Gazprom kappt Gaslieferung wie angekündigt - Habeck: „Jede Kilowattstunde zählt“
Der russische Energiekonzern Gazprom hat am Donnerstag seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream weiter reduziert.
Berlin - Russland hat wie angekündigt, seine Gaslieferungen stark reduziert. Wie aus im Internet veröffentlichten Transportdaten des Pipelinebetreibers Nord Stream hervorgeht, sank die Gasmenge von Mittwochabend, 23.00 Uhr an. Am Morgen, zum Beginn des sogenannten Gastages um 6 Uhr, lag die stündliche Liefermenge bei rund 2,6 Millionen Kubikmeter (29 Millionen Kilowattstunden), von 8 bis 9 Uhr flossen den Angaben nach rund 2,7 Millionen Kubikmeter (30 Millionen Kilowattstunden). Hochgerechnet auf 24 Stunden entspricht dies in etwa den von Gazprom angekündigten 40 Prozent der technischen Kapazität.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte klar, dass es sich um eine politische Aktion von Russland handelt und eine Antwort auf die Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges sei. Er rief in einem Video, das vom Bundeswirtschaftsministerium über Twitter verbreitet wurde, dazu auf, Energie zu sparen. „Jede Kilowattstunde hilft in dieser Situation“, so Habeck. Die Situation sei ernst, aber gefährde nicht die Versorgungslage. Wir dürften uns von Putin nicht verunsichern und spalten lassen.

Gazprom kippt Gaslieferung wie angekündigt - Bundesnetzagentur besorgt wegen Lieferengpässen
Gazprom hatte am Mittwoch angekündigt, die Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland wegen des Ukraine-Konflikts erneut zu reduzieren. Von der Nacht zum Donnerstag an sollten täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt werden. Erneut begründete der Staatskonzern den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten. Bereits am Dienstag hatte Gazprom die Reduktion des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen um rund 40 Prozent auf 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet und auf Verzögerungen bei der Reparatur von Gasverdichtern verwiesen.

Energie: Gazprom reduziert Gaslieferungen an Deutschland
Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte daraufhin mitgeteilt, dass eine in Kanada überholte Gasturbine aufgrund der Russland-Sanktionen derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden könne. Die neuerliche Reduktion auf 67 Millionen Kubikmeter bedeutet eine Drosselung um rund 60 Prozent innerhalb von zwei Tagen. Gazprom hatte den Transit über die Ukraine bereits Mitte Mai gedrosselt. Auch am Donnerstag werden den Daten des staatlichen Gasnetzbetreibers nur etwas weniger als 40 Prozent der vertraglich vorgesehenen 109 Millionen Kubikmeter Erdgas nach Westen fließen.
Bundesnetzagentur besorgt: Lieferdrosselung ein Warnsignal
Dass Gazprom seine Lieferungen durch Nord Stream 1 nun auf etwa 40 Prozent senkt, ist aus Sicht des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ein Warnsignal. „Russland schürt damit leider Verunsicherung und treibt die Gaspreise hoch“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Donnerstag).
Wenn Gazprom über Wochen nur 40 Prozent durch Nord Stream 1 liefere, bekomme Deutschland ein Problem, sagte Müller: „Das würde unsere Situation erheblich verschlechtern. Über den Sommer könnten wir das vielleicht aushalten, denn die Heizsaison ist ja vorbei. Allerdings müssen wir jetzt zwingend die Speicher füllen, um den Winter zu überstehen - auch mit russischem Gas.“ Auf die Frage, ob er fürchte, dass Russland mit einem Gas-Lieferstopp ernst mache, sagte Müller: „Es lag bislang in der russischen Logik, Deutschland weiter Gas verkaufen zu wollen. Aber wir können nichts ausschließen.“ (dpa)