App statt Hebamme
Ein Berliner Startup bietet den deutschlandweit ersten digitalen Geburtsvorbereitungskurs an
Die Krankenkasse AOK Plus, die in Sachsen und Thüringen rund drei Millionen Versicherte betreut, ist schon dabei. Ebenso die noch recht neue private Krankenkasse Ottonova, die damit wirbt, alles digital übers Handy abzuwickeln.
Jetzt hoffen die Macher der App Keleya darauf, dass auch weitere Kassen ihr Angebot in den Katalog der finanzierten Maßnahmen aufnehmen. Denn das Start-up aus Berlin bietet seit Kurzem eine App für’s Smartphone an, die einen Geburtsvorbereitungskurs ersetzen soll. Einen solchen besuchen Schwangere alleine oder mit ihrem Partner, um sich auf die Geburt vorzubereiten. Die Dozentinnen sind in der Regel Hebammen.
Der app-basierte Kurs sei „ein ergänzendes Angebot“ für die Versicherten, heißt es auf Nachfrage bei AOK Plus. „Denn die Digitalisierung schreitet auch im Gesundheitswesen schnell voran“. Da seien Angebote für digital-affine Versicherte wichtig.
Wer die App herunterlädt und den Geburtsvorbereitungskurs für 49,99 Euro freischalten lässt, kann sich mit 13 Videos und elf Podcasts über viele Themen rund um die Geburt informieren. Klassische Kurse kosten in der Regel 80 bis 100 Euro. Zugeordnet sind die Beiträge in der App den fünf Modulen Schwangerschaft, Vorbereitung auf die Geburt, Geburt, Nach der Geburt und Das Stillen. Vorgetragen werden die Informationen auch hier von einer Hebamme.
Laut Gründerin Victoria Engelhardt hat ihr Team die Inhalte der App in enger Abstimmung mit der Krankenkasse entwickelt. Eingebettet ist der Kurs zur Geburtsvorbereitung in die Keleya-App, in der es allgemeine Informationen rund um die Schwangerschaft, Ernährungstipps und Videos mit Workouts gibt.
Auch mit dem Deutschen Hebammenverband (DHV) ist Keleya in Kontakt. Der aber will sich aktuell dazu noch nicht zur App äußern. Der Grund: Über digitale Angebote werde gerade intensiv diskutiert, teilt Pressereferent Robert Manu mit.
Doch warum eine App? „Für viele werdende Eltern ist es schwierig, passende Zeitfenster für einen Geburtsvorbereitungskurs zu finden“, heißt es in einer Pressemitteilung von Keleya. „Auch haben manche ganz einfach keinen Kurs in ihrer Nähe oder der Kurs ist schlichtweg ausgebucht.“
Finanziert hat Engelhardt die Entwicklung der App über Wagniskapital. Hauptinvestor war die Wüstenrot & Württembergische aus Stuttgart und weiteren Investoren, die Geld und teilweise auch Wissen eingebracht hätten. Obwohl sie noch keine aktive Werbung gemacht habe, haben in den ersten zweieinhalb Monaten mehr als 100 Kundinnen einen Kurs gebucht, so Engelhardt. Schon in wenigen Monaten, hofft sie auf Kundenzahlen im vierstelligen Bereich.
Datenschutz sei dabei ein „absolut wichtiges Thema“, so die 29-Jährige. Die erhobenen Daten, betont sie, würden ausschließlich auf deutschen Servern gespeichert. Auf Anfrage von Kundinnen könnten sie zudem gelöscht werden.
Auch inhaltlich will Engelhardt ihr Angebot noch weiterentwickeln. So sollen Schwangere zukünftig über die App auch in direkten Kontakt mit Telehebammen treten können, um individuelle Fragen zu stellen. Zudem will sie das Angebot um Themen erweitern, die nach der Geburt aufkommen.