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Steuererklärung für das erste Corona-Jahr: Nach der Kurzarbeit drohen Nachzahlungen

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Von: Mechthild Hennecke

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Wer 2020 Kurzarbeitergeld bezogen hat, muss bis Ende Oktober 2021 eine Steuererklärung abgeben. (Symbolbild)
Wer 2020 Kurzarbeitergeld bezogen hat, muss bis Ende Oktober 2021 eine Steuererklärung abgeben. (Symbolbild) © Sebastian Gollnow/dpa

Wer im Jahr 2020 wegen Corona Kurzarbeitergeld bezogen hat, muss bis Ende Oktober 2021 eine Steuererklärung abgeben.

Frankfurt - Die Schließung vieler Betriebe wegen der Corona-Pandemie hat im vergangenen Jahr Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland in die Kurzarbeit gezwungen. Sie müssen nun in der Mehrzahl eine Steuererklärung abgeben. Obwohl Kurzarbeitergeld steuerfrei ist, schreibt das Gesetz für Einkünfte aus Kurzarbeit ab einer bestimmten Summe die Steuererklärung vor.

Hintergrund ist, dass der Staat sich Einnahmen erhofft, denn viele Kurzarbeiterinnen und -arbeiter müssen nachzahlen. Für die Betroffenen bedeutet das, von ihrem knappen Geld etwas an den Staat abzugeben. Wir erklären, wie man die Steuerlast mindern kann.

Steuer: Kurzarbeitergeld verpflichtet ab einer bestimmten Höhe zur Steuererklärung

Kurzarbeit und Steuererklärung: Ursprünglich betraf Kurzarbeit vor allem Saisonbeschäftigte. Die Corona-Pandemie ließ die Zahl der Kurzarbeiterinnen und -arbeiter massiv steigen. Der bisherige monatliche Höchststand wurde nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit im April 2020 mit mehr als sechs Millionen erreicht, im November 2020 lag die Zahl bundesweit bei rund 2,3 Millionen. Jeder, der im vergangenen Jahr 410 Euro Kurzarbeitergeld oder mehr erhielt, ist verpflichtet eine Steuererklärung für 2020 abzugeben. „Die Zahl 410 rührt vermutlich von Berechnungen, dass der Steuerzahler ab dieser Summe häufig eine Nachzahlung zu leisten hat“, sagt Dennis Konrad, Gründer von Express-Steuer, einem digitalen Steuerservice.

Höhe des KurzarbeitergeldesHöhe des Kurzarbeitergeldes für Beschäftigte mit mindestens einem Kind
60 Prozent des Netto-Entgelts67 Prozent des Netto-Entgelts
Ab dem vierten Bezugsmonat: 70 Prozent*Ab dem vierten Bezugsmonat: 77 Prozent*
Ab dem siebten Bezugsmonat: 80 Prozent*Ab dem siebten Bezugsmonat: 87 Prozent*
*Gilt für Beschäftigte, deren Entgelt im jeweiligen Kalendermonat mindestens um die Hälfte verringert ist
Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Das Start-up hat auf seiner Webseite einen Rechner, mit dessen Hilfe Personen, die im vergangenen Jahr Kurzarbeitergeld bezogen haben, schnell ausrechnen können, ob sie eine Steuernachzahlung leisten müssen, oder ob sie eine Rückzahlung zu erwarten haben. Auch Lohnsteuerhilfevereine berechnen im Voraus das Steuerergebnis, so die Sprecherin der Lohnsteuerhilfe Bayern, Nicole Janisch.

Steuererklärung: Kurzarbeitergeld kann Steuersatz erhöhen

Progressionsvorbehalt: Das Kurzarbeitergeld verändert den Steuersatz, der für die Lohnsteuer 2020 veranschlagt wird. Darauf zielt der Begriff Progressionsvorbehalt ab. Er stammt aus dem Steuerrecht und bedeutet, dass gewisse steuerfreie Einkünfte den Steuersatz erhöhen können, darunter das Kurzarbeitergeld. Wie das funktioniert, demonstriert Dennis Konrad an einem Beispiel: Hatte ein Beschäftigter vergangenes Jahr 30 000 Euro Einkünfte aus regulärer Arbeit und wird ein Steuersatz von 30 Prozent veranschlagt, muss er oder sie 9000 Euro Einkommenssteuern zahlen. Zudem erhielt sie oder er 5000 Euro Kurzarbeitergeld. Das Jahresbruttoeinkommen lag damit bei 35 000 Euro. Auf dieses Einkommen würde ein höherer Steuersatz erhoben – beispielsweise 33 Prozent, also ergäbe sich eine Steuerlast von 9900 Euro – 900 Euro müssten nachgezahlt werden.

Eine Faustregel kann helfen zu überschlagen, ob eine Nachzahlung ansteht. „Wenn man bis zu 20 Prozent regulär gearbeitet hat und zu 80 Prozent in Kurzarbeit war, kann man mit einer Erstattung rechnen, sonst gibt es eine Nachzahlung“, sagt Konrad. Neben Dauer und Anteil der Kurzarbeit kommen noch andere Faktoren ins Spiel: der individuelle Grenzsteuersatz und – bei Verheirateten – die Steuerklassenverteilung der Ehegatten.

Steuererklärung für das Jahr 2020: Welche Rolle die Homeoffice-Pauschale spielt

Werbungskosten und Sonderausgaben: Bei der Steuererklärung können 1000 Euro Werbungskosten geltend gemacht werden. Dazu zählt zum Beispiel die Kilometerpauschale für den Fahrtweg. Wer normalerweise ins Büro pendelt, kann fürs vergangene Jahr weniger Ausgaben geltend machen. Es gibt aber eine neue Homeoffice-Pauschale von fünf Euro pro Tag – gedeckelt bei 600 Euro. Tage bei „Kurzarbeit null“ zählen allerdings weder für die Pauschale noch für die Fahrtkosten.

Abrechnen sollten Verbraucherinnen und Verbraucher auch „Spenden, Versicherungsbeiträge, Kinderbetreuung, Krankheitskosten und Haushaltshilfen“, rät Stiftung Warentest. „Klingt zwar nach viel Arbeit, ist es aber meist gar nicht und es lohnt sich“, erklärt Finanztest-Expertin Marieke Einbrodt. Neu ist zudem ein Steuerrabatt für die, die ihr Eigenheim energiesenkend saniert und dafür ein Fachunternehmen beauftragt haben.

Hilfe

Steuerberater:innen haben zurzeit Hochkonjunktur. Wer noch keinen oder keine hat, sollte sich rechtzeitig kümmern. Eine Alternative sind Lohnsteuerhilfevereine, die aber auch viel Zulauf haben.

Digitale Unterstützung findet man auch im Internet. Manche Online-Steuerplattformen machen derzeit besondere Angebote für Kurzarbeitende. Bei der Auswahl sollte man prüfen, ob die Steuer rein digital berechnet wird oder auch Steuerexpert:innen im Hintergrund prüfen.

Steuer: Bis wann muss die Steuererklärung für 2020 erledigt sein?

Fristen: Wer eine Steuererklärung für 2020 machen muss, hat dafür bis Ende Oktober 2021 (beziehungsweise 1. November 2021) Zeit – die Frist wurde wegen Corona verlängert. Macht man die Steuererklärung nicht allein, gibt es mehr Zeit: Wer einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein beauftragt, hat bis zum 31. Mai 2022 Zeit

Konrad rät, die Fristen zu beachten. Es drohen Säumniszuschläge und: „Wer die Abgabefrist verpasst, kann vom Finanzamt geschätzt werden“, sagt er. Das bedeutet, dass das Finanzamt überschlägt, wie die Berechnung ausfällt und – im ungünstigen Fall – eine hohe Nachzahlung veranschlagt. „Wichtig ist, hier sofort Einspruch zu erheben und binnen vier Wochen selbst die Steuererklärung abzugeben.“ Ein weiterer wichtiger Tipp: Liegt ein endgültiger Bescheid vor und die Summe ist schwer zu stemmen, lohnt es sich, das Gespräch mit dem Finanzamt zu suchen. „Mit dem Finanzamt kann man reden“, sagt Konrad. Es kann eine Stundung oder eine Ratenzahlung vereinbart werden. Aufgrund der besonderen Lage zeige sich das Finanzamt in der Regel kompromissbereit.

Steuererklärung für Vorjahre: Als Möglichkeit, eine Nachzahlung auszugleichen, schlägt Konrad vor: „Viele Arbeitnehmer haben in den vergangenen Jahren keine Steuererklärung gemacht. Eventuell lässt sich hier eine Rückzahlung rausholen“, sagt er. Durchschnittlich geben nur 45 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Steuererklärung ab, weil sie dazu nicht verpflichtet sind. Nach einem Beschluss des Bundesfinanzhofs können freiwillige Steuererklärungen für die vergangenen vier Jahre abgegeben werden. Das bedeutet, dass Erklärungen bis zurück zum Jahr 2017 eingereicht werden können. Wer durchgehend fest angestellt war, darf hier durchaus auf Rückzahlungen hoffen, sagt Konrad. (Mechthild Hennecke)

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