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UBS rettet Credit Suisse

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Von: Nina Luttmer

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Kurze Wege: Niederlassungen der Credit Suisse und der UBS in Zürich.
Kurze Wege: Niederlassungen der Credit Suisse und der UBS in Zürich. © dpa

Die einstige Vorzeigebank Credit Suisse wird von dem größeren Konkurrenten übernommen. Die Schweizer Aufsicht und Regierung wollen damit eine Finanzkrise abwenden.

Die Gefahr einer Finanzkrise ist offenbar gebannt. Wie die Schweizer Regierung gemeinsam mit der Schweizer Notenbank, der Bankenaufsicht Finma und Bankenvertretern am Sonntagabend bekannt gab, übernimmt die Großbank UBS den angeschlagenen kleineren Konkurrenten Credit Suisse für drei Milliarden Schweizer Franken (drei Milliarden Euro) in eigenen Aktien. Die Aktionär:innen der Krisenbank sollen demnach eine UBS-Aktie für 22,48 Credit-Suisse-Aktien erhalten.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt zudem die Übernahme mit einer Liquiditätshilfe von 100 Milliarden Franken an beide Banken. Um Risiken für die UBS zu reduzieren, spricht der Schweizer Staat der UBS zusätzlich eine Garantie im Umfang von neun Milliarden Franken zur Übernahme von potenziellen Verlusten aus einem speziellen Risiko-Portfolio aus, hieß es. Die Schweizer „Sonntagszeitung“ beschrieb den Zusammenschluss als die „Fusion des Jahrhunderts“.

Vorangegangen waren Geschehnisse, die Erinnerungen an die Finanzkrise vor 15 Jahren wach riefen. Damals tagten an Wochenenden immer wieder Bankenaufseher:innen, Politiker:innen und Banker:innen, um mal das eine, mal das andere Kreditinstitut zu retten – oder aber zu überlegen, wie man es abwickeln kann, ohne ganz schlimmen Schaden anzurichten. Immer musste eine Lösung gefunden werden, bevor die Börsen in Asien am Montagmorgen eröffneten, um mögliche Verwerfungen an den Märkten zu vermeiden.

So war es nun auch im Fall der Credit Suisse. Am Samstag und Sonntag berieten in der Schweiz Banken, Aufsichtsbehörden und Regierungsmitglieder unter hohem Zeitdruck über eine Lösung für das angeschlagene Institut. Zum einen stand eine Notfusion mit der UBS im Raum. Zum anderen wurde aber auch eine Übernahme durch den Schweizer Staat durchgespielt, wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter am Sonntagabend vor der Presse sagte. Wobei das heikel ist, da nach der Finanzkrise das weltweite Bankensystem eigentlich darauf ausgerichtet werden sollte, dass nicht mehr die Steuerzahler:innen für marode Institute haften sollen.

Keller-Sutter betonte, es handele sich nun - trotz Garantien des Bundes - nicht um eine staatliche Rettung. „Es ist eine kommerzielle Lösung“, sagte sie. Ein Konkurs der Bank sei ein weitaus größeres Risiko für die Schweizer Steuerzahler:innen gewesen, da dies die Volkswirtschaft massiv geschädigt hätte.

Die Credit Suisse war vor allem wegen hausgemachter Probleme in die Bredouille geraten, die mittelfristig jedoch lösbar schienen. Die Bank hatte im vergangenen Jahr zwar einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Milliarden Euro) ausgewiesen. Die Chefin der Finma, Marlene Amstad, betonte am Sonntagabend aber, die Bank habe stets alle regulatorischen Anforderungen in Sachen Kapital und Liquidität erfüllt.

Als vergangene Woche die Aktien von Banken weltweit wegen der Schließung der spezialisierten US-Banken Silicon Valley Bank und Signature Bank unter Druck gerieten, fielen vor allem die Papiere der ohnehin schon kriselnden Credit Suisse in den Keller. Zumal ihr größter Anteilseigner aus Saudi-Arabien, die Saudi National Bank, dann auch noch bekannt gab, kein weiteres Kapital in das Institut geben zu wollen.

Obwohl die Schweizer Nationalbank massive Stützungsmaßnahmen für die Credit Suisse einleitete, verlor die Aktie der Bank alleine vergangene Woche fast 30 Prozent an Wert. Auf ein Jahr gesehen hat sie mehr als 73 Prozent eingebüßt. Die Bank steckte in einer Vertrauenskrise, die mehr und mehr irreparabel wurde. „Wir hatten die Verantwortung, eine große Finanzkrise zu vermeiden“, sagte der Bundespräsident der Schweiz, Alain Berset, am Sonntagabend.

Die Angst vor einer solchen Krise ging vergangene Woche um. Dabei standen zwei Sorgen im Vordergrund. Zum einen gehört die Credit Suisse zu den 30 Banken weltweit, die der Finanzstabilitätsrat – ein international tätiges Aufsichtsgremium – als „too big to fail“ einstuft, da ihre Insolvenz verheerende Auswirkungen auf die globale Gesamtwirtschaft haben würde. Das liegt daran, dass eine Pleite der Credit Suisse auch andere Banken in den Abgrund ziehen könnte, da die Vernetzung von Kreditinstituten – zumal eines so großen wie der Credit Suisse – mit anderen Finanzdienstleistern hoch ist. Bundespräsident Berset sagte daher auch vor der Presse, dass das Schicksal der Credit Suisse nicht nur entscheidend für die Schweiz sei, sondern für die Stabilität des weltweiten Finanzsystems.

Zum anderen aber geht es auch um die Vermeidung einer Vertrauenskrise. Banken leben vom Vertrauen ihrer Kund:innen und Aktionär:innen. Geht ein Institut von der Größenordnung einer Credit Suisse in die Knie, könnte das auch das Vertrauen in andere Institute gefährden. Kund:innen könnten mehr oder weniger panisch ihr Geld, Aktionär:innen ihr Kapital abziehen – was eine Abwärtsspirale in Gang setzen kann, die kaum mehr aufzufangen ist.

Wie schnell das gehen kann, zeigt sich derzeit in den USA. Nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank und der Signature Bank, rufen inzwischen Medienberichten zufolge andere mittelgroße Banken nach Garantien des Staates, da ihnen Kund:innen zuhauf weglaufen.

Diese Gefahr in Europa scheint nun eingedämmt. Durch die Notrettung durch die UBS entsteht eine Megabank in Europa. Die UBS hatte Ende 2022 eine Bilanzsumme von 1,0 Billion Euro, die Credit Suisse von umgerechnet 535,44 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Deutschen Bank lag zuletzt bei 1,3 Billionen Euro, die der Commerzbank bei 473 Milliarden Euro.

Die UBS, die im vergangenen Jahr einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar (7,1 Milliarden Euro) auswies, hat weltweit mehr als 72 000 Beschäftigten, die Credit Suisse gut 50 000 Mitarbeitende. Es ist zu erwarten, dass das fusionierte Institut massiv Arbeitsplätze abbauen wird.

Die fusionierte Bank werde ein Vermögen von mehr als 3,4 Billionen Dollar verwalten, sagte UBS-Verwaltungsratschef Colm Kelleher am Sonntag. „Diese Akquisition ist attraktiv für UBS-Aktionäre, aber klar ist – was die Credit Suisse betrifft, ist dies eine Notrettung“, die aber auch eine „Riesenchance“ für die UBS sei.

Mit der Übernahme durch die UBS endet die 167 Jahre lange Geschichte der eigenständigen Credit Suisse. Durch die Finanzkrise vor 15 Jahren war die Bank gut hindurchgekommen. Doch in den vergangenen Jahren häuften sich die Skandale. Es ging um Geldwäsche, Geschäfte mit Diktatoren, die Veruntreuung von Geldern, die Bespitzelung von Ex-Beschäftigten, den Vorwurf der Selbstbedienungsmentalität des Managements und zu riskante, am Ende verlustreiche Geschäfte.

Zu hoffen ist nun, dass die Börsen am Montag positiv auf die Nachrichten reagieren werden.

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