Streit um Schutz von Paketboten

Arbeitsminister Heil schlägt ein Gesetz vor, Wirtschaftsminister Altmaier wehrt sich.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will gegen die Ausbeutung von Paketzustellern vorgehen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) weist die Pläne für eine Nachunternehmerhaftung ab – und erhält nun Unterstützung von den Arbeitgebern.
Die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) lehne Heils Vorstoß ab, große Paketdienste für die Arbeitsbedingungen von Paketboten ihrer Subunternehmer haften zu lassen, sagte dessen Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Der Staat darf seine Aufgabe zur Überwachung der Einhaltung des Mindestlohns nicht einfach auf andere Unternehmen überwälzen“, erklärte er.
Unternehmen könnten andere Unternehmen nicht annähernd so gut kontrollieren wie der Staat, so Kampeter. „Die neuen Gesetzespläne würden daher unverhältnismäßige Haftungsrisiken für die betroffenen Unternehmen bedeuten.“ Die Haftung könnte langjährige Zeiträume umfassen und sich damit zu hohen Beträgen summieren. Zudem könne niemand verlässlich ausschließen, dass ein Vertragspartner Rechtsverstöße begeht, sagte der BDA-Chef. „Wer sich als Arbeitgeber nicht an Recht und Gesetz hält und Beschäftigten nicht den vollen Lohn zahlt und Sozialbeiträge vorenthält, kann und muss nach geltenden Vorschriften bestraft werden.“ Wenn der Staat allerdings Kontrolldefizite bei den Sozialversicherungsbeiträgen sehe, müsse er „seine Kontrollen verbessern statt rechtstreuen Unternehmen neue Haftungsrisiken aufzudrücken“, sagte Kampeter.
Zuvor hatte Bundeswirtschaftsminister Altmaier gesagt, Heils Gesetzentwurf komme zur Unzeit. „Es ist jetzt nicht die Zeit für neue Belastungen der Wirtschaft“, so der CDU-Politiker. „Die Belebung des Wachstums und die Schaffung neuer Arbeitsplätze muss Vorrang haben vor dem Aufbau neuer Bürokratie.“ Altmaier verwies auf die Zuständigkeit der Zollbehörden für die Kontrolle von Arbeitsbedingungen. Der Zoll liegt im Verantwortungsbereich von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).
Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ hat Heil einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die großen Paketdienste verpflichten soll, Sozialabgaben für ihre Subunternehmer nachzuzahlen, wenn diese beim Mindestlohn betrügen. So soll der eigentliche Auftraggeber für korrekte Arbeitsbedingungen bei seinen Boten verantwortlich werden.
Heil verteidigte seine Pläne. „Es geht um Recht und Ordnung am Arbeitsmarkt“, sagte er. „Wir wollen Generalauftragnehmer verpflichten, im Zweifelsfall, wenn die Sozialversicherungsbeiträge bei den Subunternehmern nicht einzutreiben sind, auch in Haftung genommen zu werden.“ Dass in der Branche nicht gut bezahlt werde, sei bekannt, und auch daran müsse sich etwas ändern. „Aber dass auch noch der soziale Schutz ausgehebelt wird, ist für mich völlig inakzeptabel.“
Aus der Unionsfraktion im Bundestag kommt ein Vorschlag für eine mögliche Einigung. „Ein guter Kompromiss kann so aussehen: Wir machen sinnvolle Entbürokratisierung bei einigen Vorschriften im Bereich des allgemeinen Mindestlohns und wir nehmen problematische Bereiche wie die Paketbranche stärker in die Pflicht“, sagte Peter Weiß (CDU), arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Unionsfraktion.
Briefpost
Kästen: Wer einen Brief einwerfen will, muss mancherorts weiter laufen als zuvor. Seit 2011 sank die Zahl der Briefkästen in Deutschland kontinuierlich, wie aus einem Bericht der Bundesnetzagentur an ihren Beirat hervorgeht. Waren es Ende 2011 noch 112 381 Kästen, gab es acht Jahre später nur noch 109 791. Das ist ein Rückgang von 2,3 Prozent. Dies wirkt moderat, denn die Briefmenge sinkt seit langem um zwei bis drei Prozent – und zwar pro Jahr.
Leerungen: Die Zahl der Kästen, die auch nachmittags geleert werden, sank um rund 12 600 auf 47 600. Zugleich stieg die Zahl der Kästen, aus denen Briefe nur vormittags geholt werden, um rund 10 000 auf 62 200. Wer also mittags einen Brief einwirft, dessen Sendung wird mancherorts erst am nächsten Tag abgeholt – die Zeit bis zur Ankunft eines Briefs verlängert sich also.
Zustelltempo: Kamen im Jahr 2011 noch 93,7 Prozent der Einzelsendungen am nächsten Tag an, so waren es 2018 nur noch 88,3 Prozent. Trotz der schlechteren Werte lässt sich festhalten: Bei den gemessenen Laufzeiten liegt der frühere Staatsmonopolist noch absolut im grünen Bereich, denn gesetzlich vorgeschrieben ist ein Mindestwert von 80 Prozent. Der Effekt durch die Abnahme von Briefkästen mit später Leerung ist hierbei aber nicht eingerechnet – die Messung startet ab der Abholung der Sendung.
Beschwerden: Im ersten Quartal dieses Jahres gingen 3879 Beschwerden bei der Bundesnetzagentur ein. Eine Vergleichszahl zum Vorjahresquartal liegt zwar nicht vor. Hochgerechnet auf das ganze Jahr wären es aber deutlich mehr als 2018, als insgesamt 12 615 Beschwerden eingingen. Hierbei geht es zum Beispiel um verspätete oder verlegte Sendungen.
Bei den Kundenprotesten geht es um die ganze Brief- und Paketbranche in Deutschland. (dpa)