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Nitrat im Grundwasser
Verfassungsbeschwerde gegen „sinnlose“ Auflagen beim Düngen
- vonJoachim Willeschließen
Weil er Einbußen bei den Erträgen fürchtet und keinen Schaden im Grundwasser anrichte, reicht ein Landwirt Verfassungsklage gegen verschärfte Dünge-Vorschriften ein.
- Seit 1. Mai gelten verschärfte Düngeregeln für die Landwirtschaft.
- Hintergrund sind giftige Substanzen, die das Grundwasser verunreinigen.
- Jetzt legen Bauernorganisationen Protest ein.
Überdüngte Felder gefährden das Grundwasser. Giftiges Nitrat reichert sich an, und eine aufwendige Trinkwasseraufbereitung wird nötig. Um die Belastung zu reduzieren, gelten seit 1. Mai striktere Düngeregeln, vor allem in den besonders belasteten Regionen mit Massentierhaltung.
Bei Bauernorganisationen stößt die Verschärfung auf Protest. Sie warnen vor Einbußen bei den Erträgen. Und nun läuft sogar eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe gegen die neue Düngemittelverordnung – initiiert von einer Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, genannt „Freie Bauern“.
Klage gegen sinnlose Bewirtschaftungsauflagen
Beschwerdeführer ist der Landwirtschaftsbetrieb Soeken aus dem ostfriesischen Timmel. Bauer Jens Soeken, der einen Grünlandbetrieb mit Mutterkuhherde und Biogasanlage auf der ostfriesischen Geest bewirtschaftet betont: Mit der Verfassungsbeschwerde greife er nicht das berechtigte Ziel des Grundwasserschutzes an, sondern „die vielen sinnlosen Bewirtschaftungsauflagen“ für die Mehrzahl der bäuerlichen Betriebe, die in natürlichen Kreisläufen arbeiteten und daher keinen Schaden am Grundwasser anrichten könnten.
„Wenn der Staat mir vorschreibt, dass ich meine Pflanzen nicht mehr mit meinem eigenen organischen Dünger bedarfsgerecht ernähren darf, ist das ökonomisch und ökologisch falsch“, sagte Soeken am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Und es sei rechtlich nicht haltbar,
Düngeverordnung: Belastete Zonen sollen ausgewiesen werden
Soekens Anwalt Konrad Asemissen sieht den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verletzt, wonach der Gesetzgeber dazu verpflichtet sei, unterschiedliche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln: „Wo keine Nitratbelastungen vorhanden sind, sind die verschärften Anforderungen an die Ausbringung von Düngemitteln nicht erforderlich.“
Tatsächlich hat der Bund die Länder zu einer differenzierten Ausweisung belasteter Zonen verpflichtet - der „roten Gebiete“. Sie muss bis 1. Januar abgeschlossen sein. Die Beschwerde richtet sich nun aber dagegen, dass verschärfte Düngeanforderungen trotzdem bundesweit gelten sollen - etwa, wie im Fall von Bauer Soeken, Stickstoffobergrenzen für organische Düngemittel. Anwalt Asemissen argumentiert, der Bund greife damit „ohne sachliche Rechtfertigung in Eigentum und Berufsfreiheit“ der Landwirte ein.
#Landwirtschaft und #Naturschutz gemeinsam gedacht - neue #Düngeverordnung heute im #Kabinett @thueringende beschlossen @BenjaminHoff @Torsten_Weil @bodoramelow @bmel @BauernverbandTH @Bauern_Verband @Bauernzeitung_D @NABU_Thueringen @BUNDth @UmweltTH @AnjaSiegesmund pic.twitter.com/7WoVbE8xJK
— TMIL (@TMIL_Thueringen) December 1, 2020
Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums wollte die Klage, die ihm noch nicht vorliege, auf Anfrage nicht kommentieren. Er betonte jedoch, mit dem Neuzuschnitt der roten Gebiete würden die Hauptverursacher der Nitratbelastung sehr zielgenau erfasst. Für die anderen Bauern gälten weniger strikte Vorschriften. (Joachim Wille)