Warum Frauen von Kurzarbeit in der Corona-Krise mehr betroffen sind

Frauen stehen bei Corona-Kurzarbeit deutlich schlechter da als Männer. Das liegt vor allem an der ungleichen Verteilung der Steuerklassen.
- Die Kurzarbeit durch die Corona-Krise trifft vor allem Frauen.
- Grund dafür ist die Steuerklasse 5, in die hauptsächlich Frauen kommen.
- Der Juristinnenbund macht Vorschläge, wie man die Ungerechtigkeit beenden kann.
Mehr als 13 Prozent aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen waren zuletzt in Kurzarbeit. Bei den Männern ist der Anteil zwar noch höher, dafür trifft Frauen die Kurzarbeit stärker – bei ihnen fallen also mehr Arbeitsstunden weg. Folglich muss ein höherer Lohnanteil durch Kurzarbeitergeld ausgeglichen werden. Diese Zahlen veröffentlichte am Mittwoch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Das Kurzarbeitergeld wird auf Grundlage des vergangenen Nettogehalts berechnet – und das hat nun vor allem für Frauen negative Folgen. Es geht um Verluste von 100 Euro plus, und zwar in jedem Monat, in dem kurzgearbeitet wird. Grund ist die Steuerklasse 5, in die sich leider noch immer viele Ehefrauen begeben oder zu der sie sich überreden lassen.
Verheiratete und Lebenspartner werden automatisch in die Steuerklasse 4/4 eingruppiert. Jeder hat eigentlich dieselbe Steuerklasse. Alle in Deutschland lebenden Steuerpflichtigen haben einen Grundfreibetrag von 9408 Euro im Jahr. Der ist steuerfrei, weil dieser Betrag das Existenzminimum abdeckt, und von dem darf keine Steuer abgezogen werden. Bei Steuerklasse 4/4 erhält also jeder der Partner zunächst den Grundfreibetrag. Erst jenseits dieses Sockels – es gibt noch einige geringe Freibeträge, außerdem können Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung abgezogen werden – fällt Lohnsteuer an.
Mehrheitlich Frauen sind in Steuerklasse 5 - und müssen ihr Einkommen mehr versteuern
Paare können aber beim Finanzamt die Änderung ihrer Steuerklasse beantragen. Stimmen beide schriftlich zu, wird die Steuerklasse 3/5 eingetragen. Wer Steuerklasse 3 hat, erhält dann beide Grundfreibeträge, der in Klasse 5 gar keinen. Das führt dazu, dass vom Gehalt mit Steuerklasse 3 mehr als 18 800 Euro im Jahr frei bleiben, folglich wesentlich weniger Lohnsteuer abgezogen und ein höheres Nettogehalt überwiesen wird. Wer Steuerklasse 5 hat, versteuert sein Einkommen dagegen vom ersten Euro an. Es bleibt netto viel weniger übrig.
Und nun kommt das Geschlecht ins Spiel. Es sind ganz überwiegend Frauen in der Steuerklasse 5, nur eine Minderheit sind Männer. Grund ist, dass die Ehemänner in aller Regel Vollzeit arbeiten und mehr verdienen als die Frauen. Ihnen wird durch den doppelten Grundfreibetrag erst einmal sehr viel weniger Lohnsteuer abgezogen. Bei Frauen sinkt das Nettogehalt dagegen rasant. Weil aber Kurzarbeitergeld, Krankengeld sowie Mutterschafts- und Erziehungsgeld nach Nettogehalt berechnet werden, kommen Frauen dabei nochmals schlechter weg.
Wegen Kurzarbeit durch Corona: Frauen sind oft härter betroffen
In Zeiten von Kurzarbeit durch die Corona-Krise ist das ein Massenproblem geworden, jedenfalls für Frauen. Der Juristinnenbund rechnet vor, dass bei einem Bruttogehalt von 1700 Euro ein Mann in Steuerklasse 3 im Monat 200 Euro mehr Kurzarbeitergeld erhält als die Ehefrau bei gleichem Einkommen in Steuerklasse 5. Dabei ist ein Kurzarbeitergeld von 60 Prozent zugrunde gelegt, nicht der erhöhte Satz von 80 Prozent.
Bei einem Gehalt von 3300 Euro im Monat macht der Unterschied beim Kurzarbeitergeld sogar 400 Euro aus. Von dem geringen Kurzarbeitergeld infolge der Steuerklasse 5 seien zu 97 Prozent Frauen betroffen, diese erschreckend hohe Zahl nennt der Juristinnenbund anhand der Daten des Statistischen Bundesamtes. Frauenministerinnen und Juristinnenbund fordern deshalb, das Kurzarbeitergeld insgesamt anders zu berechnen. Es soll für alle Paare auf Grundlage der Steuerklasse 4 ausgezahlt werden.
Juristinnenbund hat Vorschläge wie man die Ungleichheit bekämpfen kann
Frauenverbände fordern seit Jahrzehnten, dass die Kombination 3/5 insgesamt gestrichen werden soll, weil sie Frauen indirekt diskriminiert. Denn sie tragen das Risiko geringer Lohnersatzleistungen. Darüber hinaus erscheint es auf dem Haushaltskonto Monat für Monat so, als würde die Frau kaum etwas beitragen und ihre Arbeit nicht lohnen, obwohl ihr Nettogehalt aufgrund der Steuerberechnung gesenkt und seines erhöht ist.
Dabei sind die Vorteile für den Partner mit Klasse 3 – also in aller Regel für die Männer – keineswegs nachhaltig. Nach dem Lohnsteuerjahresausgleich gibt es keinen Unterschied mehr zwischen 3/5 und 4/4. Wer als Paar 4/4 hat, bekommt oft Steuern zurück, bei der Kombination 5/3 werden häufig Nachzahlungen fällig. Das geringe Kurzarbeitergeld sollte endgültig Anstoß für Frauen sein, in die Steuerklasse 4 zu wechseln. Das ist jederzeit möglich. (Von Ursula Knapp)