Umgehung der Sanktionen gegen Russland: Wie Habeck die Daumenschrauben anziehen will
Die scharfen Sanktionen der EU gegen Russland werden umgangen. So viel ist klar – deshalb will die deutsche Regierung stärker dagegen vorgehen. Im Fokus stehen dabei insbesondere Drittländer.
Berlin – Im Februar hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigt, die Umgehung von Sanktionen gegen Russland stärker zu verfolgen. Bei einer Pressekonferenz sagte der Minister, es sei klar, dass die Strafmaßnahmen auch von deutschen Unternehmen bewusst umgangen werden. Oder die Firmen würden die Sanktionsumgehungen zumindest billigend in Kauf nehmen. Das Wirtschaftsministerium ist alarmiert, da die Handelsdaten zeigen: Exporte in Drittländer wie die Türkei, Armenien oder Georgien sind seit Einführung der Maßnahmen in die Höhe gegangen.
Sanktionen werden umgangen: Exporte in Drittländer sind deutlich gestiegen
Zwei Studien haben die Handelsströme nach Russland seit Kriegsbeginn untersucht und deutliche Veränderungen festgestellt. Die Studie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) sowie die der US-Denkfabrik Silverado stellten fest, dass dabei insbesondere Handelsströme aus den Ländern China, Belarus, die Türkei, Kasachstan, Kirgistan, Armenien und Usbekistan auffällig waren.

Und in viele dieser Länder hat die EU 2022 plötzlich deutlich mehr exportiert als jemals zuvor. Von Deutschland nach Armenien sind beispielsweise die Exporte innerhalb eines Jahres um 165 Prozent gestiegen. Dabei machte es nach Daten der EBWE keinen Unterschied, ob es sich um sanktionierte oder nicht-sanktionierte Waren handelte. Heißt: Russland bekommt weiterhin Waren geliefert, die auf der EU-Sanktionsliste stehen. Und es sieht ganz danach aus, als würde Russland die Waren auch noch aus der EU beziehen – nur über Umwege.
Sanktionen gegen Russland: Der Habeck-Plan gegen Unternehmen
Um die Sanktionsumgehung durch deutsche Unternehmen zu verhindern, hat das Wirtschaftsministerium einen Plan vorgelegt. Herzstück des Plans sind die sogenannten „Endverbleibserklärungen“, die Unternehmen künftig beim Export in bestimmte Länder abgeben müssten. In den Worten des Wirtschaftsministers sei das eine „nicht-nach-Russland-weiter-Exportiererklärung“. Weitere Details des Habeck-Plans sind:
- Exporte in bestimmte Drittstaaten nur noch bei Abgabe von transparenten „Endverbleibserklärungen“
- Unternehmen bestätigen mit Zollerklärungen, dass Produkte im Land bleiben
- Vorsätzliche Falschangaben zu Exporten sollen eine Straftat werden
- Unternehmen in Drittstaaten, die nachweislich Sanktionen umgangen haben, werden von künftigen Käufen ausgeschlossen
- Unternehmen aus Drittstaaten können bei Verstößen den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren
- Wer „sanktionsrelevante Informationen“ habe, muss diese den Behörden melden
- Aufbau einer EU-weiten Analyse-Plattform zur Beobachtung von Handelsströmen
Bringen die neuen Maßnahmen gegen die Umgehung der Sanktionen wirklich was?
Geoökonom Tobias Gehrke vom European Council for Foreign Relations sagte tagesschau.de, dass die Pläne der Regierung ein guter erster Ansatz seien. Aber die Kontrolle werde nicht einfach werden, man lege viel Wert auch auf eine abschreckende Wirkung der Maßnahmen.
Der große Gewinner der Sanktionen ist aber China, das 2022 zum wichtigsten Exportland für Russland wurde. Wie Silverado feststellt, wurden allein im Oktober 2022 Waren im Wert von 7,4 Milliarden US-Dollar nach Russland geschickt. Das waren gut zwei Milliarden Dollar mehr als im Oktober 2021.