Sparen auf Kosten des globalen Südens

Wenn es ungemütlicher wird in Europa, zieht sich der Kontinent in die eigene Wagenburg zurück und interessiert sich nicht mehr dafür, was jenseits seiner Grenzen passiert. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.
Die Bundeswehr bekommt mal eben 100 Milliarden Euro zusätzlich, während der Etat für Entwicklungspolitik 2023 um ein Fünftel auf knapp elf Milliarden Euro gekürzt werden soll. In einer Zeit, in der die zwei bestehenden globalen Krisen Pandemie und Erderhitzung von einer dritten, dem Ukraine-Krieg, überlagert und verstärkt werden, will die Bundesregierung also genau in dem Politikbereich sparen, zu dessen Auftrag es gehört, die Länder im globalen Süden bei der Bewältigung dieser Krisen zu unterstützen. Und Deutschland steht damit nicht allein: Andere reiche Länder, darunter Dänemark und Schweden, haben ebenfalls angekündigt, ihre Entwicklungshilfe zu kürzen und das Geld für die Versorgung von Flüchtlingen aus der Ukraine auszugeben.
Schädlich sind diese Kürzungspläne vor allem auf symbolischer Ebene. Sie signalisieren der Welt einmal mehr: Wenn es ungemütlicher wird in Europa, zieht sich der Kontinent in die eigene Wagenburg zurück und interessiert sich nicht mehr dafür, was jenseits seiner Grenzen passiert. So wurde das vor allem in Afrika schon während der Pandemie wahrgenommen, als Europa den Markt für Impfstoffe leergekauft und sich gleichzeitig dagegen gesperrt hat, durch die Freigabe von Patenten den Aufbau einer Impfstoffproduktion in ärmeren Ländern zu fördern.
Dieses Mal schadet sich Europa mit einem solchen Signal vor allem selbst, denn im diplomatischen Kampf gegen Russlands Überfall auf die Ukraine braucht es möglichst breite Unterstützung auf der Weltbühne. Zweimal hat die UN-Generalversammlung bisher die russische Aggression verurteilt, doch vor allem viele afrikanische Länder haben sich der Stimme enthalten. Es wird zunehmend schwierig, im globalen Süden Mehrheiten gegen Putin zu mobilisieren. Viele Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika registrieren mit wachsendem Unbehagen, dass der Westen zwar Gefolgschaft gegen Russland von ihnen wünscht, sich aber wenig um ihre Interessen und ihre Vorschläge zur Bewältigung der Kriegsfolgen kümmert.
Von Europa sollte deshalb das Signal ausgehen: Trotz der gegenwärtigen Bedrohung hat der Kontinent nicht vergessen, dass es weiterhin andere dringende Aufgaben zu bearbeiten gibt. Wie wäre es mit einem Sondervermögen für den Aufbau einer friedlicheren Welt nach dem Krieg?
Der Autor ist Redakteur beim entwicklungspolitischen Magazin „welt-sichten“ (www.welt-sichten.org).