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Schulze gibt Altmaier kräftig Kontra

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Von: Joachim Wille

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Die Bundesregierung will den Anteil des Öko-Stroms bis 2030 auf "etwa 65 Prozent" erhöhen.
Die Bundesregierung will den Anteil des Öko-Stroms bis 2030 auf "etwa 65 Prozent" erhöhen. © rtr

Beim Ausbau von Wind- und Solarkraft wollte die große Koalition nachlegen. Doch davon findet sich nichts im Gesetzesentwurf, den das Wirtschaftsressort vorgelegt hat. Die Bundesumweltministerin warnt vor einem Bruch des Koalitionsvertrags.

Es ist peinlich genug: Ihr Klimaziel für 2020 hat die Bundesregierung aufgegeben. Die „Handlungslücke“ solle aber möglichst geschlossen werden, versprach die Groko in ihrem Koalitionsvertrag. Nun wachsen Zweifel, ob das von Seiten der Union überhaupt ernst gemeint war. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) warnte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in einer Rede im Bundestag vor einem Bruch des Koalitionsvertrages und bestand darauf, den verabredeten schnelleren Ökostrom-Ausbau ohne Verzögerung umzusetzen.

In der Debatte zum Bundeshaushalt griff Schulze Altmaier direkt an. „Verlässlichkeit ist ein ganz hohes Gut“, sagte sie. Im Groko-Vertrag sei die zusätzliche Ausschreibung an Investoren von vier Gigawatt an Wind- und Solarenergie klar verankert. „Der vom Wirtschaftsminister vorgelegte Gesetzesentwurf enthält leider null Ausschreibungen. Damit würde der bisher einzig gesicherte Beitrag zur Minderung der Klimaschutz-Lücke entfallen. Das ist nicht akzeptabel“, kritisierte Schulze. Sie habe daher der Versendung des Gesetzesentwurfs an Länder und Verbände widersprochen. Sie bestehe darauf, dass der Koalitionsvertrag eins zu eins umgesetzt werde. „Die Menschen müssen sich auf diese Koalition verlassen können, und das geht nicht, wenn sich Teile der Union gleich beim ersten Projekt in die Büsche schlagen“, sagte Ministerin Schulze.

Das Haus Altmaier hatte Ende April den Entwurf für Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgelegt. Darin sind die Sonderausschreibungen nicht enthalten. Angeblich gab es Bedenken, ob die vorhandenen Stromnetze die Elektrizitätsmengen aufnehmen können, die durch die zusätzlichen Windparks eingespeist würden.

Die Bundesregierung will den Anteil des Öko-Stroms von derzeit rund einem Drittel bis 2030 auf „etwa 65 Prozent“ erhöhen. Mit den derzeit gültigen, noch von der letzten Groko festgelegten Ausbau-Deckeln ist das nicht zu schaffen. Als Sofortmaßnahme verabredeten die Koalitionäre daher die Extra-Ausschreibungen. Die Auktionen dafür sollten 2019 und 2020 stattfinden. 

Ursprünglich sollte Altmaiers Entwurf schon vorige Woche im Bundeskabinett beschlossen werden. Wegen des Streits mit Schulze kam es jedoch nicht dazu. Nun soll die Novelle noch einmal aufgeschnürt werden, um besonders eilbedürftige Teile vorzuziehen und mehr Zeit für den Rest zu haben. Der parlamentarische Staatssekretär beim Wirtschaftsministerium, Thomas Bareiß (CDU), teilte mit, man werde auch bei den Sonderausschreibungen den Koalitionsvertrag umsetzen. Man arbeite an einem Vorschlag, der alle Vorgaben berücksichtigt, „das heißt die Regelungen zu den Sonderausschreibung ebenso wie Regelungen, die die Aufnahmefähigkeit der Netze sicherstellen“. Um bei letzterem voranzukommen, soll eine Novelle des Netzausbau-Beschleunigungsgesetzes auf den Weg gebracht werden.

Umweltschützer halten den Streit, der den Zeitplan durcheinanderbringt, für fatal. Greenpeace meint, die durch den Ökostrom-Turbo bis 2020 anvisierten CO2- Einsparungen von acht bis zehn Millionen Jahrestonnen seien nur zu erreichen, wenn die Sonderausschreibungen vor der Sommerpause verabschiedet werden. 

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