Bundesregierung kann Modernisierung predigen – sie muss diesen Ankündigungen aber schnell Taten folgen lassen, damit Deutschland auch in Zukunft Industrieland bleibt.“
Andernfalls drohten Beschäftigungs- und Wohlstandverluste. Bandt drängte auf mehr Tempo für einen „klimagerechten Umbau der Mobilitätsindustrien“, es brauche im Koalitionsvertrag neue gesetzliche Regelungen mit dem Ziel, „weg vom Pkw-Verkehr“ zu kommen. Er betonte: „Bei einer zukunftsfähigen Mobilitätspolitik sind es die Belange der Beschäftigten und nicht die Profite der Autokonzerne, die zählen.“
In Einzelnen fordern IGM und BUND, der Verkehr insgesamt müsse reduziert werden, insbesondere der Gütertransport auf der Straße. Dazu müssten Gesetze überarbeitet werden, die bislang häufig einseitig den motorisierten Individualverkehr bevorzugen, und „zwar im Sinne einer sozialverträglichen und klimafreundlichen Mobilität“, darunter der Bundesverkehrswegeplan. Außerdem fordern sie einen „Transformationsfonds“, der den Umbau unter anderem in strukturschwachen Regionen fördert. Zur Finanzierung heißt es, dieser könne sowohl über einen Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen als auch über die Einführung einer Vermögenssteuer sowie einen höheren Spitzensteuersatz und eine Erhöhung der Reichensteuer sichergestellt werden.
Klimaschutz: IG Metall kooperiert auch mit Industrieverband
Interessanterweise arbeitet die IGM beim Thema Klimaschutz nicht nur mit dem BUND zusammen, sondern auch mit dem Industrieverband BDI. Vor gut einer Woche veröffentlichten beide einen gemeinsamen Aufruf für mehr öffentliche Investitionen, um den Klimaschutz voranzubringen. Dabei ging es unter anderem um die Bereiche Mobilitätsinfrastruktur, Stromnetze und-speicher, Digitalisierung und Wasserstoffwirtschaft. Der BDI wiederum legte am letzten Donnerstag eine eigene Klimaschutz-Roadmap vor, in der es hieß, Staat und Wirtschaft müssten bis 2030 für die Transformation 860 Milliarden Euro investieren, darunter 240 Milliarden für die öffentliche Infrastruktur. Zum Verkehrsbereich hieß es darin, der Hochlauf der E-Mobilität müsse beschleunigt werden, es brauche aber auch strombasierte Kraftstoffe. (Joachim Wille)
Eine Mobilitätswende geht nicht von heute auf morgen: Auch die Stadt Frankfurt hat noch eine Menge Arbeit vor sich. Fragen und Antworten zum Thema.