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Spekulation verhagelt das Geschäft

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Von: Thomas Magenheim-Hörmann

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Der Agrarkonzern Baywa kritisiert die heftigen Preisschwankungen bei Soja, Mais und Getreide. Um das wilde Auf und Ab besser zu verstehen, wollen sich die Münchner jetzt selbst an einem Hochfrequenzhändler beteiligen.

Für eine Bilanzvorlage einer börsennotierten Gesellschaft sind das ungewöhnliche Worte: „Es wird irgendwann eine politische Diskussion nach sich ziehen, wenn Menschen sich ihr tägliches Brot nicht mehr leisten können, weil auf Agrarmärkten spekuliert wird,“ sagt Baywa-Chef Klaus Josef Lutz. Sein Unternehmen ist Deutschlands größter Agrarhändler, niemand importiert so viel Sojaschrot als Futtermittel in die EU wie die Münchner.

Selbst ein solcher Handelsriesen mit 2016 rund 15,4 Milliarden Euro Umsatz kann aber nur noch staunend zusehen, wenn Hedgefonds und Hochfrequenzhändler im globalen Maßstab das Geschäft mit Soja, Mais oder Getreide wie voriges Jahr in wichtigen Agrar-Teilmärkten an sich reißen.

Das führe dann zu einem völlig irrationalen und nicht mehr planbaren Auf und Ab an den Agrarbörsen dieser Welt, kritisiert Lutz. Auslöser seien mit Sojaschrot, Mais und Getreide spekulierende Hedgefonds gewesen. Deren künstliche Markttrends würden dann von softwarebasierten Hochfrequenzhändlern massiv verstärkt. Wenn die Baywa in Brasilien ein Schiff mit Sojaschrot beladen lasse, dauere es vier Wochen, bis die Ware am Bestimmungsort ist, bis dahin könnten Spekulanten die Preise radikal verändert haben.

Bei einem Handelskonzern wie Baywa hinterlässt so etwas – wie 2016 geschehen – Spuren in der Bilanz. Bauern speziell in Schwellen- oder Entwicklungsländern kann das Schwanken von Agrarpreisen aber ruinieren und in den Ländern Hunger verursachen. Speziell bei den für die Ernährung wichtigen Gütern wie Getreide und Ölsaaten übersteige das Angebot derzeit im globalen Maßstab die Nachfrage, betont Lutz. Gleichzeitig sind im Jemen und mehreren afrikanischen Ländern Millionen von Menschen vom Hungertod bedroht.

Bei Baywa sind die Effekte weniger dramatisch. In der den Konzern dominierenden Agrarhandelssparte sind die operativen Gewinne 2016 zwar um gut die Hälfte auf 17,2 Millionen Euro eingebrochen. Weil zugleich aber das Geschäft mit erneuerbaren Energien, Baustoffen und anderen Geschäftsbereichen gut lief, stand am Ende ein überschaubarer Rückgang des Ergebnisses vor Steuern und Zinsen um knapp neun Prozent auf 145 Millionen Euro.

Um spekulative Marktausschläge künftig besser zu verstehen und das eigene Geschäft gegen Preisschwankungen abzusichern, plant Baywa eine Beteiligung an Quantum Rock, einem Spezialisten für Hochfrequenzhandel. „Wir wollen aber physische Händler bleiben und nicht spekulieren“, stellt Lutz klar.

Die Dimension der Spekulationen seien immens, betonte Lutz. So sei im vergangenen Jahr am weltweit wichtigsten Umschlagsplatz für Warentermingeschäfte in Chicago das mehr als 28-fache der globalen Maisernte virtuell gehandelt worden.

Fürs laufende Jahr baut Baywa-Chef Klaus Josef Lutz auf eine gut 20-prozentige Verbesserung des operativen Gewinns und wie im Vorjahr auf leicht steigende Umsätze. Voraussetzung ist, die Agrarmärkte spielen nicht wieder verrückt.

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