Rechtzeitig schenken

Wer sein Vermögen schon zu Lebzeiten überträgt, erfreut die Erben – nicht aber den Fiskus.
Zu den großen Entscheidungen im Alter gehört die Frage, wie und wann man sein Erbe auf die Angehörigen verteilt. Um die hohen Erbschaftssteuern zu umgehen, sind Schenkungen zu Lebzeiten eine Möglichkeit. Erben und Schenken wird zwar gleich besteuert, aber das Schenken hat den Vorteil, dass es geplant und wiederholt passieren kann. Freibeträge können so mehrfach genutzt werden.
Übertragung des Vermögens: Für Erbschaften wie für Schenkungen hat der Gesetzgeber hohe Freibeträge für die nächsten Verwandten eingerichtet. Gezielte Schenkungen unterhalb dieser Freibeträge sind deshalb eine Möglichkeit, Steuern zu umgehen, erklärt die Fachautorin für Steuerrecht Irmelind Koch. Für den Ehegatten beträgt der Freibetrag 500 000 Euro. Für die Kinder, Stiefkinder und Enkel, wenn das Kind bereits verstorben ist, liegt er bei 400 000 Euro. Ansonsten gilt bei Enkeln und Urenkeln ein Freibetrag von 200 000 Euro. Verschenkt man an Eltern und Großeltern, Geschwister, Nichten, Neffen, Stief- oder Schwiegereltern, Schwiegersöhne und -töchter oder Freunde, liegt der Freibetrag bei 20 000 Euro.
Vorteile des Schenkens: Das Schenken kann gezielt geschehen. Außerdem werden die Freibeträge alle zehn Jahre zur Verfügung gestellt. Das heißt: Wer einen größeren Besitz hat, kann diesen in zwei oder drei Schritten an seine Erben übertragen, ohne dass diese Steuern zahlen müssen. Zum Beispiel können Eltern Kindern im Februar 2019 Werte in Höhe bis zu 400 000 Euro schenken und dann wieder im Februar 2029.
Steuersätze oberhalb des Freibetrags: Was bei Erbe oder Schenkung über den Freibetrag hinausgeht, wird gestaffelt besteuert. Das gesamte Erbe wird veranlagt: zum Beispiel der Verkehrswert einer Eigentumswohnung plus Ersparnisse. Bei einem Erbe oder einer Schenkung von 600 000 Euro würden bei einem erbberechtigten Kind 200 000 Euro mit dem Steuersatz von elf Prozent besteuert. Es würden 22 000 Euro fällig. Bei 800 000 Euro liegt der Steuersatz bei 15 Prozent, das ergibt 60 000 Euro Steuern.
Ein Haus verschenken: Wer das Familienhaus noch zu Lebzeiten seiner Ehefrau oder seinen Kindern übertragen möchte, muss dies beim Notar tun. Eine solche Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen. Schenkungsverträge haben Bestand, auch wenn die Beziehung zwischen Schenkendem und Beschenkten nicht mehr besteht. Nur massive Gründe wie grober Undank oder die Verarmung des Schenkenden könnten vor Gericht eine Berechtigung darstellen, die einstige Gabe zurückzuerhalten. Zusatzvereinbarungen zur Schenkung: Es ist möglich, bei der Schenkung einer Immobilie die eigene wirtschaftliche Lage abzusichern. So kann mit dem Beschenkten vereinbart werden, dass eine monatliche Rente gezahlt wird. Eine Wertsicherungsklausel kann sicherstellen, dass die Rentenzahlung der Inflationsrate angepasst wird. Eine andere Möglichkeit ist es, mit dem Beschenkten eine Pflegevereinbarung zu schließen.
Rückfallklausel: Eine Rückfallklausel im Schenkungsvertrag kann einen Ausweg darstellen, zum Beispiel für den Fall, dass der Begünstigte verstirbt oder insolvent wird. Wer dem Ehepartner eine Schenkung macht, kann sich in einer Rückfallklausel absichern, dass das Geschenk bei einer Scheidung wieder an den Schenkenden zurückfällt. Wichtig ist auch, sich in der verschenkten Immobilie Wohnrecht zuzusichern oder das sogenannte Nießbrauchrecht. Letzteres erlaubt es, die Immobilie im Bedarfsfall zu vermieten.
Einschränkungen bei der Schenkung einer Immobilie: Wer das Familienheim verschenkt, muss keine Schenkungssteuer bezahlen – egal, ob es sich um eine Villa oder um eine Einzimmerwohnung handelt. Das gilt allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Das Finanzamt verlangt, dass in dem Haus oder in der Eigentumswohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens liegt. Wird das Grundstück oder Haus nur an Wochenenden oder in den Ferien genutzt, fällt Schenkungssteuer an. Diese richtet sich nach dem Verkehrswert von Grundstück und Immobilie.
Information über Schenkungen: Wer Anspruch auf den Pflichtteil eines Erbes hat, muss über eine Schenkung an eine andere Person informiert werden. Einen Pflichtteil erben Kinder, adoptierte Kinder, Ehegatten und eingetragene Lebenspartner. Entferntere Abkömmlinge wie Enkel oder Urenkel und die Eltern des Erblassers sind pflichtteilsberechtigt, wenn es keine Kinder gibt. Da das Erbe für diese Pflichtteilberechtigten durch eine Schenkung geschmälert wird, müssen sie informiert werden. Eventuell muss ein Ausgleich gezahlt werden. Das gilt nur in den ersten zehn Jahren nach der Schenkung – danach ist sie quasi verjährt.
Stundung der Schenkungssteuer: Wer eine Immobilie geschenkt bekommt, für die Schenkungssteuer fällig wird, kann die Steuer auf Antrag bis zu zehn Jahre stunden lassen. Das Finanzamt genehmigt dies, wenn andernfalls die Immobilie verkauft werden müsste. Im ersten Jahr nach der Festsetzung der Steuer erfolgt die Stundung zinslos. Ab dem zweiten Jahr sind 0,5 Prozent Zinsen pro Monat zu zahlen.
Deutsche vererben hohe Summen
Die Deutschen haben laut dem Statistischen Bundesamt 2017 Vermögenswerte in Höhe von 42,6 Milliarden Euro vererbt. Im gleichen Jahr wurden Vermögenswerte in Höhe von 54,4 Milliarden Euro durch Schenkung übertragen. Die Zahlen beziehen sich auf die Werte vor Steuerabzug.
Die besteuerte Summe aus Nachlässen und Schenkungen unterscheidet sich wesentlich vom „Brutto“. Nach Abzug der Freibeträge und weiterer abzugsfähiger Abschläge und Auflagen wurde 2017 eine Summe von 23,2 Milliarden Euro aus Nachlässen und 11,2 Milliarden Euro aus Schenkungen besteuert.
Zu Nachlässen und Schenkungen zählen sowohl Ersparnisse, als auch Immobilien, land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundstücke und Betriebsvermögen, also Unternehmen und Firmen.