1. Startseite
  2. Wirtschaft

Beschluss von Bund und Ländern: Ukrainische Geflüchtete bekommen Grundsicherung

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Zur finanziellen Unterstützung sollen Geflüchtete aus der Ukraine unter anderem ähnliche Leistungen wie Hartz-IV-Empfangende bekommen.

Frankfurt am Main – Zwei Milliarden Euro stellt der Bund Ländern und Kommunen für die Versorgung von ukrainischen Geflüchteten zur Verfügung. Das wurde beim Bund-Länder-Treffen am Donnerstag (07.04.2022) entschieden. Außerdem sollen sie ab Juni staatliche Grundsicherung erhalten und damit auf Basis von Hartz 4 finanziell unterstützt werden. Die Ukraine-Geflüchteten können damit durch die Jobcenter betreut werden und an Sprachkursen teilnehmen. Derzeit können Geflüchtete Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von den Sozialämtern erhalten.

Mit der Bund-Länder-Entscheidung erhalten die Geflüchtete aus der Ukraine mehr finanzielle Unterstützung und bessere Möglichkeiten zur Teilhabe als etwa Asylbewerberinnen und -bewerber vor der Anerkennung ihres Asylantrags. Die ukrainischen Geflüchteten werden mit dem Beschluss anerkannten Asylbewerber:innen gleichgestellt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach nach dem Bund-Länder-Gipfel von einer „sehr weitreichenden Entscheidung“. Diese sei „vorbildhaft“ dafür, wie das Land künftig mit den Geflohenen aus der Ukraine umgehen solle.

Olaf Scholz nach Beratungen von Bund und Ländern zur Grundsicherung für ukrainische Geflüchtete.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußert sich bei einer Pressekonferenz nach den Beratungen zwischen der Bund und Ländern im Bundeskanzleramt. Hauptthema dieser Ministerkonferenz waren Fragen zur Geflüchtetenverteilung und Finanzierung als Folge des Krieges in der Ukraine. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Grundsicherung für ukrainische Geflüchtete: Scholz weist Vorwurf der Zwei-Klassen-Gesellschaft zurück

Scholz wies den Eindruck zurück, dass der Bund-Länder-Beschluss auf eine Bevorzugung der ukrainischen Geflüchteten hinauslaufe und eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Geflohenen hierzulande schaffe. Der Kanzler verwies darauf, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer bereits jetzt nach geltender Rechtslage einen Aufenthaltsstatus in Deutschland besäßen – und damit anerkannten Asylbewerber:innen gleichgestellt seien. „Es gibt keine Ungleichbehandlung“, sagte er.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser begrüßte den Beschluss von Bund und Ländern. „Bund, Länder und Kommunen helfen den Menschen, die sich vor Putins entsetzlich brutalen Angriffen retten konnten, gemeinsam“. Die Beschlüsse ermöglichten, „dass die Geflüchteten jetzt gute medizinische Versorgung, soziale Sicherheit und gute Chancen haben.“ Durch die sofortige Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme könnten sie zudem schnell auf eigenen Beinen stehen.

Nancy Faeser, (SPD) Bundesministerin für Inneres und Heimat
Nancy Faeser, (SPD) Bundesministerin für Inneres und Heimat © Bernd Weißbrod/dpa

Viele der erwachsenen Geflüchteten seien gut qualifiziert und wollten auch sofort arbeiten, erklärte Faeser weiter. „Für sie sind die Jobcenter die viel besseren Ansprechpartner als die Sozialämter.“ Dort erhielten sie Hilfe, Arbeitsvermittlung und Unterstützung bei der Kinderbetreuung aus einer Hand. Zugleich bedeute der Weg über das Sozialgesetzbuch II eine Gleichbehandlung der ukrainischen Geflüchteten mit anderen anerkannten Schutzberechtigten in Deutschland.

Menschenrechtsorganisation fordert Abschaffung von Asylbewerbergesetz

Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl mit Sitz in Frankfurt nannte die Eingliederung von Geflüchteten aus der Ukraine in die normale Sozialhilfe ab Juni richtig. Die rechtspolitische Expertin von Pro Asyl, Wiebke Judith, forderte im Gespräch mit dem epd dieselben Möglichkeiten auch für andere Asylbewerber:innen in Deutschland. Das Asylbewerberleistungsgesetz, das Asylbewerber:innen gegenüber anerkannten Geflüchteten und Beziehern der Grundsicherung und von Hartz IV benachteilige, müsse abgeschafft werden.

Geflüchtete aus der Ukraine steigen aus einem Zug, der in Cottbus ankommt.
Geflüchtete aus der Ukraine steigen aus einem Zug, der in Cottbus ankommt. © Frank Hammerschmidt/dpa

Finanzielle Unterstützung des Bundes für ukrainische Geflüchtete ist auch für Kinderbetreuung vorgesehen

Die finanzielle Unterstützung des Bundes von zwei Milliarden Euro wird aufgeteilt. Die Hälfte davon ist dem gemeinsamen Beschlusspapier zufolge für Kosten „etwa für die Kinderbetreuung und Beschulung sowie Gesundheits- und Pflegekosten“ gedacht.
Mit 500 Millionen Euro aus der Pauschale sollen die Kommunen bei den Kosten der Unterkunft der Geflüchteten aus der Ukraine unterstützt werden. Weitere 500 Millionen Euro sollen die Länder für Kosten erhalten, die bisher schon für die Versorgung der Geflüchteten angefallen sind.

Wie es 2023 weitergeht, soll Anfang November geklärt werden – auf Basis der dann aktuellen Zahl der Geflüchteten. Bisher sind seit Beginn des Ukraine-Krieges in Deutschland 320.231 Geflüchtete erfasst worden. Es wird aber davon ausgegangen, dass die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden deutlich höher ist, da viele Menschen zunächst privat untergekommen sind. Eine längerfristige Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine zu finden, ist aber nicht immer einfach. (ter/dpa/afp/epd)

Auch interessant

Kommentare