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Satte Erhöhung: Rentner müssen für Betriebsrenten-Zuschuss aber selbst aktiv werden

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Alle drei Jahre sollten sich Betriebsrenten an die Inflation anpassen. Doch das ist nicht immer der Fall, gegebenenfalls müssen Rentner ihr Recht einfordern.

Berlin - Nicht nur die gesetzlichen Renten steigen inflationsbedingt, auch Betriebsrenten werden angepasst. Mitte Februar wurde etwa bekannt: Die Betriebsrenten bei Deutschlands größtem Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel stiegen um 14,25 Prozent. Zum Vergleich: Die Teuerungsrate in Deutschland lag im Februar bei 8,7 Prozent. Im Turnus von drei Jahren müssen Arbeitgeber eigentlich eine Anpassung ihrer Leistungen überprüfen. Doch nicht alle Betriebsrenten steigen regelmäßig – der Fachverband der Betriebsrentner kritisiert zudem „Schlupflöcher“ im Gesetz.

Betriebsrente mit regelmäßiger Inflationserhöhung – doch keine Regel ohne Ausnahme

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Betriebsrentner können sich über mehr Geld freuen, denn bestimmte Betriebsrenten werden regelmäßig an die Inflation angepasst. (Symbolbild) © IMAGO/Michael Gstettenbauer

Einige größere Unternehmen bieten ihren Arbeitnehmern die betriebliche Altersvorsorge der Direktzusage an. Die Firma verpflichtet sich damit, dem Mitarbeiter im Ruhestand eine Rente auszuzahlen. Hierfür legt das Unternehmen Geld für den Arbeitnehmer an. Die Altersvorsorge ist demnach innerbetrieblich geregelt. Andere betriebliche Altersvorsorgesysteme, die über einen externen Weg laufen, sind etwa die Direktversicherung, Unterstützungskassen, Pensionsfonds oder die Pensionskasse.

Eigentlich sollten sich diese betrieblichen Altersvorsorgen regelmäßig an die Inflation anpassen. Denn das Betriebsrentengesetz sieht vor: Arbeitgeber müssen alle drei Jahre die Anpassung der Betriebsrente überprüfen und die laufenden Leistungen „nach billigem Ermessen“ entweder an die Nettolöhne oder an den Verbraucherpreisindex anpassen – sofern diese gestiegen sind. Alternativ können Firmen auch im Vorfeld festlegen, die Rente jährlich um ein Prozent zu erhöhen, unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Inflation.

Doch keine Regel ohne Ausnahme. Im Einzelfall sind diese für Arbeitgeber vorgesehen, wenn „der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde“, heißt es in §16 des Betriebsrentengesetzes.

Ausnahme der Inflationserhöhung im Betriebsrentengesetz eigentlich ein Schlupfloch?

An genau dieser Ausnahme im Betriebsrentengesetz gibt es Kritik. Der eingetragene Verein Fachverband der Betriebsrentner BRV etwa beklagt, dass das Gesetz statt einer Anpassungspflicht nur eine Prüfpflicht vorgibt. Außerdem biete es „viele Ausnahmen und Schlupflöcher [...], die es Arbeitgebern, Pensionskassen und Versicherungen sehr leicht macht, sich einer gegebenenfalls doch möglichen Anpassung und selbst der Anpassungsprüfpflicht ohne nennenswerte Konsequenzen zu entziehen“, so der BRV im November vergangenen Jahres in einem offenen Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Besonders betroffen seien demnach jene Betriebsrentner, deren Unternehmen insolvent gingen. Zwar erhielten sie weiterhin eine Betriebsrente, doch eine regelmäßige Anpassung der Leistung an die Inflation erfolge nicht.

Der BRV kritisiert zudem die Möglichkeit der Unternehmen, eine Nichtanpassung mit der wirtschaftlichen Lage der Firma zu begründen. „Die Möglichkeiten des Versorgungsempfängers, den Wahrheitsgehalt der Begründung einer Nichtanpassung zu prüfen, sind ohnehin mehr als begrenzt, wenn er weder Jurist noch bilanzfest ist und – wenn überhaupt – nur eingeschränkten Zugang zu den Geschäftsberichten hat“, so der Fachverband der Betriebsrentner weiter.

Der Anwalt Volkan Ulukaya wies gegenüber dem Spiegel daraufhin, dass es sich in der Begründung um firmenspezifische Probleme handeln müsse. Würden Unternehmen lediglich auf gesamtwirtschaftliche Probleme wie die Coronakrise oder die Gasknappheit hinweisen, reiche das nicht aus, um die Rentenerhöhung zu mindern oder ausfallen zu lassen, so Ulukaya weiter. Bleibt die automatische Erhöhung der Betriebsrente aus, rät Stiftung Warentest Rentnern dazu, schriftlich eine Anpassung beim ehemaligen Arbeitgeber anzufordern. Rentner müssen demnach ihre Betriebsrente und deren Erhöhung im Drei-Jahres-Takt selbst im Auge behalten und gegebenenfalls handeln (bme).

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